Berlin

Der Junge vom Prenzlauer Berg

Vom Moabiter Gleis 69 wurden Juden deportiert. Foto: Stephan Pramme

20 Meter ist es vielleicht lang, zwischen einer Kaufhalle und einem Baumarkt gelegen, mitten in Moabit – das Gleis 69. Genau dort haben Vertreter und Fans des Berliner Fußball-Erstligisten, Repräsentanten des World Jewish Congress (WJC) und der Initiative Gleis 69 am Mittwoch vergangener Woche an Hermann Horwitz erinnert, den ersten Mannschaftsarzt von Hertha BSC, der vor 80 Jahren, am 19. April 1943, vom Gleis des damaligen Güterbahnhofs Moabit nach Auschwitz deportiert und im Vernichtungslager ermordet worden war.

Thomas E. Herrich, Geschäftsführer von Hertha BSC, erinnerte bei der Gedenkveranstaltung daran, dass es Horwitz ab 1938 als Jude von den Nazis untersagt wurde, seinen Beruf auszuüben und er aus dem Verein ausgeschlossen wurde. An ihn und die anderen Opfer des Holocaust müsse erinnert werden, betonte Herrich. »Wir müssen dafür sorgen, dass ihre Geschichten und ihre Schicksale nicht in Vergessenheit geraten. Denn sie erinnern uns daran, wofür wir als Menschen einstehen sollten: Freiheit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit.«

verantwortung Für die Mitglieder der Hertha-BSC-Familie bestehe zudem eine Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft und Gesellschaft. »Wir haben uns dafür einzusetzen, dass für uns bedeutsame Werte wie Toleranz, Respekt und Solidarität in unserer Gesellschaft gelebt werden.« Gemeinsam mit WJC-Repräsentantin Bella Zchwiraschwili legte Herrich zwei Kränze nieder, Hertha-Fan Roy Frydling, der das jüdische Leben in Deutschland unterstützt, sprach das Kaddisch.

Das gemeinsame Erinnern galt einem Mann, mit dem Hertha BSC 1930 und 1931 die Deutsche Meisterschaft gewann. Geboren wurde Horwitz am 27. Dezember 1885 in der heutigen Kollwitzstraße 57 im damals noch jungen Stadtteil Prenzlauer Berg. Er studierte an der Friedrich-Wilhelms-Universität Medizin und promovierte 1920 mit einer Arbeit über Lungen- und Kehlkopftuberkulose. Seit 1924 war Horwitz Mitglied bei Hertha BSC. Im selben Jahr wurde er Mitglied des in Berlin gegründeten »Deutschen Ärztebundes zur Förderung der Leibesübungen«.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Hans Ziller schrieb Horwitz das Buch Die Sportmassage, dessen Ansätze den späteren Hertha-Spielern helfen sollten, wieder in Form zu kommen. Und es muss ihm gelungen sein, denn ihm wurde sogar ein Lied gewidmet, in dem es heißt: »Dr. Horwitz, unser Eisenbart (…), gar wundersame Mittel hat (…), er schaut uns an mit tiefem Blick (…), schon zieht die Krankheit sich zurück (…)«

Zu finden ist dieser Reim übrigens in dem Buch Dr. Hermann Horwitz. Eine Spurensuche, das eine Gruppe von Hertha-Fans gemeinsam mit der Fanbetreuung und der Sportjugend Berlin zum Leben des Sportmediziners recherchiert hat. Dank dieses Fanprojektes konnte eine vorhandene Leerstelle über das Leben des Jungen vom Prenzlauer Berg endgültig geschlossen und das Erinnern an seine Bedeutung für Hertha aufrechterhalten werden. cw/kat

»Dr. Hermann Horwitz – Eine Spurensuche« ist im Herthashop erhältlich.
https://www.herthashop.de/fanwelt/zuhause/wohnen/1283/buch-dr.-hermann-horwitz-eine-spurensuch

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Touro University vergibt erstmals »Seid Menschen«-Stipendium

Die Touro University Berlin erinnert mit einem neu geschaffenen Stipendium an die Schoa-Überlebende Margot Friedländer

 12.11.2025

Jubiläum

»Eine Zierde der Stadt«: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in Berlin eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin eingeweiht. Am Dienstag würdigt dies ein Festakt

von Gregor Krumpholz, Nina Schmedding  11.11.2025