Meinung

Luther kritisch betrachtet

Ein neues Denkmal für Martin Luther in Nordhausen? Die Jüdische Landesgemeinde Thüringen in Erfurt war etwas erstaunt, als sie zwei Monate vor der Einweihung am Reformationstag von den Initiatoren und Sponsoren der Rotary-Hilfe und des Rotary Club Nordhausen über das Denkmal informiert wurde.

Die Nationalsozialisten nutzten Luthers Antisemitismus umfassend. Beim Pogrom im November 1938 berief man sich auf Luthers Ausführungen gegen die Juden. Martin Sasse, der Thüringer Landesbischof, begrüßte anlässlich Luthers Geburtstag am 10. November 1938 die Pogrome in ganz Deutschland.

Dem Nazi-Terror war nicht nur das Luther-Denkmal zum Opfer gefallen, sondern auch die Synagoge. Das Denkmal erneuert man jetzt, an einen Wiederaufbau der Synagoge denkt man jedoch nicht. Jüdische Bedenken zum Neubau eines Luther-Denkmals sollten nach dieser Erfahrung verständlich sein.

Widerstand Den evangelischen Christen, die sich dem Zeitgeist der Nazis und dem Antisemitismus Luthers oftmals unter Einsatz ihres Lebens widersetzten, widmet man kein Denkmal. Bonhoeffer, Schneider oder Sylten könnten Vorbilder der Jugend sein.

Wie die Jüdische Landesgemeinde zeigte sich auch die Arbeitsgemeinschaft Kirche irritiert und verwies ihrerseits darauf, dass sich der nationalsozialistische Antisemitismus auf Luthers judenfeindliche Schriften und Aussagen berufen hatte.

Den Neubau des Luther-Denkmals verhinderte die Kritik nicht. Doch im Gespräch mit den Initiatoren konnte man sich mit der Unterstützung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland auf folgenden kritischen Begleittext einigen: »2017 – Ein Jahr, in dem Martin Luther vom Sockel steigt. Wir erkennen: Luther ist ein Mensch gleich allen Menschen. Stark und schwach. Froh und traurig. Lachend und weinend. Liebevoll und hassend. Aufmerksam und gehässig. Sympathisch und böse. Wie jeder Mensch lebt auch Martin Luther von der Gnade und Vergebung Gottes. Auch dafür steht dieses Denkmal im Schatten der Blasiikirche und unweit der Nordhäuser Synagoge. Die Synagoge wurde in der Nacht des 9. November 1938 niedergebrannt, Kirchen durch Luftangriffe zerstört. Dafür, dass das Volk Gottes, die Juden, fast völlig vernichtet wurde, tragen Martin Luther und seine Kirche Schuld und Verantwortung. Auch darum steigt Martin Luther vom Sockel.«

Die Stahltafel ist Teil des Denkmals. Die Debatte darum erweiterte die kritische Sicht auf Luther. Das ist ein gemeinsamer Erfolg. Er ermöglicht es, der Einweihung des Denkmals beizuwohnen.

Der Autor ist Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen in Erfurt.

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025

Meinung

Jewrovision: einfach jung und jüdisch sein

Junge Jüdinnen und Juden sind alltäglich Anfeindungen ausgesetzt. Für sie ist die Jewrovision ein Safe Space

von Katrin Richter  11.06.2025

Jewrovision

Party der Herzen

1300 Jugendliche kamen in Dortmund zum größten Gesangs- und Tanzwettbewerb für jüdische Kinder und Teenager zusammen. In angespannten Zeiten lebten sie das Motto »United in Hearts«

von Katrin Richter  11.06.2025