Schlechte Noten

»Davon geht die Welt nicht unter«

Noga Hartmann Foto: Noga Hartmann

Frau Hartmann, haben es jüdische Schüler schwer mit ihren Eltern? Erwarten die immer Top-Leistungen und gute Noten?
Ja, für viele jüdische Kinder ist das schlimmer als für andere. Es gibt aber einen Ausgleich: Jüdische Eltern sind sehr leistungsorientiert, aber sie sind auch sehr unterstützend. Und wenn ein Kind schlechte Noten hat, versuchen sie, es zu motivieren, damit es beim nächsten Mal besser läuft.

Die großen Ferien beginnen. Was raten Sie Kindern, die schlechte Zeugnisse haben? Sollen sie in den Sommerferien Nachhilfeunterricht nehmen?
Davon raten wir entschieden ab. Es muss auch Erholungspausen für die Kinder geben. Zu viel Druck nützt nichts, weil die Kinder dann anfangen, dicht zu machen.

Erwarten jüdische Eltern grundsätzlich, dass ihre Kinder nach der Grundschule aufs Gymnasium wechseln?
Ja, das ist die Erwartung. Wir planen in Frankfurt am Main an der Lichtigfeld-Schule gerade eine gymnasiale Oberstufe. Leider gibt es in Deutschland nicht genügend jüdische Schüler, um auch jüdische Real- oder Hauptschulen zu gründen. Deswegen haben wir uns nur für die Schulform Gymnasium entschieden, aber mit einem breiten Förderprogramm und Hortangebot.

Es gibt doch auch jüdische Kinder, die eher handwerklich begabt sind. Oder die einfach nicht gerne lernen. Müssen die alle Abitur machen?
Natürlich haben wir auch Kinder, die in der vierten Klasse eine Realschulempfehlung bekommen. Viele werden dann aber in der 5. und 6. Klasse so stark gefördert, dass sie doch ein Gymnasium besuchen können.

Und wenn es trotzdem nicht passt?
Für uns als jüdische Schule ist das sehr traurig, denn wir möchten gerne alle Schüler behalten. Wir beraten dann Eltern und Kinder, welche Schule die beste für sie wäre.

Wie erklären Sie einem Kind, dass es eine Klasse wiederholen muss?
Wir nehmen uns sehr viel Zeit für Gespräche mit den Kindern und mit den Eltern. Manchmal kommen auch Eltern zu uns und sagen: »Ich merke, mein Kind schafft das nicht.« Dann überlegen wir, welche Klasse für das Kind passen könnte, und wo es neue Freundschaften schließen kann. Den Kindern sage ich: Traut euch zu sagen, was euch auf dem Herzen liegt. Und habt den Mut, etwas Neues auszuprobieren.

Können Sie ein Beispiel nennen?
Ja, einmal habe ich mit einem Kind gesprochen, das keine Gymnasialempfehlung bekommen hat und deshalb eine Klasse wiederholen sollte. Das Kind war richtig entlastet, weil es das Gefühl hatte: »Ich bekomme Zeit geschenkt, ich habe eine neue Chance.« In der neuen Klasse war dieses Kind viel selbstbewusster, es hat auch neue Freundschaften geschlossen. Und inzwischen sind seine Noten so gut, dass es doch eine Empfehlung für das Gymnasium bekommen hat. Übrigens geht die Welt nicht unter, wenn man mal eine Fünf schreibt. Deshalb ist man doch auf keinen Fall ein schlechter Mensch.

Mit der Leiterin der I. E. Lichtigfeld-Schule in Frankfurt am Main sprach Ayala Goldmann.

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Touro University vergibt erstmals »Seid Menschen«-Stipendium

Die Touro University Berlin erinnert mit einem neu geschaffenen Stipendium an die Schoa-Überlebende Margot Friedländer

 12.11.2025

Jubiläum

»Eine Zierde der Stadt«: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in Berlin eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin eingeweiht. Am Dienstag würdigt dies ein Festakt

von Gregor Krumpholz, Nina Schmedding  11.11.2025