Jüdische Gemeinde Marburg

Dreißig Jahre jung

Gemeinsam sind sie stark: Amnon Orbach (M.) ist das Herz der Jüdischen Gemeinde Marburg. Foto: Beatrix Achinger

Eigentlich hat die Jüdische Gemeinde Marburg bereits 2017 ihr 700-jähriges Jubiläum gefeiert, denn im Jahr 1317 wurde eine Synagoge in Marburg erstmals urkundlich erwähnt. Am 1. September 1989 wurde in Marburg wieder eine Synagoge eingeweiht – die erste nach dem Krieg –und die Jüdische Gemeinde Marburg neu gegründet.

Es war maßgeblich das Werk des Israelis Amnon Orbach. Er war nach eigenem Bekunden »der Stimme des Herzens« gefolgt, als er 1982 nach Marburg kam, wo die Frau wohnte, die er später heiraten sollte.

Lebenswerk Dort fand er aber »nicht einen Krümel jüdisches Leben« vor. Das war für ihn nicht akzeptabel, und so machte er sich an das, was sein Lebenswerk werden sollte. Der Stadt hat sein Einsatz, für den er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, eine lebendige jüdische Gemeinde gebracht, die am vergangenen Wochen­ende ihr 30-jähriges Bestehen feierte.

Zum Empfang kamen viele, die im Laufe der Jahre der Gemeinde freundschaftlich verbunden gewesen sind. Der Oberbürgermeister von Marburg, Thomas Spies, ebenso wie sein Vorgänger Egon Vaupel. Sie bedankten sich ihrerseits dafür, dass Amnon Orbach mit seinem Werk zu einer Bereicherung des städtischen Lebens und des interreligiösen und interkulturellen Dialogs beigetragen hat. Das bekräftigten die beiden christlichen Vorsitzenden der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Vorsitzende der Islamischen Gemeinde Marburgs, Bilal El-Zayat.

Restaurant Die Anfänge waren jedoch nicht einfach gewesen. Amnon Orbach erinnert sich, wie er zunächst die einzelnen in der Gegend noch lebenden Juden überhaupt erst ausfindig machen musste. Man traf sich dann in Restaurants, Schulen und Sporthallen, bevor die Stadt 1989 der entstehenden Gemeinde einen Raum für eine Synagoge zur Verfügung stellte.

Sie bot Platz für etwa 35 Personen, was bei nur rund 25 Mitgliedern völlig ausreichte. Zuwanderer, die aus der ehemaligen Sow­jetunion in das kurz zuvor wiedervereinigte Deutschland gekommen waren, ließen die Mitgliederzahl bald auf das Zehnfache steigen. So sah sich die Stadt in der Pflicht, und die Gemeinde konnte mit über 90 Prozent Zuschüssen aus städtischen und Landesmitteln das Gebäude der heutigen Synagoge kaufen. Ende 2005 wurde das Gotteshaus eingeweiht und bietet seither den Rahmen für die vielfältigen Aktivitäten der jüdischen Gemeinde.

Ideal Diese stehen ganz im Zeichen des Orbachschen Ideals eines offenen Dialogs. Dessen berühmtestes Beispiel war es, dass der Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft Marburgs, El-Zayat, an der neuen Torarolle der Gemeinde mitgeschrieben hat. Das fand – zu einer gewissen Überraschung der Beteiligten – große Medienresonanz.

Amnon Orbachs Lebenswerk ist nicht zu Ende. Mit 89 Jahren ist er noch immer Vorsitzender seiner Gemeinde, wenn auch jetzt tatkräftig unterstützt durch die zweite Vorsitzende, Monika Bunk. Er selbst hat noch weitere Pläne für die Zukunft, und keiner, der Orbach im Laufe der Zeit kennengelernt hat, zweifelt an seiner Entschlossenheit, diese auch umzusetzen.

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