Margot Friedländer hätte sich bestimmt sehr gefreut. Das Hans-Carossa-Gymnasium in Kladow hat offiziell die Umbenennung der Schule zur Margot-Friedländer-Schule bei der gleichnamigen Stiftung beantragt. Bereits zu Lebzeiten hatte Friedländer dem ausdrücklich zugestimmt. »Sie hat uns gesagt, dass sie sich geehrt fühlen würde, wenn wir unsere Schule nach ihr benennen würden«, so Schulleiter Henning Roßbühl.
Die im Mai im Alter von 103 Jahren verstorbene gebürtige Berlinerin und Holocaust-Überlebende hatte sich bis zuletzt ihrer Arbeit mit Jugendlichen verschrieben. Im Rahmen ihres Ehrenamts bestand ein langjähriger Austausch mit dem Ganztagsgymnasium, das sie mehr als ein Dutzend Mal aufgesucht hatte. »Es hat einen sehr engen Austausch zwischen unserer Schule und Frau Friedländer gegeben«, bestätigt Marlin S., die bis vergangenes Jahr Schülersprecherin war und die sich entsprechend für das Anliegen der Umbenennung engagiert.
»Margot Friedländer ist für mich ein Vorbild für die Schule, ihr Name steht für Menschlichkeit.«
Friedländer habe regelmäßig mit den Schülern diskutiert. Auch aus ihrem Buch habe sie gelesen, und eine Delegation der Schule habe die Zeitzeugin sogar in ihrer Wohnung besuchen dürfen. »Das war eine ganz große Ehre für unsere Schule«, erinnert sich die Schülerin.
Der Umbenennung war eine jahrelange Diskussion an der Schule vorausgegangen. Zwei Versuche waren fehlgeschlagen, was auch daran gelegen haben mag, dass der neue Name unter Verschluss gehalten worden war. Dementsprechend habe es Missverständnisse gegeben, sagt Marlin S. Diesmal sei der Antrag auf breite Zustimmung gestoßen.
»Wir brauchen einen Namen, an dem sich die Kinder und Jugendlichen orientieren können«, sagt Schulleiter Hennig Rußbühl. »Margot Friedländer ist für mich ein Vorbild für die Schule, ihr Name steht für Menschlichkeit.« Das sei beim gegenwärtigen Namensträger Hans Carossa nicht der Fall. Eine Verbindung des am 12. September 1956 in Rittsteig bei Passau geborenen Lyrikers zum Nationalsozialismus sei nicht ganz von der Hand weisen. Der schreibende Mediziner wurde vom NS-Regime gefördert, von Hitler sogar auf die »Gottbegnadetenliste« gesetzt, was seine Relevanz für das NS-Regime verdeutlicht, wenngleich er auch den Begriff der »inneren Emigration« geprägt hatte.
»Als Schulleiter muss ich fragen: Ist der Name für unsere Schule noch tragbar?«, so Roßbühl. Den Vorwurf der sogenannten Cancel Culture lässt der Schulleiter nicht gelten. Das fünfzügige Gymnasium, das als einziges in Berlin die Inklusion von geistig behinderten Schülern betreibe, stehe wie Friedländer für den unbedingten Glauben an die Demokratie.
In wenigen Tagen wird mit einer Entscheidung der Margot Friedländer Stiftung gerechnet.