Berlin

Musik statt Politik

Wer kommt aus Jerusalem – wer aus Weimar?», fragte Moderator Ulrich Deppendorf zu Beginn des Konzerts des «Young Philharmonic Orchestra Jerusalem Weimar» am Donnerstagabend im ausverkauften Großen Saal des Berliner Konzerthauses. Auf der Bühne erheben sich jeweils hintereinander die unter den knapp 70 Musikern zerstreuten Gruppen.

Es waren nur diese wenigen Augenblicke, die die nationale Zugehörigkeit der Musiker deutlich machten. Im weiteren Verlauf des Eröffnungsabends von «Young Euro Classic», dem Festival der besten Jugendorchester der Welt, spielte dies keine Rolle mehr. Nur das gemeinsame, leidenschaftliche Musizieren unter der Leitung des Dirigenten Michael Sanderling zählte. Die Hälfte der Musiker studiert in der Jerusalem Academy of Music and Dance, die andere Hälfte in der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar. Seit 2011 treffen sie sich alle zwei Jahre für eine intensive Probenphase, die in zwei Konzerttourneen in Deutschland und Israel mündet.

schirmherr In einer kurzen Ansprache freute sich Michael Müller, der Regierende Bürgermeister und Schirmherr des Festivals, «wieder selbstverständlich sagen zu können: Das jüdische Leben gehört zu unserer Stadt». In diesem Zusammenhang erwähnte er auch die vor Kurzem abgeschlossenen Makkabi-Spiele. Im 50. Jahr der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland sei die Eröffnung des Abends mit dem entsprechenden Ensemble auch ein «politisches Statement», betonte Willi Steul, Vorsitzender des Deutschen Freundeskreises europäischer Jugendorchester.

Das rund zehnminütige Werk des jungen, israelischen Komponisten Ziv Cojocaru mit dem Titel Links. Metamorphosis gab die musikalische Richtung des Abends vor. Seine sphärische Mischung verschiedener musikalischer Genres wirkte als Allegorie für neue, zukunftsorientierte Verbindungen zwischen Deutschland und Israel – so wie das Jugendorchester sie anstrebt.

Den zeitgenössischen, anspruchsvollen Klängen folgten warme, melodische und majestätische Töne aus der Sinfonie Nr. 2 von Kurt Weill. Die Auswahl dieses Werkes entspricht in zweifacher Hinsicht den Zielen des Young Philharmonic Orchestra Jerusalem Weimar. Zum einen, weil es die gemeinsame Geschichte beider Länder spiegelt, zum anderen, weil es bisher zu Unrecht wenig beachtet wurde. Der eher für seine Dreigroschenoper oder Filmmusik bekannte Kurt Weill komponierte diese Sinfonie auf dem Weg in die Emigration ab 1933. Es war sein Abschied von Europa – als Sohn eines jüdischen Kantors.

interpretation Nach der Pause hielt der russische, in Weimar studierende Cello-Solist Alexey Stadler das Publikum durch die melancholischen und wütenden Töne aus dem Cellokonzert Nr. 1 von Dmitri Schostakowitsch in Atem – auch ein Komponist mit jüdischen Wurzeln. Mit der körperbetonten Art seiner Interpretation schien der schon weltweit auftretende Student alle denkbar möglichen Emotionen aus seinem Instrument auszuschöpfen. Zum Schluss begeisterte das Jugendorchester sein Berliner Publikum mit dem Thema der Liebe aus der Fantasie-Ouvertüre zu Romeo und Julia von Pjotr Tschaikowski. Mit einer Zugabe von Tschaikowsky – der Polonaise aus der Oper Eugen Onegin – endete der Abend.

Das deutsch-israelische Ensemble spielt noch einmal am Samstag um 15 Uhr in Chorin. Im Oktober folgt eine Tournee in Israel, mit Stationen in Jerusalem, Haifa und in einem Kibbuz. Bei «Young Euro Classic» treten bis zum 23. August insgesamt 18 Ensembles mit 1500 Künstlern aus über 40 Nationen auf.

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025