Chanukka

In kleinerem Rahmen

Das erste Licht wird am Donnerstagabend gezündet. Foto: Rafael Herlich

Feiertage während der Covid-19-Pandemie wie gewohnt zu verbringen, ist aufgrund der geltenden Kontaktbeschränkungen unmöglich. Und so wird auch Chanukka für viele in einem kleineren Rahmen als gewohnt stattfinden müssen.

»Größere Familienfeste zu Chanukka wird es in diesem Jahr wegen Corona nicht geben«, twitterte entsprechend bereits Ende November Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. »Diesen Verzicht«, schrieb er weiter, »leisten wir: Pikuach Nefesch – der Schutz des Lebens ist für Juden das oberste Gebot. Möge uns das Lichterfest gerade in diesem Jahr Trost und Zuversicht geben.«

eindämmung Dass die Religionsgemeinschaften die zur Eindämmung der Pandemie erlassenen Regeln auf lokaler Ebene umsetzen und einhalten, war bei einem Treffen von Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden, sowie Vertretern der christlichen Kirchen mit dem Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Markus Kerber, und dem nordrhein-westfälischen Staatssekretär Nathanael Liminski in Berlin am 27. November bekräftigt worden.

Chabad wird in der Hauptstadt insgesamt 27 Chanukkiot aufstellen.

Kerber hatte sich anschließend sehr positiv über das Verantwortungsbewusstsein der Religionsgemeinschaften geäußert. Die Politik sehe, »dass in dieser schwierigen Zeit, die in die dunkle Hälfte des Jahres fällt, Menschen nach Geborgenheit suchen«, erklärte er. »Die Rolle der Religionsgemeinschaften – an Chanukka, an Weihnachten – für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist dabei sehr wichtig.«

ÖFFENTLICHKEIT Ganz wird auf das mittlerweile vielerorts schon traditionelle öffentliche Lichterzünden allerdings nicht verzichtet – regelkonform findet es eben virtuell statt. Und manche Gemeinden planen für ihre Mitglieder darüber hinaus ganz besondere Überraschungen.

In Berlin wird es vom 10. bis zum 18. Dezember hell: Chabad Lubawitsch wird in der Hauptstadt insgesamt 27 Chanukkiot aufstellen, darunter auch erstmals eine vor dem Bundesjustizministerium in Mitte, wie Rabbiner Yehuda Teichtal berichtet. Am ersten Abend von Chanukka werde traditionell die erste Kerze am zehn Meter großen Leuchter vor dem Brandenburger Tor gezündet, allerdings nicht wie in den Jahren zuvor im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung.

Coronabedingt wird das Kerzenzünden aber live im Internet übertragen – und angesichts der weltweit grassierenden Viruskrankheit hat man sich dazu auch noch etwas ganz Besonderes ausgedacht, wie Rabbiner Teichtal sagt: »Dieses Jahr widmen wir das Kerzenzünden dem medizinischen Personal, all den Ärzten und Pflegekräften, die in vorderster Linie diese fürchterliche Pandemie bekämpfen.« Die erste Kerze wird am 10. Dezember von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gezündet, »stellvertretend für all die Tausenden von Menschen, die tagein, tagaus an vorderster Front mit vollem Einsatz Menschenleben retten«.

INNENSTADT In Aachen plant man dagegen aufgrund der Corona-Pandemie »kein öffentliches Lichterzünden«, sagt Friedrich Thull, Geschäftsführer der dortigen jüdischen Gemeinde. »Eine solche Veranstaltung wäre doch unkontrollierbar, es ist dunkel, die Geschäfte sind geöffnet, am Ende würden vielleicht ganze Menschentrauben dastehen, das geht in diesen Zeiten einfach nicht.«

Öffentlich sichtbar sei die Gemeinde auch zu Chanukka ohnehin, »wir sind ja in der Innenstadt und haben eine große Glasfront. Auf einen Stehtisch werden wir, natürlich gut gesichert, eine Chanukkia stellen, und jeden Abend wird der Rabbiner eine Kerze zünden.«

In Aachen wird jeder jüdische Haushalt von der Gemeinde einen Chanukkaleuchter geschickt bekommen.

Die Gemeinde hat sich für ihre Mitglieder allerdings auch noch eine Überraschung ausgedacht: »Wir können nicht immer nur schreiben, dass wir für sie da sind, wir müssen auch aktiv sein«, erklärt Thull, »und deswegen packen wir im Moment Päckchen. Jeder jüdische Haushalt wird von uns einen Chanukkaleuchter geschickt bekommen, dazu ein paar Süßigkeiten für die Kinder und eine Chanukka-Anleitung.« Natürlich sei das nicht ganz billig, »aber Veranstaltungen kosten auch Geld, und diese Geste ist es uns wert. Unsere Mitglieder können wegen Corona nicht zu uns kommen, da muss man sich eben etwas einfallen lassen, das zeigt, dass sie und der Feiertag uns wichtig sind.«

RATHAUS Seit 2015 lädt Oberbürgermeister Frank Meyer zur Chanukkafeier im Krefelder Rathaus ein. Gleich nach seiner Wahl hatte er diese nun schon zur Tradition gewordene Veranstaltung initiiert, zu der neben der jüdischen Gemeinde der Stadt auch Vertreter der christlichen Kirchen sowie Muslime eingeladen sind.

»Es ist mir ein Anliegen, dass unser Rathaus auch eine Begegnungsstätte für Religionen ist«, betont er gegenüber der Jüdischen Allgemeinen, »ob zu Chanukka, beim Ramadan-Empfang oder bei christlichen Festen – es entstehen immer schöne Begegnungen und bereichernde Gespräche.«

In diesem Jahr muss die Feier jedoch coronabedingt ausfallen, »wir müssen auf den direkten Kontakt schweren Herzens verzichten«. Die »Idee von Chanukka, Licht ins Dunkel zu bringen« sei jedoch in diesem Jahr umso wichtiger, daher werde Oberbürgermeister Meyer »mit einer Video-Grußbotschaft in Krefeld zumindest in digitaler Form an die Feierlichkeiten erinnern« und auch ein Zeichen senden, »dass der Dialog der Religionen trotz Corona weitergeht«.

KOCHDUELL In Düsseldorf ist ein Kerzenzünden auf dem Synagogenvorplatz geplant – allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Stattdessen wird es über die sozialen Netzwerke gestreamt. Man setze in Zeiten von Corona hauptsächlich auf digitale Angebote, wie Zeev Reichard, Referent für Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde, erzählt.

In Düsseldorf wird jeden Abend eine Familie aus dr Gemeinde gemeinsam mit den Mitgliedern über Zoom die Chanukkakerzen zünden.

Jeden Abend »wird eine Familie aus unserer Gemeinde gemeinsam mit den Mitgliedern über ›Zoom‹ die Chanukkakerzen zünden«, und jede der acht teilnehmenden Familien werde eine kurze Geschichte zu Chanukka erzählen. In acht kurzen Videos, die auf Instagram hochgeladen werden, erläutern dazu »acht Gemeindemitglieder, was Wunder für sie bedeuten«.

Außerdem wird es am 13. Dezember »ein Kochduell unter unseren Rabbinern geben: die Rabbi-Koch-Arena – das Latkes-Duell«. Auf Facebook und über den YouTube-Kanal der Gemeinde können Interessierte das große kulinarische Ereignis ab 20.15 Uhr live verfolgen.

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Misrachim

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025