Württemberg

Ein Rabbiner aus Horb

Rabbiner Abraham Schweizer (1875– 1942) kennt im württembergischen Horb wahrscheinlich niemand. Am 4. September soll in der Kleinstadt im Kreis Freudenstadt ein Platz nach ihm benannt werden. Eine private Initiative hat dies durchgesetzt. Horb liegt am oberen Neckar, 60 Kilometer südlich von Stuttgart, am Rand des Schwarzwaldes. Das Landjudentum war hier einst stark vertreten. 1913, als Abraham Schweizer seine Stelle antrat, wurde Horb Sitz des flächenmäßig größten Bezirksrabbinats in Württemberg. Obwohl Schweizer 23 Jahre hier amtierte, ist er komplett vergessen. Kein einziges Foto
existiert von ihm.

Barbara Staudacher und Heinz Högerle bemühen sich seit fast 15 Jahren, jüdische Geschichte aus den Archiven ans Licht zu holen. Die Förderstiftung Jüdischer Betsaal in Horb geht auf ihre Initiative zurück. 60.000 Euro hat die Stadt in die Stiftung einbezahlt. Das Haus, in dem sich einst der Betsaal befand, wird derzeit saniert. Der bislang namenlose Platz davor soll künftig Dr.-Abraham-Schweizer-Platz heißen. Im Gemeinderat hat eine Koalition dieses Begehren durchgewunken.

Unbekannt Es gab allerdings auch Bedenken: Mit dem Rabbiner fange man in Horb nichts an, monierte ein Stadtrat. Ob man nicht lieber auf den jüdischen Maler Salomon Hirschfelder zurückgreifen wolle? »Eben drum«, sagte Heinz Högerle, weil ihn niemand kenne, müsse es der Schweizer sein! Der Rabbiner wurde 1938 in Dachau interniert, 1942 nach Theresienstadt deportiert und in Maly Trostinek ermordet. Werde nicht an ihn erinnert, hätten die Nazis seine vollständige Auslöschung erreicht.

Horb tut sich mit dem jüdischen Erbe schwer. Zwar ist ein ehemaliger Oberbürgermeister Vorsitzender des Träger- und Fördervereins Ehemalige Synagoge Rexingen. Impulse gehen aber zumeist von Privatleuten aus. Ein pensionierter Lehrer etwa stattet auf eigene Kosten die jüdischen Friedhöfe auf den Dörfern ringsum mit Gedenktafeln aus.

Republikaner Indessen sitzt im Gemeinderat ein bekennender Rechter: Rodolfo Panetta, Italiener und Royalist, versteht sich als christlicher Fundamentalist. Seit 1989 ist er Mitglied der rechtskonservativen Partei Die Republikaner.

In der ländlichen Region mit einem hohen Anteil katholischer Wähler trägt ein verlässlich konstantes Stimmenpotenzial Panetta seit 1994 alle fünf Jahre in den Gemeinderat und gesellt ihm bisweilen einen Gesinnungsgenossen bei. Seine Gegner schmäht Panetta gerne als »Philosemiten«. Zuletzt hat er das gleichfalls von den beiden Aktivisten Staudacher und Högerle nach Horb geholte Stolperstein-Projekt abgelehnt. Als es um die Platz-Benennung ging, hatte er allerdings kein Stimmrecht, da er dem entsprechenden Ausschuss nicht angehörte.

Der Mehrheit in Horb kann man guten Willen nicht absprechen. Mit einigem Recht beklagt Landesrabbiner Netanel Wurmser aus Stuttgart aber die Unwissenheit gegenüber Gepflogenheiten des Judentums und die Scheu, sich gelegentlich Rat einzuholen. Nötig wäre es dieses Mal gewesen. Der städtische Terminkalender vermerkt für den 4. September kurios und gedankenlos: »Taufe des Platzes vor dem ehemaligen Betsaal«.

Berlin

Straße nach erster Rabbinerin der Welt benannt

Kreuzberg ehrt Regina Jonas

 12.12.2025

Chanukkia

Kleine Leuchter, große Wirkung

Von der Skizze bis zur Versteigerung – die Gemeinde Kahal Adass Jisroel und die Kunstschule Berlin stellen eine gemeinnützige Aktion auf die Beine. Ein Werkstattbesuch

von Christine Schmitt  12.12.2025

Porträt der Woche

Endlich angekommen

Katharina Gerhardt ist Schauspielerin und fand durch ihren Sohn zum Judentum

von Gerhard Haase-Hindenberg  12.12.2025

Würzburg

Josef Schuster: Hoffnung und Zivilcourage in schwierigen Zeiten

In einem Zeitungsbeitrag verbindet der Präsident des Zentralrates Chanukka mit aktuellen Herausforderungen

 12.12.2025

Berlin

Erstmals Chanukka-Feier im Bundestag

Zur Feier werden unter anderem der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein und Zentralrats-Geschäftsführer Daniel Botmann erwartet

 11.12.2025

Block-Prozess

Mutmaßlicher Entführer-Chef: Aussage gegen sicheres Geleit

Hat Christina Block den Auftrag erteilt, ihre Kinder aus Dänemark zu entführen? Der mutmaßliche Chef der Entführer äußert sich dazu als Zeuge vor Gericht

 11.12.2025

Wie jüdische Kinder Chanukka erleben

»Ich freu’ mich auf die Makkabäer«

Lichter, Dinos, Schokostreusel – was unsere Jüngsten in diesen Tagen am meisten mögen

von Christine Schmitt  11.12.2025

Sachsen

Mit Tiefgang und Pfiff

Am Sonntag wird in Chemnitz das »Jahr der jüdischen Kultur 2026« eröffnet

von Helmut Kuhn  11.12.2025

Kalender

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 11. Dezember bis zum 17. Dezember

 10.12.2025