European Maccabi Games

Noch 389 Tage

Noch ist es ruhig an jenem Freitagnachmittag in der Sportschule Duisburg-Wedau, in der ein ganzes Wochenende lang rund 230 Makkabäer trainieren, ihre Teamkollegen wiedersehen und nicht zuletzt auch feiern werden.

Von Hektik keine Spur. Durch die Lobby der Unterkunft schlurfen zwei Bridge-Spieler, an der improvisierten Kaffeebar unterhalten sich ein paar Wasserballer, und an der Rezeption checken Hockeyspieler ein, die gerade aus Berlin angekommen sind. So weit, so ruhig.

Drei Stunden später, am frühen Abend, hat sich die etwas verschlafene Sportschule mit Leben gefüllt. Aus dem Veranstaltungssaal schallen die Gesänge des Schabbatgottesdienstes, während andere Sportler gerade mit Reisebussen aus allen Teilen Deutschlands ankommen und sich vor der Rezeption lange Schlangen bilden. Kurz darauf, der Kiddusch ist gerade beendet, und es ist schon 21 Uhr, strömen die Athleten aus dem Hotel: Die erste Trainingseinheit des verlängerten Wochenendes steht auf dem Programm.

Vorbereitung Der Startschuss für die European Maccabi Games 2019 in Budapest ist gefallen. Bis zum Beginn der jüdischen Europameisterschaften dauert es zwar noch etwas mehr als ein Jahr, doch bereits jetzt laufen die Vorbereitungen für die Wettkämpfe auf Hochtouren.

Um den Ablauf und die bevorstehenden Trainingslager der kommenden zwölf Monate zu besprechen, werden die Makkabi-Sportler von nun an in regelmäßigen Abständen zu Lehrgängen zusammenkommen.

Während des dreitägigen Treffens in Duisburg gibt es vor allem einen Programmpunkt: drei, manchmal auch vier Trainingseinheiten täglich. Mit dabei sind an diesem Wochenende auch viele junge Sportler zwischen zwölf und 18 Jahren, die bereits Anfang Juni in München an den ersten Makkabi Junior Games teilgenommen haben – und sich nun auf ihre ersten Europaspiele vorbereiten möchten.

Zum ersten Mal mit dabei, aber alles andere als ein Junior, ist der 61-jährige Radsportler Freddy Ries aus Baden-Baden. Für den früheren Berufspiloten wird es in einem Jahr die Premiere sein, und die Umstände, wie es dazu kam, erzählen viel über den Makkabi-Spirit, wie Ries sagt.

RAdsport Als der frühere Amateur-Radsportler im vergangenen Jahr erfuhr, dass es bei Makkabi keine Radsportabteilung gibt, war er zuerst enttäuscht. »Nach den ganzen schönen Berichten über die EMG in Berlin wollte ich in Budapest unbedingt mit dabei sein«, sagt Ries. Dann kam Makkabi auf ihn zu und fragte ihn, ob er nicht selbst eine Radsportabteilung gründen wolle. »Anpacken, mitmachen und etwas aufbauen – das ist für mich Teil von Makkabi«, so Ries.

Einige Monate später umfasst das neue Team bereits fünf Sportler. Die Mannschaft trifft sich regelmäßig zu Trainingslagern und nimmt gemeinsam an Wettkämpfen teil. Beim Berliner Straßenradrennen Velothon im Mai belegte das Team von Freddy Ries über 100 Kilometer einen der vorderen Plätze in der Mannschaftswertung. »Es war ein Riesenspaß – und mit einem 34er-Schnitt waren wir auch zügig unterwegs«, sagt Ries stolz. »Jedes Rennen ist etwas Außergewöhnliches, aber mit dem Magen David auf dem Trikot unterwegs zu sein, ist noch mal ganz besonders.«

Fußball, Tennis, Schwimmen, Schach, Halbmarathon und und und: Für Ariel Leibovici ist der Lehrgang in Duisburg deshalb Leistungssport pur – aber in anderer Hinsicht als für die Sportler. Seit Anfang des Jahres ist der Frankfurter Sportlicher Leiter bei Makkabi. Gemeinsam mit seinem Team um Präsident Alon Meyer, Vize-Präsident für Sport Alfi Goldenberg und vielen anderen stand Leibovici in Duisburg den Athleten, Trainern und Betreuern zur Seite.

