Schalom Aleikum

Im digitalen Raum


Ein »Elefant im Raum« beschreibt ein offensichtliches Problem, das sich zwar allen aufdrängelt, aber worüber wenige gern sprechen wollen. Um Elefanten im digitalen Raum ging es am Mittwoch bei der Diskussionsveranstaltung von Schalom Aleikum, der Denkfabrik des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Unter eben jenem Titel »Elefanten im digitalen Raum. Die sozialen Medien als Grenzbereich« kamen der Influencer und Theologe Stephan Anpalagan, Anna Ben-Shlomo, Koordinatorin beim Bildungsprojekt SCHLAU Dortmund und Elvedin Goljica, stellvertretender Bundesvorsitzender des muslimischen Jugendwerks im Borusseum von Borussia Dortmund zusammen. Moderatorin des Abends war Josephine Ballon, Co-Geschäftsführerin der Berliner HateAid gGmbH.

Nach dem 7. Oktober gab es eine massive Zunahme von Hass im digitalen Raum.

Nach Grußworten von Reinhold Lunow, dem Präsidenten von Borussia Dortmund, und dem Präsidiumsmitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland, Grigory Rabinovich, sagte Rabinovich: »Nach dem 7. Oktober haben wir eine massive Zunahme von Hass im digitalen Raum.« Der Hass richtet sich gegen Juden, Muslime und Einwanderer. »Ich bin Jude und Einwanderer, ich bin vor 30 Jahren aus Russland nach Deutschland gekommen.«

Anna Ben-Shlomo sagte, sie bemerke viele Gemeinsamkeiten zwischen Juden und Muslimen. »Der Hass und die Gewalt, die einem entgegengebracht wird, sind sehr ähnlich. Man wird zum Opfer gemacht.« Für Elvedin Goljica ist es ein Problem, dass vieles, was online veröffentlicht wird, unterhalb der Strafbarkeitsgrenze liegt: »Aber zum Glück gibt es Vereine wie HateAid.«

»Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.«

Stephan Anpalagan sah das etwas anders. Meinungsfreiheit, zitierte er den Journalisten Deniz Yücel, bedeute auch Freiheit für dumme Meinungen. »Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.« Allerdings würden viele Straftaten nicht verfolgt. Er forderte, dass die Polizei das Strafrecht auch im digitalen Raum durchsetzt.

Soziale Medien – darin waren sich die Diskutierenden einig – seien als Plattform für Hass und Pauschalisierungen gegenüber Juden und Muslimen Fluch und andererseits Segen seien. Die Freiheit, die das Internet durch seine Reichweite biete, lade zum Missbrauch ein, indem es Rechtsfreiheit suggeriere. Um diesen Eindruck zu entkräften, müsse die Ahndung von rechtswidrigen Inhalten durch die Betreiber der Plattformen sowie die Strafverfolgungsbehörden konsequent fortgesetzt werden.

Der 7. Oktober wurde als Brandbeschleuniger für Antisemitismus auch im digitalen Raum wahrgenommen, während Muslimen gleichzeitig und kollektiv die Schuld zugeschrieben werde.

Diese parallele Entwicklung bekräftigte den Wunsch des Podiums nach Gesprächen und Verbindendem anstelle eines gegenseitigen Ausspielens sowie nach einer stärkeren gesellschaftlichen und interreligiösen Auseinandersetzung mit dem Christentum. (mit ja)

Lesen Sie einen ausführlichen Artikel in der kommenden Print-Ausgabe.

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Touro University vergibt erstmals »Seid Menschen«-Stipendium

Die Touro University Berlin erinnert mit einem neu geschaffenen Stipendium an die Schoa-Überlebende Margot Friedländer

 12.11.2025