Stuttgart

Miteinander lernen

Zum friedlichen Umgang aller Religionen gibt es keine Alternative: Dieses Anliegen vertreten Juden, Christen und Muslime, die sich zum Jahresfest Ende September im Stuttgarter Lehrhaus trafen.

Als Stiftung für interreligiösen Dialog 2010 vom Ehepaar Lisbeth und Karl-Hermann Blickle und Meinhard Mordechai Tenné sel. A. gegründet, finden seitdem im Paul-Gerhardt-Zentrum in Stuttgart-West regelmäßig Veranstaltungen statt, die von Christen, Muslimen und Juden besucht werden.
Nesrine A. (Name geändert) ist zum ersten Mal bei einem Jahresfest des Stuttgarter Lehrhauses.

Flüchtlinge Derzeit betreut die junge Frau ehrenamtlich muslimische Flüchtlinge in Württemberg. Mit der Stiftungsgründerin Lisbeth Blickle befreundet, nimmt sie die Gelegenheit beim Lehrhausfest wahr, sich intensiver über jüdisches Leben in Württemberg zu informieren. »Ich fühle mich hier wohl«, sagt Nesrine A.

»Was koscher ist, ist auch halal«, meint sie lachend und probiert, was die Gebrüder Jäger, Köche in der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW), für das koschere Büfett zusammengestellt haben. Als sie nach Hause geht, weiß sie viel mehr über das Judentum als bisher.

Zum Beispiel auch, dass die Stuttgarter Stadtgesellschaft gemeinsam Geld für eine neue Torarolle gespendet und vor Kurzem in einer feierlichen Zeremonie in die Synagoge eingebracht hat. Schirmherr war Bürgermeister Martin Schairer. Die Vorstandssprecherin der IRGW, Barbara Traub, sprach in ihrer Rede beim Lehrhausfest von »einem Akt des interreligiösen Zusammenwirkens«. Denn gespendet hatten Christen, Juden und Muslime.

Kindergarten Traub berichtete auch von der Vielfalt jüdischen Lebens in Württemberg, angefangen von den Jüngsten in der Kita. »Begonnen haben wir mit neun Kindern, heute haben wir 70 und eine lange Warteliste«, sagt sie. Das Judentum sei eine Religion der Tat und Gerechtigkeit, eine Religion, die sich zum abrahamitischen Bund zugehörig fühle. »Sich der Gerechtigkeit verpflichtet zu wissen, dient dem Frieden«, betonte Traub.

Unter dem Dach der Einheitsgemeinde der IRGW beten Juden im orthodoxen wie auch im liberalen Ritus. »Von 116 jüdischen Gemeinden in Deutschland sind 80 Prozent Einheitsgemeinden«, erklärte sie weiter. Aktuell gebe es etwa 3000 Mitglieder in der IRGW, davon 1900, die in Stuttgart leben.

Michael Volkmann, seit Gründung der Stiftung im Jüdischen Lehrhaus engagiert, berichtete über das Torastudium für Christen. Die Lehrgänge, so der »Pfarrer für das Gespräch zwischen Christen und Juden« im Auftrag der evangelischen Landeskirche Württemberg, gebe es seit 1978. Teilnehmer lernten unter Leitung jüdischer Lehrer entweder in Deutschland oder in Israel. Die Lehrer gehörten der modernen Orthodoxie an, so Volkmann.

trialog Dass aus dem religiösen Dialog seit Jahren ein Trialog geworden ist, soll eine Studientagung zum Thema »Fromme Glaubens- und Lebenswelten bei Juden, Christen und Muslimen« am 28. Oktober im Lehrhaus Stuttgart zeigen.

Karl-Hermann Blickle, Vorsitzender der Stiftung Stuttgarter Lehrhaus und seit vielen Jahren im religiösen Trialog bei Veranstaltungen unterwegs, freute sich bei der Jahrestagung, junge Künstler mit einem hochkarätigen Musikprogramm vorstellen zu können, die vom Lehrhaus gefördert werden.

www.stuttgarter-lehrhaus.de

Berlin

Israel-Flagge vor Rotem Rathaus eingeholt

Nach mehr als zwei Jahren wurde die Fahne am Dienstag vom Mast geholt. Die Hintergründe

 02.12.2025

Berlin-Charlottenburg

Verborgene Schätze im Innenhof

Gemeindemitglied Joachim Jacobs führt durch den wohl jüdischsten Bezirk der Hauptstadt

von Sören Kittel  01.12.2025

Haifa

Nach abgesagter Auktion: Holocaust-Zeugnisse jetzt in Israel

Die geplante Versteigerung von Holocaust-Zeugnissen in Deutschland hatte für große Empörung gesorgt. Nun wurden viele der Objekte nach Israel gebracht und sollen dort in einem Museum gezeigt werden

von Sara Lemel  01.12.2025

Dokumentation

»Sie sind nicht alleine!«

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hielt bei der Ratsversammlung des Zentralrats der Juden die traditionelle Gastrede

von Wolfram Weimer  30.11.2025

Meinung

Wir Jungen müssen die Gemeinden stärker mitgestalten

Jüdische Studierende sind vom wachsenden Antisemitismus besonders betroffen. Gleichzeitig sind junge Juden kaum in den Gemeindevertretungen repräsentiert. Das muss sich ändern

von Ron Dekel  30.11.2025

Gemeinden

Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagt in Frankfurt

Das oberste Entscheidungsgremium des jüdischen Dachverbands kommt einmal im Jahr zusammen

 01.12.2025 Aktualisiert

Porträt der Woche

Familie, Glaube, Neubeginn

Edouard Joukov stammt aus Russland und fand seinen Platz in der Ulmer Gemeinde

von Brigitte Jähnigen  28.11.2025

Doppel-Interview

»Wir teilen einen gemeinsamen Wertekanon«

Vor 60 Jahren brachte das Konzilsdokument »Nostra aetate« eine positive Wende im christlich-jüdischen Dialog. Bischof Neymeyr und Rabbiner Soussan blicken auf erreichte Meilensteine, Symbolpolitik und Unüberwindbares

von Karin Wollschläger  28.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025