Interview

»Kreative Orte schaffen«

Alon Meyer Foto: picture alliance/dpa

Interview

»Kreative Orte schaffen«

Alon Meyer über Public Viewings bei Makkabi und notwendige Vorkehrungen zur EM

von Helmut Kuhn  14.06.2024 09:49 Uhr

Herr Meyer, in wenigen Tagen beginnt die Fußball-Europameisterschaft. Bekommen wir ein neues Sommermärchen?
Das kann ich nur hoffen und für uns alle wünschen. Die Vorzeichen sind heute natürlich ganz andere, vor allem, wenn man die Ergebnisse der letzten Wahlen betrachtet – mit einem deutlichen Rechtsruck und einer starken AfD mit erschreckenden 42 Prozent in Sachsen – und sieht, wie die Gesellschaft gerade auseinanderdriftet. Man macht sich Sorgen, doch der Wunsch nach einem Sommermärchen bleibt.

Werden Sie bei Makkabi Public Viewings anbieten?
Aber natürlich, wir nutzen den Sport, um Brücken zu bauen, wir sind schließlich ein Teil der Gesellschaft. Auch wir müssen unseren Teil dazu beitragen und solche Public Viewings nutzen, wo Menschen jedweden Hintergrunds zusammenkommen, die Makkabäer und auch die, die in Zukunft zur Makkabi-Familie gehören wollen. Wir möchten dieses Sommermärchen gemeinsam genießen und dabei auch über die aktuelle Situation ins Gespräch kommen, wir wollen es nicht bei Sonntagsreden belassen und neue Ideen entwickeln, um für eine bessere Gesellschaft zu sorgen. Eine kreative Werkstatt während des Spiels wäre unsere leise Hoffnung.

Empfangen Sie zum Turnier auch ausländische Gäste?
Sehr viele Gäste werden zu den fünf Spielen am Austragungsort Frankfurt kommen, und die werden wir ganz herzlich willkommen heißen. In der Hoffnung, dass es sich nicht nur auf die Spiele begrenzt, sondern auch langfristige Freundschaften entstehen. Vielleicht können wir im Sinne der genannten Werkstatt aus diesem multikulturellen Aufeinandertreffen voneinander lernen, anderen Städten Ideen abgucken, sie kopieren. Gerade die große Fanmeile in Berlin, aber auch kleinere in anderen Städten werden Orte des gemeinsamen Feierns werden.

Befürchten Sie rechtsradikale oder islamistische Anschläge?
Man hat natürlich als jüdischer Sportverein, als Jude oder jüdische Organisation vor allem seit dem 7. Oktober 2023 Bedenken. Das ist per se eine ganz, ganz traurige Realität. Denken wir doch an die tragische, islamistisch motivierte tödliche Messerattacke auf den Mannheimer Polizisten. Insofern, ja. Wir treffen gewisse Vorkehrungen, um der Bedrohung von rechten, islamistischen und linksradikalen Menschen, die immer lauter und aggressiver werden, zumindest ein Stück weit gerecht zu werden. Natürlich sind wir da begrenzt und können und wollen auch nicht die Hürden so groß aufbauen, wie sie vielleicht vor jüdischen Einrichtungen, Synagogen, Kindergärten sein müssen. Wir wollen kreative Orte schaffen, mit niedrigen oder gar keinen Barrieren. Nur dann sind wir auch ein Teil der Gesellschaft. Etwas Optimismus muss man auch mitbringen.

Mit dem Präsidenten von Makkabi Deutschland sprach Helmut Kuhn.

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025

Meinung

Jewrovision: einfach jung und jüdisch sein

Junge Jüdinnen und Juden sind alltäglich Anfeindungen ausgesetzt. Für sie ist die Jewrovision ein Safe Space

von Katrin Richter  11.06.2025