Berlin

Margot-Friedländer-Preis verliehen

Bei der Verleihung des Margot-Friedländer-Preises in Berlin Foto: screenshot kat

Drei Geschichtsprojekte von Schülern und Auszubildenden aus Leipzig, Halle und Warburg (Nordrhein-Westfalen) sind am Montag mit dem Margot-Friedländer-Preis der Schwarzkopf Stiftung Junges Europa ausgezeichnet worden. Überreicht wurden die Preise in Berlin bei einer Online-Festveranstaltung von der 99-jährigen Namensgeberin, Zeitzeugin und Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer. Die Laudatio hielt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Ausgezeichnet wurden das Projekt »Spuren im Stadtbild« über Verfolgung und Enteignung Leipziger Juden der Humboldt Schule Leipzig, das »Tagebuch der Gefühle« der Stiftung Bildung und Handwerk (SBH-Südost GmbH) in Halle/Saale und der »Unvergessen-Podcast« des Johann-Conrad-Schlaun Berufskolleg Warburg. Zudem bekamen die Deutsche Schule Medellín in Kolumbien und die Freie Schule Kassel Anerkennungspreise für ihre Projekte »Erinnern für die Gegenwart« und »In meiner Tasche – In My Pocket«.

engagement Margot Friedländer dankte den Preisträgern für ihr »menschliches Engagement«. Sie sollten weiterhin Zeugnis geben, wenn es keine Zeitzeugen mehr gebe. »Es darf nie wieder geschehen«, sagte Friedländer mit Blick auf die Verbrechen der Nationalsozialisten. Nie wieder solle auch nur einem einzigen Menschen das zugefügt werden, was damals Menschen getan hätten, weil sie Menschen nicht als Menschen anerkannten. »Wir sind alle gleich«, betonte Friedländer.

»Ihr macht das, was auch ich seit Jahren mache. Ihr sprecht für die, die nicht mehr sprechen können.«

Margot Friedländer

Bundeskanzlerin Angela Merkel rief angesichts einer Zunahme rechtsextremistischer Straftaten zum entschlossenen Vorgehen gegen Antisemitismus auf. »Mit Sorge sehen wir, wie der Antisemitismus zunehmend enthemmter und offener zutage tritt«, sagte die CDU-Politikerin. So seien etwa bei Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen Vergleiche der Corona-Regeln mit der Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus gezogen worden, indem gelbe Sterne mit der Aufschrift »Ungeimpft« getragen worden seien. »Das ist eine unerträgliche Verhöhnung des Leids der Opfer im Holocaust.«

»Wir dulden keinen Rassismus, wir dulden keinen Antisemitismus«, man dulde weder Hass noch Gewalt in der Gesellschaft, sagte Merkel. Nicht dulden bedeute, dass man sich notfalls mit der ganzen Konsequenz des Rechtsstaats entschlossen für die Würde des einzelnen Menschen und für ein friedliches Miteinander einsetze. »Es ist beschämend, das überhaupt betonten zu müssen«, sagte die Kanzlerin. Sie verwies darauf, dass im Jahr 2020 fast 18 Prozent mehr rechtsextremistische Straftaten mit antisemitischem Hintergrund verübt worden seien als im Jahr zuvor – insgesamt seien 2173 solche Taten registriert worden.

Überlebende wie Margot Friedländer hätten so viel verloren, dass auch das Weiterleben schwer wurde, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Merkel betonte: »Jüdisches Leben muss sich in unserem Lande frei und sicher entfalten können.« Dieser Aufgabe seien Staat und Gesellschaft verpflichtet. »Es ist von entscheidender Bedeutung für den Zusammenhalt und damit die Zukunft unserer Gesellschaft, die Erinnerung an den von Deutschland im Nationalsozialismus begangenen Zivilisationsbruch der Schoa wachzuhalten und diese Erinnerung weiterzutragen«, ergänzte die Kanzlerin. »Denn nur mit dem Verständnis der immer währenden Verantwortung Deutschlands für dieses Verbrechen kann eine gute Zukunft gestaltet werden.« 

Dankbarkeit Überlebende wie Margot Friedländer hätten so viel verloren, dass auch das Weiterleben schwer wurde, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel: »Umso dankbarer müssen wir sein, wenn Menschen wie sie bereit sind, von ihrem Leben zu erzählen.«

Die 1921 in Berlin geborene Margot Friedländer lebte während der Nazizeit im Untergrund in Berlin und überlebte das Konzentrationslager Theresienstadt. 1946 emigrierte sie nach New York und zog 2010 wieder nach Berlin zurück. Seitdem tritt sie als Zeitzeugin in Schulen auf. epd/dpa/kna

Digitales Gedenken

App soll alle Stolpersteine Deutschlands erfassen

Nach dem Start in Schleswig-Holstein soll eine App in Zukunft alle Stolpersteine in Deutschland erfassen. In der App können Biografien der Opfer abgerufen werden

 24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

München

Nicht zu überhören

Klare Botschaften und eindrucksvolle Musik: Die 39. Jüdischen Kulturtage sind eröffnet

von Esther Martel  23.11.2025

Berlin

Gegen den Strom

Wie der Ruderklub »Welle-Poseidon« in der NS-Zeit Widerstand leistete und bis heute Verbindung zu Nachfahren seiner jüdischen Mitglieder pflegt

von Alicia Rust  23.11.2025

Porträt

Glücklich über die Befreiung

Yael Front ist Dirigentin, Sängerin, Komponistin und engagierte sich für die Geiseln

von Alicia Rust  22.11.2025

Berufung

Schau mal, wer da hämmert

Sie reparieren, organisieren, helfen – und hören zu: Hausmeister von Gemeinden erzählen, warum ihre Arbeit als »gute Seelen« weit mehr ist als ein Job

von Christine Schmitt  21.11.2025

Spremberg

Gegen rechtsextreme Gesinnung - Bürgermeisterin bekommt Preis

Rechtsextreme sprechen im ostdeutschen Spremberg vor Schulen Jugendliche an. Die Schüler schütten ihrer Bürgermeisterin ihr Herz aus - und diese macht das Problem öffentlich. Für ihren Mut bekommt sie jetzt einen Preis

von Nina Schmedding  21.11.2025

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Interview

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Was beschäftigt Misrachim in Deutschland? Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025