Heidelberger Hochschulrede

»Modern, frisch und positiv«

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, hat am Donnerstagabend in der Heidelberger Hochschulrede die »Pläne, Positionen, Perspektiven« der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland skizziert. Dabei sagte er: »Wir wollen ein Judentum in Deutschland aufbauen, das seine Schätze frei lebt und begeistert auslebt. Wir wollen eine ganz neue jüdische Gemeinschaft aufbauen mit einem Perspektivwechsel und Optimismus und dem Anspruch, das Judentum modern, frisch und positiv zu positionieren.«

Debatten Auch wenn, wie Graumann betonte, das jüdische Leben in Deutschland noch nie so sicher war wie heute, würden doch zum Beispiel die Beschneidungsdebatte oder antisemitische Übergriffe zeigen, dass die jüdische Gemeinschaft ständigen Herausforderungen ausgesetzt sei. Doch diese würde sie mit Bravour meistern: »Ein eingeschüchtertes Judentum in Hinterzimmern wird es nicht geben. Wir werden jetzt sogar noch entschlossener, mit Leidenschaft und Herzblut unsere frische, positive, jüdische Zukunft hier aufbauen: aktiv, innovativ, offensiv und kreativ.«

Den Beschluss des Bundestages, im NPD-Verbotsverfahren keinen eigenen Antrag zu stellen, bezeichnete Graumann als sehr enttäuschend: »Auch wenn wir bis zum Schluss die Hoffnung hatten, man würde hier ein gemeinsames, entschlossenes Zeichen setzen können. Doch enttäuschte Hoffnungen und überraschende Herausforderungen sind uns Juden nicht fremd. Denken Sie nur an die Beschneidungsdebatte im letzten Jahr, die tiefe Wunden geschlagen hat. Meine Lehre aus all dem aber ist: Wir lassen uns nicht einschüchtern und nicht entmutigen. Im Gegenteil: Jetzt erst recht.«

Der Zentralratspräsident thematisierte zudem die erfolgreiche Integration der jüdischen Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion sowie die Bedeutung des Erinnerns an die Schoa trotz gleichzeitiger Gestaltung einer »neuen, blühenden jüdischen Zukunft«. Auch die Erläuterung der Abgrenzung zwischen sachlicher und antisemitischer Israel-Kritik war Graumann angesichts der immer wiederkehrenden Brisanz dieser Frage wichtig – ein Thema, das auch in der anschließenden Fragerunde angesprochen wurde.

Jüdische Studien Graumann würdigte in seiner Rede die Bedeutung der Hochschule für Jüdische Studien als einen entscheidenden »Hort und Ort des jüdischen Wissens« in Deutschland. Bei der Vortragsreihe der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg kommen seit 2005 nationale und internationale Persönlichkeiten – unter ihnen waren bereits Marcel Reich-Ranicki, Angela Merkel und Joachim Gauck – zu Belangen von öffentlichem Interesse zu Wort. Die Hochschule möchte mit dieser Reihe wissenschaftlich und kulturell Zeichen setzen, für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland und darüber hinaus. ja

Mehr zur Hochschulrede in der kommenden Ausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Berlin

Zentralrat der Juden begeht sein 75. Jubiläum

Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden lud zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft nach Berlin. Der Bundeskanzler hielt die Festrede

von Imanuel Marcus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  17.09.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Erstes Konzert in Magdeburger Synagoge

Die Synagoge war im Dezember 2023 eröffnet worden

 15.09.2025

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025