Berlin

Chasanut der Neuen Welt

Tritt am Freitag bei der Wiedereröffnung der Synagoge Pestalozzistraße auf: das Synagogal Ensemble Berlin Foto: Rolf Walter

Noch vor einigen Jahren hätte niemand ernsthaft daran geglaubt, dass sich ein Festival in Deutschland etablieren könnte, bei dem Chöre aus aller Welt synagogale Musik aufführen. Das Louis-Lewandowski-Festival findet nun schon zum vierten Mal statt – der Erfolg gibt der Konzertreihe recht.

Thema in diesem Jahr sind Werke von jüdischen Komponisten aus den USA – daher das Motto »Star & Stripes«, womit einerseits der Davidstern und andererseits die Streifen auf der US-Flagge gemeint sind. Die Musik stammt von geflohenen Musikern, die in Louis Lewandowskis Tradition in der Neuen Welt weiterarbeiteten. Darunter nicht nur berühmte Komponisten wie Kurt Weill, sondern auch Namen, die nur Eingeweihten bekannt sind: Samuel Adler etwa oder Heinrich Shalit.

vielfältig Sieben Chöre treten vom 19. bis zum 21. Dezember in verschiedenen Synagogen und Kirchen in der Hauptstadt auf, um sich schließlich für das große Abschlusskonzert in der Synagoge Rykestraße zu vereinigen. Darunter gibt es einen Chor, der schon einmal beim Festival zu Gast war: der Zamir Chorale of Boston. Newcomer sind die übrigen Gäste wie Coro Ha-Kol aus Rom, das Ensemble Vocal Hébraica de Strasbourg und der israelische Amakim Choir.

Ein Heimspiel wird das Synagogal Ensemble Berlin unter der Leitung von Regina Yantian bestreiten. Der Chor tritt anlässlich der Wiedereröffnung der Synagoge Pestalozzistraße am 19. Dezember auf. Genau rechtzeitig zum Festival wird auch seine neue CD »Berlin Goes Jerusalem« fertig sein. Sie enthält den Live-Mitschnitt eines Konzertes in der Hebräischen Universität, das letztes Jahr im Rahmen der Israel-Tournee aufgezeichnet wurde.

Doch das Lewandowski-Festival besteht nicht nur aus Konzerten, sondern ist eingebettet in ein umfangreiches, wenngleich inoffizielles Begleitprogramm, mit dem sich Festivalchef Nils Busch-Petersen als Gastgeber einmal mehr übertroffen hat. Die Chorsänger sollen nicht einfach nur in Berlin auftreten und wieder heimfahren, sondern sie sollen die Stimmung der Hauptstadt aufsaugen. »Am Freitag gibt es eine Stadtrundfahrt, die auch auf dem Friedhof Weißensee haltmacht. Genau dort also, wo Lewandowski einst beigesetzt wurde. Für viele Sänger dürfte das ein emotionaler Höhepunkt der Reise werden«, erklärt Busch-Petersen.

»pickepackevoll« Der Festivalchef befürchtet, dass die Sänger anschließend schwer loszueisen sein werden, doch der Terminplan sei »pickepackevoll«: Erst wird die Eröffnung der Synagoge Pestalozzistraße gefeiert, dann gibt es das Chorkonzert, und gleich danach ist Schabbat. »Und hinterher wird im Hotel dann noch Kabbalat Schabbat gehalten.«

Die Fokussierung auf Chor-Komponisten aus den USA ergab sich aus den Programmen der vergangenen Jahre. Konzentrierte sich das erst Festival noch auf Louis Lewandowski und sein Repertoire, so ging es im Jahr darauf bereits um das Dreigestirn Lewandowski-Naumburg-Sulzer, womit zwei Zeitgenossen des Gottesdienst-Reformers miteinbezogen wurden. Das dritte Jahr hingegen lief im Rahmen der viel beachteten Gedenkreihe »Zerstörte Vielfalt«, mit der an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert wurde.

Und da sich die Macher des Lewandowski-Festivals des wiederkehrenden Erfolges gewiss sein dürfen, können sie schon für das nächste Jahr planen. Dann nämlich geht der Blick in die Alte Welt zurück – nach Osteuropa.

www.louis-lewandowski-festival.de

Antisemitismusverdacht

Ermittlung wegen Plakat »Juden haben hier Hausverbot« läuft

Ein antisemitischer Aushang in einem Flensburger Geschäft sorgt für Entsetzen. Politiker und Bürger reagieren deutlich. Die Staatsanwaltschaft schaltet sich ein

 18.09.2025

Nürnberg

Annäherung nach Streit um Menschenrechtspreis-Verleihung

Die Israelitische Kultusgemeinde hatte den diesjährigen Träger des Nürnberger Menschenrechtspreises nach Bekanntgabe des Juryvotums kritisiert. Nach Gesprächen gibt es nun offenbar eine Verständigung

 18.09.2025

Berlin

Zwölf Rabbiner blasen das Schofar

Die Jüdische Gemeinde Chabad Berlin lud zum Neujahrsempfang. Zu Gast war auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner

von Detlef David Kauschke  18.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Berlin

Zentralrat der Juden begeht sein 75. Jubiläum

Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden lud zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft nach Berlin. Der Bundeskanzler hielt die Festrede

von Imanuel Marcus  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025