Magdeburg

Judenhass im Visier

Die Verfassungsschutzbehörden der ostdeutschen Bundesländer und Berlins sehen deutlichen Handlungsbedarf angesichts der Verbreitung des Antisemitismus in Deutschland. Bei einer Podiumsdiskussion am Donnerstag in Magdeburg sprach sich der Thüringer Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer für eine »Koalition zwischen Sicherheitsbehörden, Politik und Zivilgesellschaft« aus. Antisemitismus müsse auf ein »beherrschbares Niveau hinuntergedrückt« werden. Im Moment sei dieses Niveau überschritten, sagte Kramer. Es werde davon ausgegangen, dass 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung antisemitische Einstellungen haben. Die Zahl soll seit Jahren konstant sein. Einig waren sich die Teilnehmer der Diskussionsrunde, dass der Antisemitismus aber »sichtbarer« geworden sei.

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Mark Dainow, betonte: Kinder würden nicht als Antisemiten geboren. Prävention fange schon im Kindergarten an. Dainow verwies dabei auf ein Kita-Beispiel aus Offenbach, eine jüdische Einrichtung, in der Integration gelinge. In seinem Auftaktvortrag hatte Dainow ein aktuelles Bild jüdischen Lebens in Deutschland und die Einstellungen, Erfahrungen und Erwartungen der jüdischen Gemeinschaft skizziert.

Ernsthaftigkeit Dainow betonte, jeder antisemitische Vorfall sei einer zu viel, unabhängig davon, aus welchem Spektrum er komme. »Wir wünschen uns, von der Gesellschaft ernst genommen zu werden, mit unseren Sorgen und Bedenken.« Antisemitische Vorfälle dürften nicht ad acta gelegt werden, wie dies viele Jahre der Fall gewesen sei, so Dainow.

Ann-Christin Wegener vom Landesamt für Verfassungsschutz in Hessen setzte sich intensiv mit antisemitischen Erscheinungsformen und ideologischen Hintergründen in sozialen Netzwerken auseinander. Sie sprach von einem »sukzessiven Prozess von Dammbrüchen«. So seien aus anonymen Anfeindungen beispielsweise offene Hassmails an jüdische Organisationen mit klaren Absenderadressen geworden.

Wegener betonte, welche große Rolle der Pädagogik zukomme. Langfristige Strategien seien notwendig und »ganz viel Graswurzelarbeit«. Samuel Salzborn vom Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin sagte, an den Stellen, an denen es Handlungsbedarf gebe, müsse auch gehandelt werden. Als Beispiel nannte er die Gestaltung von Schulbüchern.

Agitation Das Symposium in der Magdeburger Staatskanzlei stand unter der Überschrift »Provokation und Propaganda – Neue Dynamiken antisemitischer Agitation. Antisemitismus hat viele Gesichter«. Beleuchtet wurden antisemitische Ressentiments von Extremisten aller Phänomenbereiche, rechts wie links, sowie von Salafisten. Rund 120 Gäste nahmen an der Veranstaltung im historischen Festsaal der Staatskanzlei teil.

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU), der in diesem Jahr Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist und das Thema auch bei der Frühjahrssitzung der Ressortminister in Quedlinburg diskutieren will, sagte, es sei »erschreckend und erschütternd, dass Hass auf Juden, juden- und israelfeindliche Agitation, antijüdische Hetze in sozialen Medien und Angriffe auf jüdische Bürger und Einrichtungen auch 2018 in unserem Land festzustellen sind«.

Stahlknecht betonte: »Die Verantwortung, gegen Antisemitismus und Judenhass einzutreten, gründet in der historischen Rolle Deutschlands als Vermächtnis der ermordeten Juden Europas, und sie gilt auch heute als Verpflichtung gegenüber den jüdischen Bürgern und allen Juden in der Bundesrepublik Deutschland.«

München

Das Schweigen brechen

Stephan Lebert und Louis Lewitan stellten ihr neues Buch »Der blinde Fleck« über ein deutsches Tabu und seine Folgen vor

von Helen Richter  03.07.2025

Sport

Fit mit Makkabi

Schmerzt der Rücken? Fehlt die Kraft? Wir haben vier Übungen für alle, die fit im Alltag werden wollen. Gezeigt hat sie uns Noah von Makkabi

von Katrin Richter  03.07.2025

Berlin

»Wie vorm Berghain«

Avi Toubiana über das Kosher Street Food Festival, organisatorische Herausforderungen und Warteschlangen

von Helmut Kuhn  03.07.2025

Lesung

Familiengeschichten

Der Autor Daniel Zylbersztajn-Lewandowski stellte im »taz-Café« zwei Bücher über seine Vorfahren vor – und lernte bislang unbekannte Verwandte kennen

von Alicia Rust  03.07.2025

Chemnitz

Marx und Mikwe

Die Jüdische Gemeinde präsentiert sich im Kulturhauptstadtjahr zwischen Baustelle, Geschichte und Begegnung. Ein Ortsbesuch

von Anett Böttger  02.07.2025

Meinung

Nicht ohne meine Klimaanlage!

Warum sich Deutschland im Sommer an Israel ein Beispiel nehmen sollte

von David Harnasch  02.07.2025 Aktualisiert

Interview

Das hilft wirklich gegen zu viel Hitze und Sonne

Yael Adler über die Frage, wie wir uns am besten schützen können und was wir im Sommer von den Israelis lernen können

von Philipp Peyman Engel  02.07.2025 Aktualisiert

Bayern

Als Rassist und Antisemit im Polizeidienst? Möglich ist es …

Der Verwaltungsgerichtshof München hat geurteilt, dass Beamte sich im privaten Rahmen verfassungsfeindlich äußern dürfen, ohne deswegen mit Konsequenzen rechnen zu müssen

von Michael Thaidigsmann  01.07.2025

München

Gedenken in schwerer Zeit

Die Stadt erinnerte an jüdische Opfer des NS-Regimes. Die Angehörigen aus Israel konnten wegen des Krieges nicht anreisen

von Luis Gruhler  01.07.2025