Sachsen

Jüdische Heimat

Neue Synagoge der Jüdischen Gemeinde Dresden Foto: imago images/Olaf Döring

Der gedrehte Kubus fügt sich mühelos in die Stadtsilhouette ein. Die Neue Synagoge Dresden hat sowohl Bezug zur barocken Altstadt als auch zur Elbe. Errichtet wurde der Riesenwürfel aus mehr als 3000 sandfarbenen Betonsteinen – 24 Meter hoch. Die massive Hülle symbolisiert einen Tempel. Vor 20 Jahren, am 9. November 2001, wurde die Dresdner Synagoge nach dreijähriger Bauzeit geweiht.

Entworfen hat das Würfel-Gebäude mit räumlich getrenntem Gemeindehaus das Saarbrücker Architektenbüro Wandel, Hoefer und Lorch. Die Kosten beliefen sich auf elf Millionen Euro. Es war der erste Neubau einer Synagoge im vereinten Deutschland. Die Gemeinde in Dresden erinnert am Dienstag mit einem Festakt daran.

neubau Nora Goldenbogen, Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden, denkt gern an den Tag der Weihe zurück: »Das war ein wirkliches Hochgefühl«, sagt sie. Mit dem Neubau sei nicht nur ein architektonisch herausragendes Gebäude entstanden. Die Dresdner Jüdinnen und Juden haben erstmals auch ein großzügiges Gemeindezentrum erhalten. Vorher standen ihnen lediglich Interimsgebäude zur Verfügung.

Nora Goldenbogen, Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden, denkt gern an den Tag der Weihe zurück.

Besonders eingeprägt hat sich bei Goldenbogen der erste offizielle Gottesdienst in der modernen Synagoge. »Wir hatten das Gefühl: Jetzt beginnt eine neue Phase für die Dresdner Gemeinde«, sagt sie, »im Grunde war das auch so.« Fast 6000 Menschen kamen zu einem ersten Tag der offenen Tür. Die Weihe sei nicht nur ein Ereignis für die jüdische Gemeinde mit damals fast 400 Mitgliedern gewesen, sondern auch für die Stadt.

In ganz Sachsen leben derzeit rund 2500 Menschen jüdischen Glaubens. Zur liberalen Dresdner Synagogen-Gemeinde gehören heute mehr als 700 Menschen. Viele kommen aus der ehemaligen Sowjetunion.

fazit 20 Jahre nach der Weihe in Dresden gibt es bundesweit weitere neue Synagogen. Einige sind derzeit noch in Planung – etwa in Potsdam, Leipzig-Gohlis und Erfurt. »Wer ein Haus baut, will bleiben«, hatte Goldenbogen damals zum Neubau gesagt. Wenn sie heute zurückschaut, wie sich jüdisches Leben in Dresden entwickelt hat, dann fällt ihr Fazit trotz aller Probleme positiv aus: »Ich denke schon, es ist insgesamt eine Erfolgsgeschichte, die aber auch notwendig ist, denn jüdische Gemeinden müssen in den Städten verankert sein.«  

Getrübt wird ihr Resümee allerdings von dem Anschlag auf die Synagoge in Halle 2019. Der Angriff auf jüdische Menschen – das war Goldenbogen zufolge eine Zäsur in der Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Kampf gegen Antisemitismus ist längst nicht zu Ende.

»Es gibt noch immer falsche Vorstellungen von Juden und Jüdinnen, die nicht hinterfragt werden.«

Nora Goldenbogen

»Es gibt noch immer falsche Vorstellungen von Juden und Jüdinnen, die nicht hinterfragt werden«, sagt Goldenbogen. Dort müsse eine Alltagssensibilität einsetzen. Vorurteilen und Unwahrheiten müsse entschlossen widersprochen werden.

begegnungen Sachsens Landtagspräsident, Matthias Rößler (CDU), 2001 als Kultusminister zuständig für die Religionsgemeinschaften in Sachsen, sieht das ähnlich: »Um Judenhass zu bekämpfen, müssen wir ihn klar verurteilen und bestrafen – egal, ob er von rechts, von links oder aus dem islamistischen Spektrum kommt.« Damit Antisemitismus gar nicht erst entsteht, brauche es Wissensvermittlung im Unterricht, in Bildungsarbeit und Gedenkstätten, vor allem aber persönliche Begegnungen zwischen Juden und Nichtjuden.

Bei der Weihe 2001 – genau 63 Jahre nach der Zerstörung der früheren Dresdner Synagoge – betonte der damalige Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel sel. A. (1937–2006): Die Synagoge sei »Stein gewordener Wille, an einem Ort leben zu wollen«. Auch er äußerte sich damals besorgt über zunehmenden Antisemitismus.

Obwohl die frühere Dresdner Synagoge zu den großen Werken des berühmten Architekten Gottfried Semper (1803–1879) gehört, hat die jüdische Gemeinde nie daran gedacht, das Original vergleichbar der benachbarten barocken Frauenkirche wiederaufzubauen. Sie wollte ein modernes Haus, eines aus ihrer Zeit.

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025

Meinung

Jewrovision: einfach jung und jüdisch sein

Junge Jüdinnen und Juden sind alltäglich Anfeindungen ausgesetzt. Für sie ist die Jewrovision ein Safe Space

von Katrin Richter  11.06.2025

Jewrovision

Party der Herzen

1300 Jugendliche kamen in Dortmund zum größten Gesangs- und Tanzwettbewerb für jüdische Kinder und Teenager zusammen. In angespannten Zeiten lebten sie das Motto »United in Hearts«

von Katrin Richter  11.06.2025