Stuttgart

Nachrichten aus Nahost

Experte: Dan Schueftan, Berater von Benjamin Netanjahu, bei der IRGW Foto: Edgar Layher

Das erste Licht am Chanukkaleuchter im Herzen der baden-württembergischen Landeshauptstadt war gerade im Beisein politischer Prominenz entzündet, da eilten mehr als 100 Mitglieder der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW), Freunde und Förderer von Keren Hayesod ins Gemeindehaus: Zur Magbit-Eröffnung mochte keiner zu spät kommen.

»Es gibt keine positiven Nachrichten«, sagte Gastredner Dan Schueftan, stellvertretender Direktor des Forschungszentrums für nationale Sicherheit an der Universität Haifa. Schueftan war auf Einladung des Vorsitzenden des Keren Hayesod Stuttgart, Martin Widerker, gekommen. Die Lage in Israel sei »schlimm und schwer« und würde in Zukunft noch komplizierter, so Schueftan.

analyse In einem kurzen Abriss analysierte der Berater des israelischen Premierministers und »Erfinder« des Sicherheitszaunes die vergangenen 200 Jahre im Nahen Osten. »Der Versuch der arabischen Staaten, eine Synthese zwischen Tradition und Moderne zu finden, ist gescheitert«, erklärte Schueftan. Der historische Misserfolg zeige sich vor allem auf gesellschaftlicher Ebene.

Nachdenklich wurde so mancher Zuhörer, als Schueftan den Iran als »gesunde, weil pluralistische Gesellschaft« bezeichnete. Nicht gesund, weil ohne jeglichen Pluralismus, seien arabische Staaten, wie aktuell auch in Ägypten erlebbar. »Daran hat auch die Bewegung des Arabischen Frühlings nichts geändert«, so Schueftan. Die Prognose des Sicherheitsexperten lautete: »Ägypten wird hungern«. Die Kluft zwischen der arabischen Welt und der Moderne werde immer größer, daran könnten auch die finanziellen Hilfen aus den USA und Europa nichts ändern.

Die »arabischen Brüder« in Syrien, Libanon, im Sudan und Libyen schlachteten sich gegenseitig ab; ein Bürgerkrieg folge dem nächsten, und »in der Mitte dieses Problems befindet sich der Staat Israel«, umreißt der Historiker die Situation. Wenn man sehe, wie Araber miteinander umgingen, dürfe man sich über ihre Absichten – Israel betreffend – keine Illusionen machen. »Als ich das alles schon vor 20 Jahren öffentlich gesagt habe, wurde ich beschimpft.«

Radikalität Inzwischen sähen selbst diejenigen, die »Märchen von Sonnenuntergang und Frieden« erzählten, dass die Führer in der arabischen Welt radikaler geworden seien. Doch auch die Bevölkerung, vor allem die Eliten in den arabischen Staaten, würden immer extremer. »Es liegt nicht am Islam«, betont Schueftan – 250 Millionen Muslime in Indonesien lebten durchaus friedlich. »Es ist der radikale Islam, der nach der Weltmacht greift und einen Kalifen fordert, der die Welt beherrscht«, so Schueftan.

Was also wird aus Israel? »Die Lage ist sehr, sehr ernst, aber hoffnungsvoll.« 33.000 Israelis seien kürzlich befragt worden, wie sie die Zukunft ihres Landes sehen, erzählt Schueftan. »Schrecklich«, habe die übereinstimmende Antwort gelautet. »Und wie geht’s Ihnen?«, lautete die zweite Frage. »Wunderbar«, hätte die Mehrheit geantwortet.

»Die israelische Gesellschaft funktioniert anders als andere Gesellschaften.« Amerika habe Erdbeben und Orkane, »wir haben die Araber«, so der Referent ironisch. Aber Israel sei stark. Es sei modern, habe eine innovative Wirtschaft, eine funktionierende Demokratie und ein effektives Militär. Amerika sei ein positives Element für Israel.

Europa Als »paradox« bezeichnete er das Verhältnis der Europäer zu Israel. »Die meisten Regierungen sind sehr freundlich und anständig, das Problem sind die akademischen und liberalen Eliten.« Klar erkennbar sei ein »Antisemitismus gegen das Judentum, repräsentiert durch den Staat Israel«, so der Universitätsprofessor.

»Die Rüstungskosten Israels gehen zulasten der sozial Benachteiligten«, gab Martin Widerker nach Schueftans Vortrag zu bedenken. Für den Keren Haysod zu spenden, sei eine Form der Identifikation. Die Antwort des Keren Hayesod auf alle Angriffe gegen Israel sei aktuell die Solidarität mit dem Süden. 55.000 Euro sind das Ergebnis der diesjährigen Stuttgarter Sammelaktion.

Thüringen

Jüdisches Kulturfest will Haifa stärker einbeziehen

Beide Städte pflegen seit dem Jahr 2005 eine offizielle Städtepartnerschaft

 17.07.2025

75 Jahre Zentralrat

Zentralratspräsident: Zusammenlegung von jüdischen Gemeinden »schmerzlich«, aber denkbar

Zu wenig engagierter Nachwuchs und mögliche Zusammenschlüsse von jüdischen Gemeinden - so sieht die Lage laut Zentralrat der Juden derzeit aus. Präsident Schuster äußert sich auch zur Rabbinerausbildung in Potsdam

von Leticia Witte  17.07.2025

Stuttgart

Geige, Cello, Kickboxen

Die Musikerinnen Taisia und Elina über den Karl-Adler-Wettbewerb, Spaß und eigene Stücke

von Christine Schmitt  16.07.2025

Jiddisch

Der unerfüllte Traum

Im Rahmen der Scholem-Alejchem-Vortragsreihe sprach der Judaist Gennady Estraikh über die Geschichte von Birobidschan

von Nora Niemann  16.07.2025

München

»Unsere jüdische Bavaria«

80 Jahre Israelitische Kultusgemeinde München und 40 Jahre Präsidentschaft von Charlotte Knobloch: Am Dienstagabend wurde das Doppeljubiläum mit einem Festakt gefeiert. Für einen scharfzüngigen Höhepunkt sorgte der Publizist Michel Friedman

von Christiane Ried  16.07.2025

München

»Ich habe größten Respekt vor dieser Leistung«

Zum 40-jährigen Dienstjubiläum von Charlotte Knobloch wird sie von Zentralratspräsident Josef Schuster geehrt

 16.07.2025

Porträt der Woche

»Musik war meine Therapie«

Hagar Sharvit konnte durch Singen ihre Schüchternheit überwinden

von Alicia Rust  15.07.2025

Berlin

Gericht vertagt Verhandlung über Lahav Shapiras Klage gegen Freie Universität

Warum die Anwältin des jüdischen Studenten die Entscheidung der Richter trotzdem als großen Erfolg wertet. Die Hintergründe

 15.07.2025 Aktualisiert

Andenken

Berliner SPD: Straße oder Platz nach Margot Friedländer benennen

Margot Friedländer gehörte zu den bekanntesten Zeitzeugen der Verbrechen der Nationalsozialisten. Für ihr unermüdliches Wirken will die Berliner SPD die im Mai gestorbene Holocaust-Überlebende nun sichtbar ehren

 15.07.2025