Gemeinden

Musik, Theater, Lesungen

Es ist ein ganz besonderes Jubiläum: Zum 20. Mal präsentiert der Zentralrat der Juden in diesem Jahr sein Kulturprogramm. Er vermittelt Musiker, Autoren oder Schauspieler für Auftritte an jüdische Gemeinden in ganz Deutschland. Das Interesse ist groß, auf beiden Seiten: Immer mehr Künstler bewerben sich, und die Nachfrage in den Gemeinden bleibt ungebrochen.

Die Anmeldung ist ganz einfach. Gemeinden können bis zu drei Veranstaltungen pro Jahr auswählen. Das Online-Reservierungsformular muss bis spätestens 31. Dezember für das Folgejahr ausgefüllt werden. Der Zentralrat schließt laut Programmbroschüre mit den Künstlern dann einen Vertrag für die gesamte Gastspielreihe ab. Im Honorar sind bereits die Kosten für die An- und Abreise enthalten. Dann kann es losgehen.

Mehr als 100 Künstler, Ensembles und Events

In den vergangenen Jahren reichten viermal so viele Künstler ihre Unterlagen ein, wie es Plätze gibt. Und mehr als 100 Gemeinden fragten beim Zentralrat an. Mittlerweile sind jedes Jahr mehr als 100 Künstler, Ensembles und Events wie Filmvorführungen oder Ausstellungen im Programm gelistet. Es war ursprünglich als Integrationsprojekt gestartet und wollte die ganze Bandbreite jüdischen Lebens zeigen.

Gleichzeitig sollte jüdischen Künstlern – viele kamen aus der ehemaligen Sowjetunion – unter die Arme gegriffen werden. Später kamen auch Israelis hinzu. Zur Auswahl stehen Chasanut, Klassik, Unterhaltung, darstellende Kunst sowie Ausstellungen. Das Programm wurde im Laufe der Zeit immer größer und vielfältiger. Inzwischen können auch Theateraufführungen und Lesungen angefragt werden. Wir stellen einige Autoren, Musiker und Künstler vor.

Ursprünglich ging es darum, die jüdischen Künstler zu unterstützen.

Das Klezmer-Ensemble Dobranotch aus St. Petersburg wurde 1998 gegründet und ist seit zwei Jahren in Deutschland zu Hause. Das Repertoire der Gruppe umfasst jüdische Lieder auf Russisch, Jiddisch und Hebräisch, aschkenasische Freylakhs und chassidische Nigunim.

Musik ganz anderer Art präsentiert das synagogale Ensemble mit dem Solisten und Kantor André Sitnow. Im Mittelpunkt seines Programms »Eine Reise durch die jüdischen Feste« stehen Lieder und Instrumentalmusik, die zu den jüdischen Feiertagen Rosch Haschana, Jom Kippur, Sukkot, Chanukka, Purim und am Schabbat erklingen. Begleitet wird das musikalische Programm von Kommentaren zu den jeweiligen Festen.

Zum Kulturprogramm 2025 gehört auch die Autobiografie des ehemaligen Deutsch- und Geschichtslehrers Itai Böing: Dazugehören. Ein deutsch-jüdisches Leben, so der Titel. Der in Berlin lebende Autor erzählt von seinem ersten Aufenthalt in Israel 1966/67 sowie langfristigen Tätigkeiten in den Gedenkstätten Theresienstadt und Auschwitz und beschreibt, wie er zum Judentum übertrat.

Zum ersten Mal dabei

Wie Itai Böing ist auch Yury Kharchenko zum ersten Mal beim Kulturprogramm dabei. Der in Berlin lebende junge Künstler stellte jüngst in namhaften Museen aus, darunter im Kunstpalast Düsseldorf, im Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück und in der Hamburger Kunsthalle. In den Veranstaltungen, die der Zentralrat vermittelt, präsentiert er sein neues Buch und spricht über die Inhalte seiner aktuellen Bilder, die nach dem 7. Oktober 2023 entstanden sind.

Von Bildern zum Puppentheater: In Erinnerung an Maria Luiko und das Münchner Marionettentheater Jüdischer Kunst wurde das Buch Esther für die Puppenbühne konzipiert. Schauspiel, Tanz, Musik und Puppenspiel: Mit Repliken originaler Puppen, die in einem Koffer verborgen waren, erzählt der Verein Münchner Dio­nysien mit dem Kasperl Larifari die Geschichte eines märchenhaften jüdischen Traums.

