Festakt

»Laboratorium für neues Denken«

Christian Stückl, der Spielleiter der Passionsspiele Foto: picture alliance/dpa

Festakt

»Laboratorium für neues Denken«

Zum Auftakt der Woche der Brüderlichkeit erhielt Theaterregisseur Christian Stückl die Buber-Rosenzweig-Medaille

 11.03.2021 11:48 Uhr

Mit einem Festakt in Stuttgart wurde am vergangenen Sonntag die »Woche der Brüderlichkeit« eröffnet. Aufgrund der Corona-Pandemie fand die Veranstaltung ohne Publikum statt; sie wurde jedoch live in der ARD übertragen.

Hinter der Veranstaltung steht der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, der sich für eine Verständigung zwischen den beiden Religionen einsetzt. Das diesjährige Leitthema der Woche der Brüderlichkeit lautet: »…zu Eurem Gedächtnis: Visual History«. So soll die Bedeutung visueller Medien für die Erinnerungs- und Gedenkkultur reflektiert werden.

auftakt Auftakt war die Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille an den Theaterregisseur Christian Stückl als Auszeichnung für seinen Einsatz gegen Antisemitismus und Rassismus. Der Koordinierungsrat wolle damit ein deutliches und öffentliches Zeichen gegen Antisemitismus und für ein demokratisches Miteinander setzen, hieß es.

Als Leiter der Oberammergauer Passionsspiele habe sich Stückl »von Anfang an dem Vorwurf des christlichen Antijudaismus gestellt«.

Als Leiter der Oberammergauer Passionsspiele habe sich Stückl »von Anfang an dem Vorwurf des christlichen Antijudaismus gestellt« und »Zug um Zug die Aufführung entsprechend überarbeitet«, so der Koordinierungsrat.

LAUDATIO In seiner Laudatio würdigte der Münchner Kardinal Reinhard Marx die Bedeutung der von Stückl inszenierten Oberammergauer Passionsspiele für den Zusammenhalt von Juden und Christen. Es habe lange gedauert bis zum Paradigmenwechsel im Verhältnis der Kirche und der Christen insgesamt zum Judentum und anderen Religionen.

Für ihn sei Oberammergau »ein Testfall und ein Laboratorium für diese Rezeption des neuen Denkens, der neuen Geschwisterlichkeit«, sagte Marx. Der Kardinal erinnerte an die lange Geschichte antijüdischer Erzählungen und Bilder in Passionsspielen, aber auch an Kathedralen. Daran hätten auch die Nationalsozialisten mit ihrer Ideologie angeknüpft.

Symbolisch überreichte der jüdische Präsident des Deutschen Koordinierungsrates, Rabbiner Andreas Nachama, die Medaille.

Stückl habe die Passionsspiele nicht nur von allen Antijudaismen befreit, sondern auch die Figur Jesu als gläubigen Juden dargestellt. »Schaut auf den Juden Jesu aus Galiläa aus Nazareth, das ist unser Heiland, das ist unser Erlöser: der Jude Jesus. Und wenn ihr ihn verstehen wollt, dann müsst ihr ihn als Juden sehen.« Stückl habe immer wieder mit Besuchen des Ensembles in Israel und Gesprächen mit Rabbinern versucht, den Dialog in Gang zu bringen.

MAHNUNG Symbolisch überreichte der jüdische Präsident des Deutschen Koordinierungsrates, Rabbiner Andreas Nachama, die Medaille. Stückl bezeichnete die Auszeichnuung als »Mahnung«, sich weiter gegen Judenfeindlichkeit einzusetzen. Antisemitismus komme ebenso wieder hoch wie eine Feindlichkeit gegen Muslime. Es gelte, jeder Art von Rassismus entgegenzutreten.

Stückl inszeniert 2022 die alle zehn Jahre stattfindenden Passionsspiele in seinem Geburts- und Wohnort zum vierten Mal. Im Jahr 2000 reformierte er das Stück grundlegend, auch im Austausch mit jüdischen Organisationen. Mit allen Hauptdarstellern reist er vor Beginn der Proben nach Israel. Auch bei anderen Inszenierungen greift der Theaterintendant biblische Stoffe auf, die Juden und Christen verbinden.

Die seit 1968 vergebene Buber-Rosenzweig-Medaille ist nach den jüdischen Philosophen Martin Buber (1878–1965) und Franz Rosenzweig (1886–1929) benannt. Mit ihr werden Personen, Institutionen oder Initiativen für Verdienste um die Verständigung zwischen Christen und Juden ausgezeichnet.

Zu den Trägern der Medaille gehören der Geigenvirtuose Yehudi Menuhin, der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker, der frühere deutsche Außenminister Joschka Fischer und der Künstler Peter Maffay. Zuletzt ging die Auszeichnung an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Aufgrund der Pandemie konnte ihr die Medaille bisher jedoch nicht überreicht werden. kna/ja

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025

Hanau

Rabbiner antisemitisch beleidigt

Für die Gemeinde ist die Pöbel-Attacke kein Einzelfall

 25.11.2025

Jüdische Kulturtage

Musikfestival folgt Spuren jüdischen Lebens

Nach dem Festival-Eröffnungskonzert »Stimmen aus Theresienstadt« am 14. Dezember im Seebad Heringsdorf folgen weitere Konzerte in Berlin, Essen und Chemnitz

 25.11.2025

Digitales Gedenken

App soll alle Stolpersteine Deutschlands erfassen

Nach dem Start in Schleswig-Holstein soll eine App in Zukunft alle Stolpersteine in Deutschland erfassen. In der App können Biografien der Opfer abgerufen werden

 24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

München

Nicht zu überhören

Klare Botschaften und eindrucksvolle Musik: Die 39. Jüdischen Kulturtage sind eröffnet

von Esther Martel  23.11.2025

Berlin

Gegen den Strom

Wie der Ruderklub »Welle-Poseidon« in der NS-Zeit Widerstand leistete und bis heute Verbindung zu Nachfahren seiner jüdischen Mitglieder pflegt

von Alicia Rust  23.11.2025

Porträt

Glücklich über die Befreiung

Yael Front ist Dirigentin, Sängerin, Komponistin und engagierte sich für die Geiseln

von Alicia Rust  22.11.2025

Berufung

Schau mal, wer da hämmert

Sie reparieren, organisieren, helfen – und hören zu: Hausmeister von Gemeinden erzählen, warum ihre Arbeit als »gute Seelen« weit mehr ist als ein Job

von Christine Schmitt  21.11.2025