Schweiss Der 34-Jährige fasst seine Aufgabe so zusammen: »Ich schwitze, damit andere schwitzen können.« Im Vergleich zu den EMG in Berlin 2015 werden für das deutsche Team in Budapest sechs weitere Sportarten vertreten sein, sagt Leibovici. »Bei Makkabi ist richtig was in Bewegung. Es ist allein schon ein starkes Zeichen, dass wir als Makkabäer die größte Sportschule Deutschlands buchen müssen, um alle Athleten unterzubringen.«

»The Road to Budapest« haben die Makkabi-Verantwortlichen den Fahrplan bis zum Start der EMG genannt. Und der ist eng gestaffelt: Neben regelmäßigen Lehrgängen umfasst er unter anderem auch die Teilnahme am diesjährigen Summer Camp des European Center for Jewish Students, eine Skiwoche Anfang Januar in Südtirol und die Möglichkeit für junge Sportler, mit Taglit nach Israel zu reisen.

Der Gedanke dieser Veranstaltungen ist, die Sportler auf die Großveranstaltung einzustimmen, erklärt Leibovici. »Es sind noch genau 389 Tage bis zum Start in Budapest. Bis dahin wollen wir allen ein Gefühl dafür geben, dass Budapest mit über 2000 jüdischen Teilnehmern eine große Sache wird«, so der Frankfurter, der als Fußballer bei der EMG 1999 in Schottland mit seinem Team die Bronzemedaille gewann.

basketball Bis zu einer Medaille ist es für Britta Fischer und ihr Mädchen-Basketballteam wohl noch ein langer Weg. Die Frankfurterin ist seit einem halben Jahr Trainerin der neu gegründeten Basketballmannschaft, momentan umfasst das Team fünf Spielerinnen. »Wir brauchen dringend weitere Spielerinnen, um sicher an den Start gehen zu können«, sagt Fischer, während sie am Spielfeldrand steht und ihre Mädchen Korbleger trainieren.

Um weitere Sportlerinnen für ihr Team zu gewinnen, geht die 48-Jährige auch ungewöhnliche Wege. Weil die Kontaktaufnahme mit den jeweiligen Basketballvereinen schwierig verlief, sichtet Fischer Spielberichte von regionalen Mädchenmannschaften und hält Ausschau nach jüdischen Namen. Als Nächstes wird sie Basketballmagazine kontaktieren, um auf ihr neu gegründetes Team aufmerksam zu machen. »Wenn wir dadurch nur eine neue Spielerin bekommen, hätte sich die Arbeit schon gelohnt«, sagt die Trainerin.

Fischers langfristiges Ziel aber ist: mindestens drei weitere Sportlerinnen bis Budapest. »Bei einem Turnier kann viel passieren. Ein paar Auswechselspielerinnen braucht man schon.«

kontakt Demnächst wird sie die lokalen Makkabi-Vereine besuchen und jüdische Gemeinden kontaktieren. Letzteres sei nicht immer ganz einfach. »Einige Gemeinden sind extrem schwer zu erreichen, andere wiederum wollen sich im Jugendzentrum für mich umhören, dann hört man aber wochenlang nichts mehr.«

Doch die Basketballtrainerin will dranbleiben. »Wir werden in Budapest zu 100 Prozent an den Start gehen«, verspricht Britta Fischer. Und ein bisschen Zeit zur Vorbereitung bleibt dem neu gegründeten Team und den anderen Makkabäern ja noch. Um genau zu sein: noch exakt 389 Tage.

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Touro University vergibt erstmals »Seid Menschen«-Stipendium

Die Touro University Berlin erinnert mit einem neu geschaffenen Stipendium an die Schoa-Überlebende Margot Friedländer

 12.11.2025

Jubiläum

»Eine Zierde der Stadt«: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in Berlin eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin eingeweiht. Am Dienstag würdigt dies ein Festakt

von Gregor Krumpholz, Nina Schmedding  11.11.2025