Sachsen

»Der Blick auf Antisemitismus ist ziemlich geschärft«

Die gesellschaftliche Aufmerksamkeit für Antisemitismus hat nach Ansicht der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinden in Sachsen, Nora Goldenbogen, zugenommen. Vor dem Hintergrund des noch immer ungeklärten Vorfalls um den jüdischen Musiker Gil Ofarim sagte Goldenbogen heute in Dresden: »Dass so eine große Empörung entstanden ist, als der Fall bekannt wurde, zeigt, dass der allgemeine Blick auf Antisemitismus doch ziemlich geschärft ist.«

Ofarim hatte Anfang Oktober Mitarbeiter eines Leipziger Hotels beschuldigt, ihn antisemitisch beleidigt zu haben. Der Fall ging viral. Die Ergebnisse eines Untersuchungsberichtes, den das Hotel in Auftrag gegeben hat, bestätigten Ofarims Aussagen nicht. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern an.

»Ich denke, es war nicht das Schlechteste, dass es so einen Aufschrei gab«, sagte Goldenbogen, »viel schlimmer wäre es gewesen, es hätte überhaupt niemanden gestört.« Jetzt müsse abgewartet werden, was an dem Fall dran ist.

»Es kann auch sein, dass er das Problem eines einzelnen Menschen ist«, sagte sie weiter. Schwierig sei allerdings: Der Fall gebe Wasser auf die Mühlen derer, die Antisemitismus leugnen. »Deshalb hat jede Jüdin und jeder Jude eine Verantwortung, mit diesem Thema ganz bewusst umzugehen und es nicht zu verschleiern«, sagte Goldenbogen.

Zugleich beklagte die Vorsitzende die nach ihren Aussagen noch immer verbreiteten falschen Vorstellungen über Menschen jüdischen Glaubens, die auch nicht hinterfragt würden. »Wo Einstellungen und Auffassungen über jüdisches Leben formuliert werden, die so nicht stimmen, muss widersprochen werden«, sagte Goldenbogen.

Den Bau der Neuen Synagoge in Dresden nach 1990 bezeichnet Goldenbogen als Erfolgsgeschichte. Die Weihe des Gebäudes 2001 sei ein Aufbruch für das Judentum gewesen. In den vergangenen 20 Jahren hätten sich Synagoge und Gemeindezentrum zu einem Anziehungspunkt für das öffentliche Leben entwickelt.

Getrübt werde ihr durchaus positives Fazit von dem Anschlag auf die Synagoge in Halle 2019. Der Angriff auf jüdische Menschen sei eine Zäsur in der Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen. »Wir haben in Dresden nach der Synagogen-Weihe immer gesagt, wir wollen ein offenes Haus sein. Nun müssen wir aber viel stärker über Sicherheitsvorkehrungen nachdenken. Das sind wir unseren Gemeindemitgliedern auch schuldig«, sagte Goldenbogen. epd

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