Düsseldorf

Lob der Meinungsfreude

Erhält die Josef-Neuberger-Medaille: Frank Schirrmacher Foto: dpa

Düsseldorf

Lob der Meinungsfreude

Gemeinde ehrt Frank Schirrmacher mit der Josef-Neuberger-Medaille

von Heide Sobotka  20.09.2012 08:50 Uhr

Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf hat am Donnerstag den Publizisten und Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), Frank Schirrmacher, mit der Josef-Neuberger-Medaille ausgezeichnet. Die Laudatio im Leo-Baeck-Saal des Düsseldorfer Gemeindezentrums hielt der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn. Er sagte, Schirrmacher habe mehrfach unter Beweis gestellt, »dass das mediale Frühwarnsystem im Hinblick auf antisemitische Untertöne und Stereotype funktioniert«. So habe er etwa die »mit antijüdischer Israelkritik« gespickten Verse des Schriftstellers Günter Grass als »lyrischen Etikettenschwindel enttarnt«.

In seiner Dankesrede warnte Schirrmacher davor, im Zusammenhang mit der Kritik an der Beschneidung von Jungen Judentum und Körperverletzung in einem Atemzug zu nennen. Eine solche Debatte dürfe in Deutschland angesichts der Gräuel des Nationalsozialismus mit millionenfachem Mord an Juden nicht geführt werden. Antisemitismus beginne nicht erst bei körperlicher Gewalt oder Pamphleten, sondern schon durch einzelne Worte, sagte der Publizist.

Kritiker Schirrmacher sei für seine Meinungsfreude bekannt und habe sich in besonderer Weise um die jüdische Gemeinschaft verdient gemacht, heißt es zur Preisverleihung. So habe sich der 53-Jährige mit Antisemitismus in der Kulturszene auseinandergesetzt und den Roman von Martin Walser Tod eines Kritikers, der deutliche Anspielungen auf den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki erkennen ließ, heftig kritisiert.

Biografie Frank Schirrmacher wurde am 5. September 1959 in Wiesbaden geboren. Nach dem Abitur 1979 studierte er Germanistik, Anglistik, Literatur und Philosophie in Heidelberg und Cambridge. Bereits 1985 nahm ihn die Feuilletonredaktion der FAZ auf. 1987 promovierte er und leitete ab 1989 die Redaktion »Literatur und literarisches Leben« der FAZ. (mit epd)

In seinem Buch Der Methusalem-Komplott warnte er vor der Vergreisung der Gesellschaft aufgrund niedriger Geburtenraten. Das kontrovers diskutierte Buch wurde mittlerweile in 14 Sprachen übersetzt. Das Medium-Magazin ernannte Schirrmacher 2004 zum »Journalisten des Jahres« und 2010 zum »Kulturjournalisten des Jahres«. Schirrmacher ist Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse und erhielt 2007 den Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache sowie 2009 den Ludwig-Börne-Preis.

Namensgeber Die Josef-Neuberger-Medaille ist nach dem ehemaligen nordrhein-westfälischen Justizminister Josef Neuberger (1902 – 1977) benannt. Der Jurist war nach der Emigration 1952 nach Deutschland zurückgekehrt und setzte sich während seiner Amtszeit für einen humanen Strafvollzug und die Resozialisierung von Straftätern ein. Neuberger war Mitglied und Vorsitzender des Gemeinderates sowie Vorstandsvorsitzender der Düsseldorfer Gemeinde.

Die nach ihm benannte Medaille wird von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf seit 1991 an nichtjüdische Menschen verliehen, die sich um das jüdische Leben verdient gemacht haben. Unter ihnen waren Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Johannes Rau, Krupp-Manager Berthold Beitz und seine Frau Else, Regisseur Michael Verhoeven sowie das Ursula-Gymnasium Düsseldorf.

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  25.12.2025

Dating

Auf Partnersuche

Matchmaking mit Olami Germany – ein Ortsbesuch

von Jan Feldmann  23.12.2025

München

Ein kraftvolles Statement

Beim Gemeindewochenende nahmen zahlreiche Mitglieder an Diskussionen, Workshops und Chanukka-Feierlichkeiten teil

von Esther Martel  23.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebender Leon Weintraub wird 100 Jahre alt

Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor Rechtsextremismus. Am 1. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag

von Norbert Demuth  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

WerteInitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 24.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025