Berlin

Mit Regenbogen und Magen David

Schabbatfeier im Innenhof Foto: Pascal Beck

Berlin

Mit Regenbogen und Magen David

Der queer-jüdische Verein Keshet Deutschland lud zum »Pride Shabbat« in die Synagoge in der Oranienburger Straße

von Pascal Beck  30.07.2025 12:56 Uhr

Es war ein Gottesdienst der besonderen Art: Viele Leute trugen regenbogenfarbene Kippot, es gab queere Varianten der Brachot, und der Schabbat wurde mit der Melodie der queeren Hymne »I will survive« empfangen. Der queer-jüdische Verein »Keshet Deutschland« hat zum Pride Schabbat eingeladen. 200 Menschen folgten der Einladung in die Synagoge in der Oranienburger Straße. Dort fand der Pride Schabbat vor sieben Jahren zum ersten Mal statt. »Wir versuchen, queeres jüdisches Leben als einen ganz selbstverständlichen Teil in den Gemeinden zu etablieren«, erklärte David Studniberg, einer der Veranstalter. »Die orthodoxen Gemeinden sind die große Hürde, die wir noch schaffen müssen, aber da hoffe ich auch, dass das irgendwann klappt.«

Beim Pride Schabbat sind queere Jüdinnen und Juden ausnahmsweise nicht in der Minderheit. Das war auch für Liora und Joshua der Grund für ihr Kommen. Die beiden sind gebürtig aus Mexiko, haben in Israel gelebt, wohnen mittlerweile in Dresden und sind orthodox aufgewachsen. »Wir waren immer in einer Gemeinschaft«, berichtete Liora. Die fehle in Dresden. Dort gebe es nur wenige jüdische Queers. Vom Pride Schabbat erhofften die beiden sich deshalb Anschluss.

Im gesamten Bundesgebiet mobilisieren Rechtsextreme gegen Pride-Veranstaltungen. Jüdische Queers sehen sich zusätzlich mit einem erstarkten Antisemitismus in der queeren Szene konfrontiert. »In vielen queeren Räumen sind wir mittlerweile nicht mehr willkommen«, sagt Dima Bilyarchyk von Keshet bei der Begrüßung. Nur einige Tage vor dem Pride Schabbat äußerten die Organisatorinnen des »Community Dyke March« ihr Unbehagen über Regenbogenflaggen mit Davidstern. Solche Vorfälle zeigen: Die Anzahl an Räumen, in denen sich jüdische Queers sicher fühlen können, nimmt stetig ab.

Auch Berlins Queerbeauftragter war zu Gast

Umso wichtiger war für die meisten das Zusammenkommen in der Berliner Synagoge Oranienburger Straße. »Schaut euch um, ihr seid nicht alleine«, ermutigte Dima die Anwesenden. »Wir werden unseren Space nehmen, denn wir lieben das Leben und leben unsere Liebe.« Auch Berlins Queerbeauftragter war zu Gast. »Die Angriffe, die Jüdinnen und Juden gerade auch in unserer Community erleben, besorgen mich sehr«, so Alfonso Pantisano. Er betonte seine Verbundenheit mit der jüdischen Gemeinde und mit Israel. Seine Teilnahme am Pride Schabbat verstand er als Zeichen der Solidarität. »Wir merken, wie sich die Weltlage gerade verändert.« Darauf angesprochen, was er dagegen zu unternehmen gedenke, nannte er eine Landesstrategie, an der er gerade arbeite. Queere Menschen im Allgemeinen und Jüdinnen und Juden im Besonderen sollen demnach mehr Schutz erfahren. Zudem wolle er für mehr Sensibilisierung beim Thema Antisemitismus sorgen.

Resilienz war das Stichwort des Abends. »Manchmal hat man den Eindruck, es ist einfacher, ein queeres Coming-out zu machen als ein jüdisches«, stellte Hannah nach einem Gebet fest. Sie engagiert sich ebenfalls bei Keshet und betonte, dass es gerade jetzt wichtig sei, selbstbewusst aufzutreten und an seiner Jüdischkeit festzuhalten. »Obwohl oder gerade weil wir als Jüdinnen und Juden ausgegrenzt werden, zeigen wir uns ohne Scham.« Zum Ende des Gottesdienstes betonte Rabbinerin Gesa Ederberg, wie wichtig ihr die Zusammenarbeit mit Keshet sei. Ginge es nach ihr, bliebe es nicht bei der einen gemeinsamen Veranstaltung im Jahr.

Es folgte der gesellige Teil des Abends: die Schabbes-Mahlzeit, zubereitet vom israelisch-palästinensischen Restaurant Kanaan. Die Tische füllten sich, die Teller und die Gläser ebenso. Einige kannten einander bereits, andere noch nicht. Dabei blieb es nicht lange. Offensichtlich war das Interesse aneinander. Am nächsten Tag gab es schließlich die Möglichkeit, mit den neuen Bekanntschaften am großen Berliner CSD teilzunehmen, wo Keshet mit einer eigenen Laufgruppe vertreten war.

Berlin

Zentralrat der Juden begeht sein 75. Jubiläum

Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden lud zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft nach Berlin. Der Bundeskanzler hielt die Festrede

von Imanuel Marcus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  17.09.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Erstes Konzert in Magdeburger Synagoge

Die Synagoge war im Dezember 2023 eröffnet worden

 15.09.2025

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025