München

Trauer um Nikola David

Nikola David absolvierte seine Ausbildung Abraham Geiger Kolleg (Archivfoto) Foto: Tobias Barniske

München

Trauer um Nikola David

Kantor der Gemeinde Beth Shalom wurde allem Anschein nach Opfer einer Gewalttat

von Christine Schmitt  05.08.2024 13:26 Uhr Aktualisiert

Große Trauer herrscht um Kantor Nikola David, der am Freitag, 2. August, gestorben ist. »Er war ein Ausnahmemensch und ein Ausnahmemusiker. Seine Tenorstimme wird uns fehlen.« Das sagt Eric Smutny, Vorstandsmitglied der Münchner Gemeinde Beth Shalom über den Kantor, der am Freitag in Augsburg offenbar Opfer einer Gewalttat wurde. Es gebe dem Gemeindevorstand zufolge keinen antisemitischen Hintergrund. Nach Informationen der Jüdischen Allgemeinen stammt der Täter mutmaßlich aus dem Familienkreis. Die Polizei ermittelt derzeit wegen des Verdachts auf Totschlag. Der Tatverdächtige wurde am Wochenende dem Ermittlungsrichter vorgeführt.

Neben dem Rabbiner sei der 55-jährige Nikola David einer der wichtigsten Säulen in der Gemeinde gewesen, sagt Smutny: »Er war immer freundlich, zugewandt, fröhlich.« Neben seiner Tätigkeit in den Gottesdiensten hat er ebenfalls den Bar- und Batmizwa-Unterricht gestaltet. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, schrieb bei X, dass sie bestürzt sei über die Nachricht vom plötzlichen Tod von Nikola David, sel. A.: »Meine Gedanken inmitten dieser Tragödie sind bei seiner Familie. Sein Tod markiert einen schmerzhaften Verlust für die jüdische Gemeinschaft in München.«

Am Mittwoch wurde Nikola David in München beerdigt. Rabbiner Tom Kučera und die Kantoren Amnon Seelig, Assaf Levitin und Isidoro Abramowicz amtierten. Etwa 300 Trauernde kamen.

Kantor Nikola David wurde in Bela Crkva im heutigen Serbien geboren. Er studierte Musikpädagogik und Gesang in Novi Sad und wirkte als Opernsänger unter anderem am Landestheater Thüringen in Eisenach, am Theater Augsburg und am Anhaltischen Theater in Dessau. Dann entschloss er sich, einen neuen Weg einzuschlagen und absolvierte am Abraham Geiger Kolleg in Potsdam eine Kantorenausbildung. Seine Investitur als Kantor erfolgte im April 2013. Seit 2014 war Nikola David Kantor der Liberalen jüdischen Gemeinde München Beth Shalom.

Auch die Mitglieder des Verbandes Jüdischer Kantoren sind geschockt und zutiefst bestürzt über den Tod »unseres guten Freundes und Kollegen«. Weiter heißt es in einer Pressemitteilung: »Nikola war nicht nur ein herzensguter und treuer Mensch, er war auch eine wichtige Stimme in der Welt der europäischen Synagogalmusik.« David habe in den vergangenen Jahren Werke aufgenommen, die vor dem Krieg in der Münchner Synagoge gespielt wurden, und wollte so zur Erhaltung dieser wichtigen Literatur beigetragen.

»Ich kann mich noch sehr gut an die erste Aufnahmeprüfung der Kantorenausbildung 2008 erinnern, schon damals fiel Nikola durch seine wunderschöne Tenorstimme, seine spontane Musikalität und seine warmherzige Ausstrahlung auf«, sagt Jascha Nemtsov vom Abraham Geiger Kolleg. »Es war eine Freude, mit ihm zu musizieren – er war ein geborener Musiker, der jede Art von Musik tief empfand. Als meine Mutter starb, sang er bei ihrer Beerdigung, ich werde seinen ergreifenden, bewegenden Gesang nie vergessen.« Sie blieben Freunde auch nach seinem Abschluss. »Ich freute mich, dass Nikola David als Kantor an der Gemeinde Beth Shalom so erfolgreich und beliebt war. Im März dieses Jahres war Nemtsov bei einer Veranstaltung in München und nach langer Zeit hatte er wieder die «Freude, ihn am Klavier zu begleiten. Wir unterhielten uns lange und es ist mir jetzt unbegreiflich, dass dieses Gespräch unser letztes wurde».

Isidoro Abramowicz, Leiter der Kantorenausbildung am Geiger Kolleg und Kantor der Berliner Synagoge Pestalozzistraße, erinnert sich ebenfalls noch an die Aufnahmeprüfung. Sie wurden sofort Freunde. «Wir haben viel Zeit miteinander verbracht, gemeinsam konzertiert und zusammen die Investitur erhalten.» David hätte über eine schöne Stimme verfügt, war wegen seiner Freundlichkeit sehr beliebt. Ferner sei er wissbegierig und ehrgeizig gewesen. «Er wird mir fehlen», sagt Isidoro Abramowicz.

«Mit unfassbarer Trauer erfüllt uns die Nachricht vom Tod unseres ehemaligen Chorleiters Nikola David», so auch der Berliner Shalom-Chor. Vor wenigen Wochen erst war David Ehrengast bei der Feier anlässlich des 30-jährigen Bestehens, wo «sein liebevolles Lächeln uns während des ganzen Konzertes aus dem Publikum heraus begleitet hat». Seine Herzlichkeit und sein mitreißendes Wesen würden für immer unvergessen bleiben. «Er bleibt in unserer Mitte, und seine Stimme klingt in unseren Herzen, wo immer wir singen», schreibt der Shalom-Chor. «Wir umarmen seine trauernde Familie und stehen ihr bei», so der Verband Jüdischer Kantoren. 

Dating

Auf Partnersuche

Matchmaking mit Olami Germany – ein Ortsbesuch

von Jan Feldmann  23.12.2025

München

Ein kraftvolles Statement

Beim Gemeindewochenende nahmen zahlreiche Mitglieder an Diskussionen, Workshops und Chanukka-Feierlichkeiten teil

von Esther Martel  23.12.2025

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  22.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebender Leon Weintraub wird 100 Jahre alt

Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor Rechtsextremismus. Am 1. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag

von Norbert Demuth  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025