Norderstedt

Der Heimat treu

Autor Moshe Becker und Fotografin Oranit Ben Zimra präsentieren ihre Arbeiten. Foto: Heike Linde-Lembke

Josefa Bar-On schließt die Augen, als die Fotografin Oranit Ben Zimra sie fotografieren möchte. Josefa Bar-On ist eine Jekke, eine deutsche Jüdin. Sie ist vor dem Rassenwahn des NS-Regimes nach Eretz Israel geflohen. Auf ihre Herkunft angesprochen, scheint Josefa Bar-On wieder dort zu sein, wo sie geboren wurde, 1923 in Berlin.

22 Porträts zeigt die Ausstellung Jekkes in Israel im Stadtmuseum Norderstedt, ein Beitrag des Kulturvereins Chaverim – Freundschaft mit Israel, des Kulturamts und des Stadtmuseums Norderstedt zum Festjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«. Der Verein schickt auch die Jekkes-Schau quer durch Deutschland.

begegnung »Die Ausstellung entstand durch die persönliche Begegnung der Fotografin Oranit Ben Zimra und dem Autor Moshe Becker mit den porträtierten Jekkes«, sagte Regina Plaßwilm, Geschäftsführerin des Vereins »321–2021«, bei der Vernissage. Ben Zimra und Becker hatten vom Verein den Auftrag erhalten, die deutschen Einwandererinnen und Einwanderer jetzt im Alter zu porträtieren.

Ben Zimra und Becker hatten vom Verein »321–2021« den Auftrag erhalten, die deutschen Einwanderer jetzt im Alter zu porträtieren.

»Wir haben tief in ihre Seelen geschaut, haben Tränen gesehen und die Sehnsucht nach der Kindheit in Deutschland«, sagen Ben Zimra und Becker. Immer stellten Ben Zimra und Becker zu den Porträt-Fotos eine Situation, die die Menschen und ihr heutiges Lebensumfeld, das von ihrer deutschen Kultur geprägt ist, charakterisiert, sei es ein Wohnzimmer voll Bücher, eine Wand mit Gemälden und Erinnerungsfotos, ein Silberlöffel oder eine Suppenterrine aus einem Deutschland vor der Schoa. Besonders berührend sind die Videos in der Ausstellung, für die die Jekkes ihre deutschen Kinderlieder sangen.

sprache Denn die Jekkes pflegten und pflegen nicht nur ihre Sprache, sie bewahren auch ihre deutsche Kultur. Bis heute. Sie siedelten sich hauptsächlich an der Mittelmeerküste an, von Tel Aviv über Herzliya, Haifa bis Naharija. Carmen Masurski, die Tochter des Gründers von Naharija, porträtierte Oranit Ben Zimra ebenfalls für ihre Fotostrecke. Carmen Masurski wurde 1929 in Berlin geboren und kam als Kleinkind von drei Monaten nach Eretz Israel.

Auf die Schwierigkeiten, auf die die deutschen Jüdinnen und Juden in Eretz Israel stießen, ging Esther Gardei ein, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin der Universität Bonn, die über die Jekkes forscht. »Es gibt viele Witze über die Jekkes«, sagte Esther Gardei. Doch rasch hätten die Israelis, die schon vor der Machtergreifung Hitlers in Eretz Israel lebten, gemerkt, dass die Neuankömmlinge mit ihrer Bildung und ihrem Organisationstalent, mit Umsicht, Zielstrebigkeit und Zuverlässigkeit den Aufbau eines Staates Israel maßgeblich voranbringen würden. 60.000 deutsche Jüdinnen und Juden wanderten von 1933 bis 1939 nach Israel ein.

Bis 20. Februar, mittwochs bis samstags 15 bis 18 Uhr, sonntags 11 bis 18 Uhr: »Jekkes in Israel«, Stadtmuseum Norderstedt, Friedrichsgaber Weg 290. Katalog: https://2021jlid.de

Interview

»Berlin ist zu meiner Realität geworden«

Die Filmemacherin Shoshana Simons über ihre Arbeit, das Schtetl und die Jüdische Kunstschule

von Pascal Beck  11.09.2025

München

Ein Fundament der Gemeinde

Die Restaurierung der Synagoge an der Reichenbachstraße ist abgeschlossen. In den Erinnerungen der Mitglieder hat das Haus einen besonderen Platz

von Luis Gruhler  11.09.2025

Dialog

Brücken statt Brüche

Eine neue große Tagung der Denkfabrik Schalom Aleikum widmet sich der digitalen Kommunikation in Krisenzeiten

 11.09.2025

Dialog

Freunde wie Berge

Juden und Kurden verbindet eine jahrtausendealte Freundschaft. Um ein Zeichen der Gemeinsamkeit zu senden und sich des gegenseitigen Rückhalts zu versichern, kamen sie nun auf Einladung der WerteInitiative in Berlin zusammen

von Katrin Richter  10.09.2025

Literatur

»Es wird viel gelacht bei uns«

Der Historiker Philipp Lenhard und die Schriftstellerin Dana von Suffrin über den von ihnen gegründeten Jüdischen Buchklub, vergessene Klassiker und neue Impulse

von Luis Gruhler  09.09.2025

Ausstellung

Lesen, Schreiben, Sehen, Handeln, Überleben

Im Literaturhaus München wird das Leben der amerikanischen Denkerin und Publizistin Susan Sontag gezeigt

von Ellen Presser  09.09.2025

München

Spur der heiligen Steine

Es war ein Sensationsfund: Bei Baumaßnahmen am Isarwehr wurden Überreste der früheren Hauptsynagoge entdeckt. Der Schatz wird nun vom Jüdischen Museum erforscht

von Michael Schleicher  07.09.2025

Dialog

Gemeinsam stark

Fatma Keser ist Mitbegründerin von »Pêk Koach – Jewish-Kurdish Women’s Alliance«. Der Frauenverein will jüdische und kurdische Perspektiven vermitteln

von Pascal Beck  07.09.2025

Fürth

Ruth Weiss ist gestorben

Sie engagierte sich ihr Leben lang gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit. Nun ist die in Franken geborene Schriftstellerin mit 101 Jahren gestorben

 05.09.2025 Aktualisiert