Margot Friedländer

»Hier bin ich geboren, hier werde ich sterben«

Viele Ehrungen für Margot Friedländer Foto: Margrit Schmidt

Margot Friedländer

»Hier bin ich geboren, hier werde ich sterben«

Die Holocaust-Überlebende und Ehrenbürgerin Berlins wurde am Montag ausgezeichnet

von Imanuel Marcus  26.01.2023 07:41 Uhr

Margot Friedländer verkörpere als Zeitzeugin »die mahnende Stimme an unser Gewissen, die Erinnerung an den Holocaust und dessen Opfer. Sie bleibt für alle nachfolgenden Generationen auch ein Zeichen dafür, wie wichtig es ist, die Erinnerung zu bewahren«. Dies sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin, Franziska Giffey (SPD), am Montag im Roten Rathaus.

Gleich zwei Ehrungen erhielt Margot Friedländer: zum einen das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, zum anderen eine Büste, die von nun an auch für alle Besucher des Roten Rathauses sichtbar ist. Letztere stehe auch dafür, »dass wir Feindlichkeit gegenüber anderen Menschen, Antisemitismus, Rechtsextremismus, Rassismus entschlossen entgegenwirken«, so Giffey.

nazis Obwohl die Nazis Friedländers Mutter und ihren Bruder in Auschwitz ermordeten und sie selbst ins KZ Theresienstadt deportierten, entschied sich Margot Friedländer, aus den USA in ihre Geburtsstadt zurückzukehren. Andere Holocaust-Überlebende wollten nach der Befreiung keinen Fuß mehr in das Land setzen, in dem sie verfolgt wurden. Sie gehört aber zu jenen jüdischen Deutschen, die zurückkehrten. In ihrem Fall geschah dies 2010, als sie 89 Jahre alt war. Sie kam nicht nur, um in Berlin zu sein, der Stadt, die sie trotz allem liebt, sondern um junge Generationen zu warnen.

Für Friedländer ist das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, das Berlins Regierende Bürgermeisterin ihr im Auftrag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Montag überreichte, nicht die erste Würdigung. Im vergangenen Jahr wurde sie mit dem Walther-Rathenau-Preis ausgezeichnet. Zudem ist sie Ehrenbürgerin Berlins und erhielt seit 2009 weitere Würdigungen.

»Wir verneigen uns heute erneut vor der beeindruckenden Lebensleistung und dem ungeheuren Mut unserer Berliner Ehrenbürgerin.«

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey

»Wir verneigen uns heute erneut vor der beeindruckenden Lebensleistung und dem ungeheuren Mut unserer Berliner Ehrenbürgerin«, sagte Franziska Giffey. »In bewundernswerter Weise gibt Margot Friedländer Zeugnis von ihrem Leben, von der Verfolgung im nationalsozialistischen Berlin, vom Schicksal ihrer Familie und vom Holocaust. Bis in ihr einzigartiges Lebensalter von 101 Jahren setzt sie ihre Arbeit fort.«
Was sie tue, sei für sie eine Herzensangelegenheit, so Margot Friedländer. »Wem soll ich danken? Meiner Mutter. Meinen Freunden. Ich bin unendlich gerührt.«

Fügung An diesem Montag war das Bundesverdienstkreuz nur der Anfang. Die Bildhauerin Stephanie von Dallwitz schuf eine Büste von Margot Friedländer in ihrem Atelier, das sich ausgerechnet in der Fasanenstraße 70 befindet, in jenem Haus, in dem sich Margot Bendheim, so Friedländers Geburtsname, einst versteckte. »Eine Fügung«, sagt Stephanie von Dallwitz. Friedländer wurde 1944 von sogenannten Greifern verraten und deportiert.

Erneut steht die zierliche Margot Friedländer neben Giffey, wieder sind alle Kameras auf sie gerichtet, als die Büste präsentiert wird. Giffey betont, die Büste stehe »an einem festen und sichtbaren Platz, um daran zu erinnern, wie besonders und wie einzigartig ihr Leben und Wirken unsere Stadt auch geprägt hat«.

»Und diese Büste steht auch dafür, dass Sie, liebe Margot Friedländer, immer einen besonderen Platz in unseren Herzen haben. Berlin ist Ihnen unendlich dankbar für das, was Sie für unsere Stadt getan haben«, so Giffey.

Margot Friedländers Reaktion nach der Enthüllung der Büste: »Bin ich das? Ich bin erstaunt. Das ist so wunderbar. Ich habe keine Worte. Wirklich.« Es entsteht eine Pause. Die Gäste applaudieren. Ihre Liebe zu Berlin bekräftigt sie immer wieder, so auch am Montag: »Hier bin ich geboren, hier werde ich sterben, hier will ich beerdigt sein.«

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  17.09.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Erstes Konzert in Magdeburger Synagoge

Die Synagoge war im Dezember 2023 eröffnet worden

 15.09.2025

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025

Essen

Festival jüdischer Musik mit Igor Levit und Lahav Shani

Der Festivalname »TIKWAH« (hebräisch für »Hoffnung«) solle »ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten« setzen, hieß es

 15.09.2025