Das Kulturprogramm des Zentralrats bietet auch äußerst seltenere Klangerlebnisse. So tritt der New Yorker Künstler Alex Jacobowitz mit seiner drei Meter langen und 120 Kilogramm schweren Marimba auf. Mit seinem Instrument hat Jacobowitz schon viele Konzerte in der ganzen Welt gegeben. Er überträgt authentische Klezmer-Klanglandschaften aus den tiefen Tönen seiner Marimba.

Die Nachfrage in den Gemeinden bleibt ungebrochen.

Teil des Kulturprogramms ist auch das Chanson-Ensemble »Die Daffkes«. Das Wort »Daffke« stammt aus dem Jiddischen und bedeutet, etwas aus Trotz, nur zum Spaß oder aus Eigensinn zu tun. Das gefiel den Berlinern: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand das Wort Eingang in die Berliner Mundart. Im Sommer 2014 dachten sich fünf Freunde: Lasst uns eine Chanson-Band gründen. Gesagt, getan, und so wurden die Damen und Herren Daffke geboren. Vier Stimmen und ein Klavier, das sind die Daffkes. Sie erzählen Geschichten vom Leben. »Mal laut, mal leise. Immer ehrlich, immer mit Herzblut und manchmal mit einem Tröpfchen Rum«, verraten sie auf ihrer Homepage.

Mit scharfer Feder und komplexen Klängen übte Friedrich Hollaender (1896–1976) feinsinnig Gesellschaftskritik und fing meisterhaft die Licht- und Schattenseiten des Menschseins ein. Die Daffkes erzählen mit Hollaenders Liedern Geschichten von großen und kleinen Schicksalen, den Wünschen und Träumen der Menschen im Berlin der 1920er-Jahre.

Im Rahmen des Kulturprogramms konzertierte bereits vor 20 Jahren das »Quartett der Jüdischen Kammerphilharmonie« in den jüdischen Gemeinden. Kurz zuvor hatte der aus Russland stammende Musiker Evgeni Vilkinski die Jüdische Kammerphilharmonie gegründet, zu der auch das Quartett gehört. Nach einer längeren Pause ist es nun wieder Teil des Zentralrats-Kulturprogramms.

Repertoire der Musiker

Das vielseitige Repertoire der Musiker reicht von klassischer Quartettliteratur bis hin zu unterhaltsamer Musik dieses Jahrhunderts. »In unseren Konzerten verbinden wir die schönsten Werke der klassischen Musik vergangener Jahrhunderte mit herausragenden Kompositionen der Gegenwart«, sagt der Geiger Evgeni Vilkinski. Neben zeitlosen Klassikern erklingen beliebte jüdische Melodien, und die Musik israelischer Komponisten verschmilzt mit Jazz-Improvisationen. Für jeden sei etwas dabei, so Vilkinski.

Ein wesentlicher Grund für den Erfolg des Ensembles war die Unterstützung durch den Zentralrat der Juden in Deutschland. Das Projekt konnte dadurch sowohl innerhalb der jüdischen Gemeinschaft als auch in der breiten Öffentlichkeit bekannter werden.

Schon jetzt können sich Künstler darum bewerben, ins Kulturprogramm für das Jahr 2026 aufgenommen zu werden. Die Frist endet am 31. Mai. Man freue sich »besonders auf innovative Angebote für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene«, heißt es beim Zentralrat.

Geburtstag

»Der Tod war etwas Gegebenes«

Der Holocaust-Überlebende Leon Weintraub wird am 1. Januar 100 Jahre alt

von Gabriele Ingenthron  28.12.2025

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  26.12.2025

Dating

Auf Partnersuche

Matchmaking mit Olami Germany – ein Ortsbesuch

von Jan Feldmann  23.12.2025

München

Ein kraftvolles Statement

Beim Gemeindewochenende nahmen zahlreiche Mitglieder an Diskussionen, Workshops und Chanukka-Feierlichkeiten teil

von Esther Martel  23.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

WerteInitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 24.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025