IKG

Im Zeichen des Humors

Am Sonntag lernten die Besucher im Gemeindezentrum am Jakobsplatz den Geist jüdischen Humors gleich in mehreren Facetten kennen. Die Leiterin des Kulturzentrums, Ellen Presser, hatte das Motto des diesjährigen Europäischen Tages der Jüdischen Kultur »The Spirit of Jewish Humor« in überzeugender Weise umgesetzt.

Der Schriftsteller und Schauspieler Miguel Herz-Kestranek führte bei der Lesung seines Buches Die Frau von Pollak. Oder: Wie mein Vater jüdische Witze erzählte in die Welt jüdischen Denkens ein. Beispiele und eigenes Erleben sowie ein Podiumsgespräch mit Moderatorin Eva Gesine Baur illustrierten eine mit der »Zeitenwende«, als die Herz-Kestranek die Jahre des Zweiten Weltkriegs und der Schoa bezeichnete, weitgehend verschwundene Kultur mit Humor als Überlebenszuflucht.

Kohnversation Auf besonders einfühlsame Weise zum Leben erweckt haben diese vernichtete und doch unvergessene Welt Ruth und Charles Lewinsky. Ihre Zeichnungen aus der Serie »Kohnversation« wurden jahrelang auf der letzten Seite der Jüdischen Allgemeinen veröffentlicht. Zwei alte Juden diskutieren hier über Alltagssorgen und Gott und die Welt. Diese Zeichnungen sind noch bis zum 18. Oktober im Foyer des Gemeindezentrums ausgestellt (Montag bis Donnerstag von 15 bis 19 Uhr, außer an Feiertagen).

Anders als bei gedruckten oder vorgelesenen Beispielen jüdischen Humors wird hier eine Welt lebendig, wie sie jene noch kennen, die solche Erzählrunden miterleben durften. Dabei reihte sich Geschichte an Geschichte, genauso wie auf den Bildtafeln der Ausstellung. Schnell, immer wieder neu und doch immer wieder das alte Thema der Alltagserfahrungen, Ängste, Hoffnungen und der Flucht aus der Realität – das sind auch die Hauptthemen der Kohnversation. Die Grafikerin Ruth und der Autor Charles Lewinsky haben diese gemeinsam entwickelt. Die Figuren sind bereits entstanden, als Ruth 1995 das Buch Der jüdische Rabe illustriert hat.

Auch wenn von dem Aussehen der beiden alten Juden nichts von den aus Galizien stammenden Großeltern der Grafikerin steckt, so lebt die Welt des Großvaters dort weiter. »Man muss nicht so aussehen wie sie«, sagt Lewinsky. »Es ist eine Welt, die ich nicht mehr bewusst erlebt habe. Und doch steckt etwas davon in mir drin.«

Den Großvater bezeichnet sie als einen »Strahlemenschen«. Sein Wesen lebt in den Zeichnungen weiter – und schlägt die Brücke von einer vernichteten Welt zum Heute. Der Geist des jüdischen Humors ist so sichtbar und dauerhaft erhalten.

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025

Porträt

Am richtigen Ort

Arie Oshri ist Koch, Dragqueen und lebt in seiner Wahlheimat Berlin

von Alicia Rust  20.12.2025

Umbenennung

Yad-Vashem-Straße in Berlin: Wegner will schnelle Umsetzung

Nach der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem soll ein Straßenabschnitt im Herzen von Berlin benannt werden. Der Regierende Bürgermeister hofft auf eine schnelle Umsetzung

von Jonas Grimm  18.12.2025

Fachtagung

Ein geschützter Raum

Was passiert, wenn alte Traumata angesichts neuen Terrors wieder hochkommen? In Frankfurt tauschten sich Therapeuten, Sozialarbeiter und Schoa-Überlebende aus

von Mascha Malburg  18.12.2025

Neuerscheinung

Mit Emre und Marie Chanukka feiern

Ein Pixi-Buch erzählt von einem jüdischen Jungen, der durch religiöse Feiertage Verständnis und Offenheit lernt

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Zahl der Woche

1437

Funfacts & Wissenswertes

 18.12.2025

Bildungsministerkonferenz

Publizist Friedman: Leben jüdischer Kinder schlecht wie nie seit 1945

Schulen als Bildungsorte für Demokratie und Menschenrechte, gegen Hass und Antisemitismus: Der Publizist Michel Friedman sieht hier große Defizite in Deutschland

 18.12.2025