Baden

Kleiner Grenzverkehr ist wieder möglich

Rabbiner Moshe Flomenmann Foto: Peter Bollag

Baden

Kleiner Grenzverkehr ist wieder möglich

Verschiedene Schließungen werden aufgehoben – die Jüdischen Gemeinden im Dreiländereck atmen auf

von Peter Bollag  25.06.2020 11:16 Uhr

Solch dramatische Szenen wie bei der Öffnung der Grenzen in Berlin 1989 spielten sich in der vergangenen Woche an der deutsch-schweizerisch-französischen Grenze rund um Basel zwar nicht ab – trotzdem fieberten viele Menschen diesem Tag entgegen. Denn die komplette Abriegelung für mehr als 100 Tage wegen der Corona-Pandemie bedeutete einen tiefen Einschnitt im Leben der Menschen.

Lörrach Auch die Jüdische Gemeinde in Lörrach, die nur einige Minuten von der Schweizer Grenze entfernt liegt, atmete am 15. Juni auf. Rabbiner Moshe Flomenmann, zugleich Landesrabbiner von Baden, betraf die Grenzschließung auch persönlich, denn er konnte seine Tochter nicht in die jüdische Schule nach Basel bringen.

Die Schulen in beiden Staaten waren geschlossen und wurden dann durch Homeschooling ersetzt. Jetzt freut sich der Rabbiner umso mehr darüber, dass er seine Tochter – wie vor der Corona-Krise – wieder zum Lernen über die Grenze bringen kann.

Sonst habe sich für die Jüdische Gemeinde durch die offenen Grenzen eher wenig verändert, sagt Rabbiner Flomenmann und findet, die Situation sei in etwa die gleiche wie vor Corona: »Wir sind hier gut organisiert und eigentlich nicht auf die Gemeinden etwa in Basel angewiesen.«

So habe man beispielsweise das Pessach-Catering wie schon in früheren Jahren völlig selbstständig gestaltet und den Leuten, die das wünschten, die Seder-Mahlzeit jeweils auch ins Haus geliefert – unter Einhaltung aller Corona-Vorschriften.

Gottesdienste Bei der Wiederaufnahme der Gottesdienste habe man sich darauf eingestellt, dass es unter den Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde sehr viel ältere Menschen gibt, die der Risikogruppe angehören. So wurde nur eine bestimmte Anzahl von Menschen in die Synagoge gelassen, in der Maskenpflicht besteht und die Abstände so bemessen sind, dass jeweils nur eine Person in einer Reihe betet.

So wie in Lörrach ist das jüdische Leben in fast allen der zehn Mitgliedsgemeinden in Baden mit rund 5500 Mitgliedern nun wieder erwacht, die Gemeinden haben inzwischen ihre Gottesdienste wiederaufgenommen. Was die koschere Verpflegung betrifft, könnte die Jüdische Gemeinde in Basel von der Grenzöffnung profitieren: Denn das kleine koscher-vegane Gemeinderestaurant »DeliKaktus« in Lörrach, das seit zwei Jahren gemeinsam von Natalie Blanc und Amit Baum betrieben wird, ist im Moment im Dreiländereck das einzige koschere Lokal. Die beiden koscheren Basler Restaurants sind momentan geschlossen.

Take-away Zuerst gab es wegen der Pandemie nur ein Take-away-Angebot, seit einigen Wochen ist das Essen vor dem Lokal wieder möglich – ein Angebot, das vor allem auch von vielen Nichtjuden, die rund um das Restaurant arbeiten, genutzt wird. »Natürlich hoffen wir auch wieder auf Schweizer oder sogar französische Gäste«, sagt Natalie Blanc.

»Die Corona-Zeit war und ist eine Prüfung für uns alle«, meint Rabbiner Mosche Flomenmann. Doch hätten alle Gemeindemitglieder eingesehen, dass die Schließung der Synagoge lebenswichtig gewesen sei. Denn der Schutz des Lebens hat im Judentum absolute Priorität.

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025