Corona-Krise

Ein Service für alle Fälle

Ganz einfach den QR-Code im Handy einscannen, Daten angeben und beim Eintreten Registrier-Häkchen vorzeigen. Foto: Getty Images

Anmelden, reservieren, die Atemschutzmaske und das Handy mit der Corona-App nicht vergessen und überall die Adresse hinterlassen – das wiederaufgenommene Alltagsleben nach dem Lockdown umfasst jede Menge Formalitäten.

Für Betreiber von Restaurants und Geschäften wie Friseursalons und Nagel- oder Fitnessstudios, aber auch die Verantwortlichen von Vereinen und Institutionen bedeutet das umgekehrt eine enorme Zettelwirtschaft.

Sie sind verpflichtet, die Kontaktdaten ihrer Kunden und Besucher festzuhalten und zusätzlich bei einer eventuellen Terminvergabe darauf zu achten, dass die maximal erlaubte Personenzahl nicht überschritten wird. Dabei den Überblick zu behalten, ist nicht immer einfach.

datensicherheit Mit einer Web-Applikation wollen zwei junge Männer den neuen Alltag digital erleichtern. Alfi Goldenberg, Vizepräsident von Makkabi Deutschland, und Michael Movchin, Präsident des Verbandes Jüdischer Studenten Bayern, initiierten mit »Safe-My-Data« ein Angebot, das für mehr Datensicherheit und Übersichtlichkeit sorgen soll.

»Praktisch in der Sekunde, in der ich die Bestimmungen der ersten Lockerungsmaßnahmen las und sah, dass dort von Erhebung der Kundendaten die Rede war, war mir schon klar, dass die Sache förmlich nach Digitalisierung schrie«, beschreibt Alfi Goldenberg der Jüdischen Allgemeinen den Moment, in dem er die Idee zu diesem Web-Service hatte.

Er habe die entstehende Zettelwirtschaft förmlich vor sich gesehen, »und so ist es ja auch gekommen, meistens wird man aufgefordert, Namen und Adresse auf ein Blatt Papier zu schreiben, das maximal in einem Klemmbrett befestigt ist«.

Kontrolle Darüber, was anschließend mit den auf den Zetteln notierten Daten passiert, habe der Kunde keinerlei Kontrolle. »Ausgeschlossen ist es nicht, dass die Blätter erst einmal in irgendeiner Schublade landen und sie vielleicht später sogar dazu benutzt werden, Angebote zu verschicken.« Problematisch sei außerdem der häufig mangelnde Datenschutz. »Es wird ja zum Beispiel in einem Restaurant meist nicht für jeden Tisch ein neues Blatt angelegt, deswegen könnte man, wenn man wollte, problemlos die Namen und Adressen der anderen Gäste lesen.«

Die Betriebe, die Daten erfassen müssen, lassen sich registrieren und erhalten dann einen QR-Code, der vom Kunden eingescannt wird.

Und so funktioniert die Idee: Der Betreiber eines Restaurants, Friseurbetriebs, Kosmetik- oder Fitnessstudios oder eines anderen zur Erfassung der Daten eintretender Kunden verpflichteten Betriebs registriert sich per Webbrowser bei Safe-My-Data. Ist das geschehen, bekommt er einen QR-Code, der am Eingang ausgehängt werden kann. Kunden, Besucher oder Gäste können diesen Code mit einem Smartphone oder Tablet scannen, woraufhin sich eine Webseite öffnet.

Im ersten Schritt muss die geplante Verweildauer eingegeben und Datenschutzerklärung sowie die Speicherung der Daten müssen akzeptiert werden. Auf der zweiten Seite werden dann die persönlichen Daten wie Name, Adresse, eventuell das Geburtsdatum, eine E-Mail-Addresse sowie eine Telefonnummer eingegeben.

Nach dem Versenden des Formulars erscheint dann ein grünes Bestätigungshäkchen, das am Eingang vorgezeigt werden kann. Da die meisten Handys und Smartphones die Daten ihres Besitzers als Kontakt gespeichert haben, entfällt in den allermeisten Fällen der zweite Schritt mit der Angabe der Kontaktdaten.

vorteile »Safe-My-Data« bietet zwei Vorteile auf einmal: Kunden können sicher sein, dass ihre Daten nicht von unbeteiligten Dritten gesehen oder genutzt werden können, und die Betreiber der von ihnen besuchten Lokalitäten müssen sich keine Gedanken über die sichere Lagerung des täglich größer werdenden Papierwusts machen, der im Falle einer bekannt gewordenen Infektion zudem aufwendiger nach möglichen Kontaktpersonen zu durchsuchen ist als die digital gespeicherten Daten.

Die Kundendaten werden verschlüsselt übertragen.

»Safe-my-Data« wirbt mit dem sicheren Umgang mit den Kundendaten, die verschlüsselt übertragen und in einem zertifizierten deutschen Rechenzentrum gespeichert werden. Werden die gespeicherten Daten nicht mehr benötigt, werden sie gelöscht – keine Chance also, dass sie in die Hände Unbefugter gelangen.

Terminabstimmung Die Einsatzmöglichkeiten werden genau so vielfältig wie die Bereiche des Alltagslebens sein, die durch die Pandemie Regularien unterworfen sind. »Es gibt unterschiedliche Nutzungsbedürfnisse«, haben die Macher analysiert. In den Sozialverbänden der jüdischen Gemeinden könne sie für die Terminabstimmung benutzt werden, »schnellerer Einlass und außerdem Terminsicherheit sind wichtige Punkte«.

Ebenso wichtig: Die Erfinder des Webservices möchten keinesfalls von der Pandemie profitieren. »Wir wollen uns nicht bereichern«, betont Alfi Goldenberg. »Wir stellen unser Tool der jüdischen Welt kostenfrei zur Verfügung.«

Auch die Makkabi-Vereine können den Web-Service nutzen.

Den Makkabi-Vereinen wurde es bereits zur Nutzung angeboten, denn auch das Sporttreiben unterliegt coronabedingten Restriktionen. Ein weiterer Bereich, in dem »Safe-my-Data« einsetzbar sein wird, ist der Fußball. »Irgendwann wird es wieder losgehen und Fußball in allen Ligen vor Publikum gespielt werden, aber natürlich wird es auch dort zunächst Einschränkungen geben müssen«, ist sich Goldenberg sicher.

Der logistische Aufwand dürfte immens werden, sagt er. »Allein schon 100 Zuschauer zu registrieren, indem sie durch ein Akkreditierungszelt geschleust würden, braucht enorm viel Zeit. Und man benötige dazu außerdem noch eine beträchtliche Anzahl von Helfern. Mit ›Safe-My-Data‹ geht das dagegen schnell, einfach und ohne Datenschutzprobleme.«

Gastro-Partner In der Gastronomie haben es die Service-Entwickler schon geschafft, Nutzer zu überzeugen: Einer der ersten Gastro-Partner ist das Berliner Café Feinberg, mehrere weitere Restaurants setzen die Lösung bereits erfolgreich ein.

Und auch für Gottesdienste könnte die App sinnvoll sein. »Gut, bei jüdischen Gottesdiensten wäre es schwieriger, denn am Schabbat ist die Nutzung von Smartphones und Ähnlichem ja verboten«, sagt Alfi Goldenberg, »aber für alle anderen Glaubensgemeinschaften wäre sie geeignet. Kirchen und Moscheen müssen ja ihre Besucher auch registrieren.«

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