Gescher

Brücken bilden

Jerusalem als Symbol: »Gescher« wird auch hier Station machen und über den Status der Stadt sprechen. Foto: Thinkstock

Etwa 30 junge Juden werden im September nach Israel reisen. Wer sie sein werden, stellt sich erst in diesen Tagen heraus. Denn für das Programm mit hochkarätigen Gesprächspartnern können sich Interessenten beim Zentralrat der Juden in Deutschland bewerben. Angesprochen sind 20- bis 35-Jährige, die bereits jetzt schon haupt- oder ehrenamtlich in den jüdischen Gemeinden aktiv sind oder noch aktiver werden wollen. So spielt neben Lebenslauf und Motivationsschreiben auch die Beurteilung der Gemeinde eine wesentliche Rolle dabei, ob der Kandidat oder die Kandidatin auf Reisen gehen wird.

Der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, Daniel Botmann, ist sehr zuversichtlich, »dass dies eine spannende Geschichte werden wird«. Die Idee hinter diesem dreiteiligen Projekt des Zentralrats – Vor- und Nachbereitungstreffen sowie Reise – ist es, jungen Juden Israels Staat, Land und Leute näherzubringen. »Gescher« heißt das Projekt, und so sollen nicht nur neue Brücken gebaut, sie sollen, um im Bild zu bleiben, auch renoviert, gepflegt und verstärkt werden.

Verbindung »Nach der Schoa gab es aus bekannten Gründen eine besondere ideelle Bindung jüdischer Gemeinden in Deutschland zu Israel«, erklärt Botmann. »Wenn wir wollen, dass die bestehende starke Verbindung zu Israel in Zukunft weiter so vorhanden ist, müssen wir unseren Beitrag dazu leisten. Man soll ja nicht nur übereinander reden, sondern es geht auch darum, Israel hautnah kennenzulernen.« Es gelte, diese Verbindung auf einem hohen Niveau aufrechtzuerhalten, auch und gerade für die junge Generation, den Entscheidern von morgen.

Das Reiseprogramm führt die Gruppe daher auch an neuralgische Orte, Brennpunkte, die auch in den deutschen Medien thematisiert werden, sei es, wenn es um den Status von Ostjerusalem, die grüne Grenze oder auch den Grenzzaun zu den Palästinensergebieten geht. Das Programm sieht Treffen mit Politikern, Vertretern gesellschaftlicher Gruppen, Journalisten wie dem langjährigen ARD-Nahostkorrespondenten Richard Chaim Schneider und Mitgliedern des israelischen Parlaments vor. Für alles, was mit der Reiselogistik zu tun hat, arbeitet der Stab des Zentralrats mit einer Touristikagentur in Israel zusammen.

Hinzu kommen Besuche in sozialen Einrichtungen. »In der Nachkriegshistorie bildeten soziale Projekte gewissermaßen die Kernbereiche der Verbindung von jüdischen Gemeinden in Deutschland und Israel. Die Kooperation war vor allem auf soziale Projekte gerichtet«, sagt Botmann. Nun wolle man sehen, wie sie sich entwickelt haben. Auf dem Programm stehen sowohl Besichtigungen von Altersheimen, Einrichtungen, die von der World Zionist Organization (WZO) unterstützt werden, wie auch Umweltprojekte des Israelischen Nationalfonds Keren Kayemeth LeIsrael (KKL) oder Keren Hayesod (KH). Zudem wird die Gruppe auf die Suche nach Spuren der jüdischen Gemeinschaft aus Deutschland in Israel gehen.

Empathie Es geht darum, jungen jüdischen zukünftigen Funktionsträgern Wissen, ein Gefühl und Empathie für Israel zu vermitteln. Für den Geschäftsführer ist dabei auch das Treffen mit israelischen Politikern interessant. »Für uns ist natürlich spannend, wie israelische Politiker mit dem Nachwuchs der jüdischen Gemeinden diskutieren werden.« Wie wird eine Zusammenarbeit möglich sein, und welche Konzepte wird man für die Zukunft entwickeln können? Dieser Thematik soll sich dann verstärkt das Nachbereitungsseminar im Frühjahr nächsten Jahres widmen.

Generell lasse sich das Programm von »Gescher« kaum mit anderen Kongressen oder Seminaren, die sich mit dem deutsch-jüdisch-israelischen Verhältnis beschäftigen, vergleichen. Diese richteten sich vor allem auch an ein nichtjüdisches Publikum. »Gescher« ist ein rein jüdisches Programm, das in diesem Jahr erstmals stattfinden wird. »Hier sollen zukünftige Führungskräfte geschult werden«, betont Botmann. Dabei dürften auch die Geschichte und die Nachkriegsgeschichte nicht vergessen werden.

Finanzierung Um das Projekt verwirklichen zu können, hat der Zentralrat die Jewish Agency und das in New York beheimatete weltweite Netzwerk »Genesis Philanthropy Group« ins Boot geholt. Sie unterstützen das Projekt ideell, vor allem aber finanziell. Denn mit nur 450 Euro für Vor- und Nachbereitung sowie eine achttägige Reise ist jeder dabei. Und wer alle drei Elemente absolviert, bekommt auch noch 150 Euro zurückerstattet. Ohne die Unterstützung von Jewish Agency und Genesis könnte der Zentralrat der Juden dieses Angebot kaum machen.

Ob es einmalig bleiben wird oder eine Wiederholung erfährt, wird wesentlich vom Gelingen der jetzigen Veranstaltung abhängen. Am 26. und 27. Juni geht es in Berlin mit dem Vorbereitungsseminar los. Vom 18. bis 25. September steht dann die Israelreise an. Bewerbungen sind noch bis zum 5. Juni möglich.

gescher@zentralratderjuden.de

Lesung

Ein zeitgenössisches Märchen

Der niederländische Schriftsteller Leon de Winter stellte im Literaturhaus seinen neuen Roman »Stadt der Hunde« vor

von Luis Gruhler  16.06.2025

Urteil

Sicherungsverwahrung nach Brandanschlag auf Oldenburger Synagoge

Der Mann hatte die Tat eingeräumt und von »Stimmen« berichtet, die ihn zu dem Brandanschlag aufgefordert hatten

von Jörg Nielsen  16.06.2025

Thüringen

Gebete im »Salon Goethe«

Rund 130 Menschen kamen zum Schabbaton der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin nach Weimar

 16.06.2025

Berlin

Unter die Haut

Der Künstler Gabriel Wolff malt, formt und tätowiert »jüdische Identität

von Alicia Rust  15.06.2025

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025