Graffitis, Plakate, Aufkleber – was harmlos nach Kunst, Konzerten, Lerngruppen klingt, ist für jüdische Studierende an Universitäten alles andere als normales Campus-Geschehen. Eine Studie dreier Wissenschaftler aus Konstanz von April 2025 zeigt: 33 Prozent aller antisemitischen Vorfälle an Universitäten geschahen über Graffitis, Plakate und Aufkleber. Zehn Prozent waren antisemitische Parolen auf Demonstrationen, sieben Prozent waren verbale Angriffe, ein Prozent waren körperliche Angriffe auf jüdische Studierende.
Um »Antisemitismus an Hochschulen« wird es auch bei der Eröffnungsveranstaltung der Jüdischen Campuswoche Halle gehen. Max Privorozki, Vorsitzender der Jüdische Gemeinde Halle, diskutiert unter anderem mit Claudia Becker, der Rektorin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, und Marianna Piruzyan vom Bundesvorstand Junges Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, über judenfeindliche Tendenzen.
Panels, Lesungen, Treffen – und einander kennenlernen. Vor allem das soll bei der Jüdischen Campuswoche Mitteldeutschland vom 19. bis 25. Mai im Mittelpunkt stehen. »In einer Zeit, in der der Antisemitismus aus allen politischen Richtungen zunehmend erstarkt, wird das Judentum immer unsichtbarer. Die Jüdische Campuswoche möchte diesem Trend entgegenwirken und die vielfältige Kultur des Judentums sichtbar machen«, sagt Alexander Tsyterer von der Jüdischen Allianz Mitteldeutschland (JAM).
Die Jüdische Campuswoche möchte die vielfältige Kultur des Judentums sichtbar machen.
Sichtbarmachen, das kann zum Beispiel bei »Coffee with a Jew: Lasst uns über jüdische Vielfalt reden« passieren. Die beiden Initiatoren Ariella Chmiel und Daniel Gitbud kommen nach Halle, um über die Erfahrungen aus ihrem Projekt zu sprechen.
Begegnung ist auch das Stichwort der Tour »Jüdisches Halle – Biografien zwischen Reileck und Saale«. Auf dem Weg durch das Mühlwegviertel werden Orte besichtigt, »die eng mit den Lebensgeschichten von Jüdinnen und Juden aus dem 20. Jahrhundert verknüpft sind«. Für die drei Kilometer lange Strecke sind eineinhalb Stunden vorgesehen.
Beim Vortrag »Mojzis Woskin-Nahartabi (1884–1944) – Ein Jüdischer Hebraist aus der Ukraine in Halle und Leipzig« beleuchtet die Bibelwissenschaftlerin Mariia Boichun den Forscher Moses Woskin-Nahartabi, der einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung der hebräischen Studien und der Semitologie in Europa leistete.
Die Autorin Sara Klatt liest aus ihrem Buch Das Land, das ich dir zeigen will, einer »literarischen Annäherung an die historischen und aktuellen Verstrickungen zwischen Israel und Deutschland«. Klatt wird die Campuswoche mit ihrer Lesung beschließen. Und vielleicht heißt es ja im kommenden Jahr »Willkommen zur zweiten Jüdischen Campuswoche«.