Schawuot

Die Zehn Gebote und ich

Sarah, Illya und Marina (v.l.) Foto: Katrin Diehl

An Schawuot wurde uns die Tora am Berg Sinai gegeben – so steht es in der Bibel. Nach 40 Tagen auf dem Berg in der Wüste stieg Mosche hinunter und hielt in seinen Händen die zwei schweren Luchot Habrit, die Steintafeln. Auf ihnen standen die Zehn Gebote. Das ist mehrere tausend Jahre her. Aber was fangen Jugendliche heute noch damit an? Ein Interview mit Illya (17), Marina (16) und Sarah (16) aus München.

Sarah, Marina und Illya, wie wichtig sind die Zehn Gebote für euch?
Illya: In meinem Leben spielen sie eine große Rolle. Ich bin religiös und versuche, mich im Alltag an alles zu halten – an alle 613 Gebote, in denen die zehn enthalten sind. Sie begleiten meine Gedanken und sind abrufbar.
Marina: Für mich haben sie einen sehr menschlichen Hintergrund, und deshalb sollte man sich an sie halten, ob man nun religiös ist oder nicht. Außerdem haben sie etwas sehr Modernes, finde ich, etwas Zeitloses. Vater und Mutter zu ehren, ist etwas ganz Normales. Man kann es sich gar nicht anders denken.
Sarah: Ich versuche, die Gebote in mein Leben einzubeziehen. Ich weiß, dass man nicht alles richtig machen kann, aber ich versuche es. Wenn ich zum Beispiel mitbekomme, dass jemand einen Bleistift klaut, dann petze ich nicht, sondern gebe den Bleistift einfach zurück und sage: »Ich habe da etwas gefunden.« Ich will einfach nicht, dass jemand Schwierigkeiten bekommt.


Welches der Zehn Gebote ist für euch gar nicht so leicht einzuhalten?

Marina: Das letzte. Das, in dem es darum geht, nicht neidisch zu sein auf das, was andere haben. Für uns heute ist es ja schon fast normal, neidisch zu sein auf Sachen, die wir gar nicht brauchen. Und wie muss es da erst früher gewesen sein, als das Leben hart war. Der eine hatte ein Stück Brot und der andere keines ...
Sarah: ... und deshalb müsste man heute eigentlich auch damit zurechtkommen, dass andere etwas haben, was man selbst nicht hat. Wenn mir zum Beispiel jemand seine neue Vuitton-Tasche zeigt, und die mir sehr gefällt, dann will ich die vielleicht, kann mir aber sagen, dass es keine Notwendigkeit gibt, sie zu besitzen.
Illya: Für mich gehört gerade dieses zehnte Gebot zu denen, die schwer zu verstehen sind. Weil das einfach so beim Menschen ist, dass er vergleicht und haben will. Dieses Gefühl ist nicht kontrollierbar. Außerdem bringt so etwas eine Gesellschaft auch voran. Über dieses Gebot muss man nachdenken, bis man es ganz versteht. Schwer einzuhalten ist für mich das Gebot, von dem Marina vorhin gesagt hat, es hätte etwas ganz Normales. Nämlich das fünfte, in dem es darum geht, »Vater und Mutter zu ehren«. In meinem Alter ist das manchmal nicht so einfach. Man ist oft anderer Meinung, möchte seine Freiheiten haben ...

Und wenn es dann passiert ist – wenn man also merkt, dass man gegen das eine oder andere Gebot verstoßen hat? Was dann?
Illya: Habe ich dabei anderen Menschen etwas zugefügt, dann bringen mich die Zehn Gebote dazu, mich zu entschuldigen und zu versuchen, es wieder gutzumachen.
Marina: Wir sind noch sehr jung und noch dabei, alles zu verstehen, und deshalb passieren Fehler. Das gehört dazu. Es braucht Zeit zu lernen, die Zehn Gebote ins Leben zu übertragen. Die Tora ist dazu da, uns etwas beizubringen, und nicht, uns mit Schuld zu beladen.
Sarah: Wenn mir etwas passiert ist, was gegen die Gebote ist, versuche ich, es besser zu machen. So einfach und so schwer ist das.

Das Gespräch mit Illya, Marina und Sarah führte Katrin Diehl.

Berlin

Tage im Mai

Am Wochenende beginnt mit »Youth4Peace« ein Treffen von 80 jungen Erwachsenen aus 26 Ländern. Sie wollen über Frieden und Demokratie sprechen. Auch Gali und Yuval aus Israel sind dabei

von Katrin Richter  01.05.2025

Frankfurt

Zwischen den Generationen

2020 führten Jugendliche gemeinsam mit Überlebenden der Schoa ein »Zeitzeugentheater« auf. Nathaniel Knops Dokumentarfilm »Jetzt?« zeigt dessen Entstehung und feierte nun Premiere

von Eugen El  01.05.2025

Berlin

Für mehr Sichtbarkeit

Wenzel Michalski wird Geschäftsführer des Freundeskreises Yad Vashem. Eine Begegnung

von Christine Schmitt  30.04.2025

Hanau

Das zarte Bäumchen, fest verwurzelt

Vor 20 Jahren gründete sich die jüdische Gemeinde – zum Jubiläum wurde eine neue Torarolle eingebracht

von Emil Kermann  30.04.2025

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

von Niklas Hesselmann  30.04.2025

KZ-Befreiungen

Schüler schreibt über einzige Überlebende einer jüdischen Familie

Der 18-jährige Luke Schaaf schreibt ein Buch über das Schicksal einer Jüdin aus seiner Heimatregion unter dem NS-Terrorregime. Der Schüler will zeigen, »was Hass und Hetze anrichten können«

von Stefanie Walter  29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Berlin

Bebelplatz wird wieder zum »Platz der Hamas-Geiseln«

Das Gedenkprojekt »Platz der Hamas-Geiseln« soll laut DIG die Erinnerung an die 40 in Geiselhaft getöteten Israelis und an die 59 noch verschleppten Geiseln wachhalten

 28.04.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an Warschauer Ghetto-Aufstand

Zum Abschluss der Namenslesung vor dem Jüdischen Gemeindehaus in der Berliner Fasanenstraße ist für den Abend ein Gedenken mit Totengebet und Kranzniederlegung geplant

 28.04.2025