Weltmeisterschaft

»Fußball ist hier immer lustig«

Frau Neuwald-Tasbach, die Jüdische Gemeinde Gelsenkirchen ist Teil einer Fußballstadt. Wie haben Sie sich auf die heute beginnende WM vorbereitet?
Ganz ehrlich gesagt: So gut vorbereitet sind wir derzeit noch nicht, und viele Gemeindemitglieder werden auch in Urlaub fahren. Aber so, wie wir es in den letzten Jahren gemacht haben, werden wir es wohl wieder machen.

Das heißt?
Wir schauen gemeinsam Spiele im Fernsehen, dazu wird koscher gegrillt, und wir können uns auch über ein paar Dinge unterhalten, über die Bedeutung von Makkabi-Sport etwa. In den vergangenen Jahren gab es auch schon mal einen Schiur unseres Rabbiners.

Ist das »Public Viewing« offen für alle?

Nein, es ist ausschließlich für Mitglieder gedacht. Wenn wir das für Nichtmitglieder öffnen würden, wäre es zu groß. Außerdem ist es ja auch für die Gemeinde ein gutes Ereignis.

Inwiefern?

Es ist neben den anderen, oft eher ernsten Zusammenkünften, etwa zu Feiertagen oder zum Gedenken, etwas Anderes, Fröhliches. Fußball ist bei uns immer total lustig. Solche lockeren Treffen sind ein prima Weg, den Zusammenhalt in der Gemeinde zu fördern. Viele lernen sich beim Fußball besser kennen, entdecken Gemeinsamkeiten. Dafür ist Fußball ja auch da.

Gelsenkirchen ist in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem Schalke. Prägt das Ihre Fußballbegeisterung?
Ja, wir sind fast alle eingefleischte Schalke-Fans, und wir arbeiten ja auch eng mit dem Verein zusammen. Er unterstützt uns beim Mitzvah Day, und wir unternehmen gemeinsam Gedenkstättenfahrten nach Westerbork, wo auch ein später ermordeter Fußballer aus Gelsenkirchen interniert war.

Da bei der WM nicht Schalke spielt, sondern die Nationalmannschaften, wie sind die Sympathien verteilt?
Deutschland und Russland. Ich glaube, die Daumen werden ein bisschen stärker für Deutschland gedrückt, aber da müsste ich mich genauer umhören. Viele unserer russischsprachigen Mitglieder sind emotional mit der Russischen Föderation verbunden, auch wenn es natürlich Dinge gibt, die sie ablehnen. Es gibt schließlich Gründe, warum sie weggegangen sind. Was die Menschen aber an Russland bindet, das sind ihre Familien und die Gräber ihrer Vorfahren. Das hat eine große Bedeutung.

Bei großen Public-Viewing-Events fällt auf, dass etliche Menschen auch vor der Leinwand aufstehen und die Nationalhymnen mitsingen. Gibt es das auch bei Ihnen?
Gute Frage. Ich glaube, bei vergangenen Turnieren wurde vereinzelt die Hymne mitgesungen, aber ich bin mir nicht mehr ganz sicher.

Mit der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen sprach Martin Krauß.

Dialog

Freunde wie Berge

Juden und Kurden verbindet eine jahrtausendealte Freundschaft. Um ein Zeichen der Gemeinsamkeit zu senden und sich des gegenseitigen Rückhalts zu versichern, kamen sie nun auf Einladung der WerteInitiative in Berlin zusammen

von Katrin Richter  10.09.2025

Literatur

»Es wird viel gelacht bei uns«

Der Historiker Philipp Lenhard und die Schriftstellerin Dana von Suffrin über den von ihnen gegründeten Jüdischen Buchklub, vergessene Klassiker und neue Impulse

von Luis Gruhler  09.09.2025

Ausstellung

Lesen, Schreiben, Sehen, Handeln, Überleben

Im Literaturhaus München wird das Leben der amerikanischen Denkerin und Publizistin Susan Sontag gezeigt

von Ellen Presser  09.09.2025

München

Spur der heiligen Steine

Es war ein Sensationsfund: Bei Baumaßnahmen am Isarwehr wurden Überreste der früheren Hauptsynagoge entdeckt. Der Schatz wird nun vom Jüdischen Museum erforscht

von Michael Schleicher  07.09.2025

Dialog

Gemeinsam stark

Fatma Keser ist Mitbegründerin von »Pêk Koach – Jewish-Kurdish Women’s Alliance«. Der Frauenverein will jüdische und kurdische Perspektiven vermitteln

von Pascal Beck  07.09.2025

Fürth

Ruth Weiss ist gestorben

Sie engagierte sich ihr Leben lang gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit. Nun ist die in Franken geborene Schriftstellerin mit 101 Jahren gestorben

 05.09.2025 Aktualisiert

München

»In unserer Verantwortung«

Als Rachel Salamander den Verfall der Synagoge Reichenbachstraße sah, musste sie etwas unternehmen. Sie gründete einen Verein, das Haus wurde saniert, am 15. September ist nun die Eröffnung. Ein Gespräch über einen Lebenstraum, Farbenspiele und Denkmalschutz

von Katrin Richter  04.09.2025

Erfurt

Studiengang »Jüdische Soziale Arbeit« offiziell gestartet

Zentralratspräsident Josef Schuster: Die Einrichtung des Studiengangs ist ein starkes Zeichen für die Lebendigkeit jüdischen Lebens in Deutschland

 04.09.2025

Hannover

»Wir sind hier und wir bleiben hier«

Im September wird die Liberale Jüdische Gemeinde 30 Jahre alt. Gegründet wurde sie einst von drei Frauen. Ein Gespräch mit Geschäftsführerin Rebecca Seidler über Generationen, Sicherheit und eine große Portion Optimismus

von Katrin Richter  04.09.2025