Sicherheit

Besuch aus Eichstätt

Charlotte Knobloch mit Manfred Gigl Foto: Andreas Gregor

Die Auszubildenden der Bereitschaftspolizei Eichstätt besuchten im Rahmen eines Seminars am Donnerstag vergangener Woche die Israelitische Kultusgemeinde. Sie wurden von Ellen Presser, der Leiterin der Kulturabteilung, durch die Ohel-Jakob-Synagoge geführt, bekamen die jüdischen Speisegesetze erklärt und erfuhren von dem Ursprung der Redensart »unter die Haube bringen«. Im Anschluss trafen sie die IKG-Präsidentin und Holocaust-Überlebende Charlotte Knobloch zu einer Fragerunde im Hubert-Burda-Saal.

»In meiner Kindheit habe ich die Polizei anders erlebt«, sagte Knobloch, die 1932 in München geboren wurde. Als sie sich unter falscher Identität in Franken vor den Nazis verstecken musste, durfte sie niemandem erzählen, wer sie wirklich war. Schon als Kind habe sie gelernt, auf die Straße zu wechseln, wenn ihr auf dem Bürgersteig Polizisten entgegenkamen.

nazizeit Nach der sogenannten Machtergreifung 1933 hatten die Nazis schnell die Polizei in München vereinnahmt. Jedoch hatten die nationalistischen und antisemitischen Tendenzen schon früher begonnen. Zwar wurde etwa der Putschversuch 1923 von Münchner Beamten niedergeschlagen. Wäre er jedoch geglückt, wäre der damalige Polizeipräsident Ernst Pöhner Ministerpräsident von Bayern geworden.

Während der Nazizeit bedeutete die Polizei stets eine Bedrohung für die jüdische Bevölkerung. Heute hingegen sorgen Personenschützer aus den Reihen der Beamten für die Sicherheit Charlotte Knob­lochs. Die Beamtinnen und Beamten in Ausbildung waren eingeladen, ihre Fragen zu dem teils kontroversen Thema direkt an die IKG-Präsidentin zu stellen.

Ein Beamter in Ausbildung will wissen, ob sich Charlotte Knobloch trotz Polizeischutz schon einmal unsicher gefühlt habe.

»Es ist etwas anderes, die Antworten von jemandem zu hören, der das selbst erlebt hat«, sagt Mira. Die 18-Jährige wollte schon als Kind Polizistin werden und ist eine der Jüngsten aus dem ersten Ausbildungsjahr. Mit etwa 130 angehenden Polizistinnen und Polizisten ist sie in die Gemeinde gekommen. »Es ist ein gutes Gefühl, beruflich für Sicherheit zu sorgen«, sagt der 21-jährige Patrick über seinen Wunsch, Polizist zu werden.

Ein Beamter in Ausbildung will wissen, ob sich Charlotte Knobloch trotz Polizeischutz schon einmal unsicher gefühlt habe, was sie jedoch ausdrücklich verneint. Beunruhigt hätten sie hingegen Berichte über einen ehemaligen Polizisten, der in der Vergangenheit für ihren Schutz eingesetzt war und der wegen antisemitischer und rassistischer Aussagen in Chatgruppen vor dem Verwaltungsgericht München landete. Zuvor war der Mann bereits vom Dienst suspendiert worden.

alltag »Von meiner Familie wird mir gelegentlich vorgeworfen, dass ich meinen Blick häufig Richtung Boden gesenkt habe«, fügt Charlotte Knobloch im Zusammenhang mit der Frage nach ihrem Alltag, umgeben von Personenschützern, weiter aus. Das würde sie tun, um nicht mit allen Menschen, denen sie auf der Straße begegnet, Augenkontakt zu haben. Nicht jeder sei ihr wohlgesonnen, und damit entgehe sie leichter schwierigen Situationen.

Veranstaltungen wie die in der Kultusgemeinde seien in seiner Schulzeit in den 70er-Jahren undenkbar gewesen, erzählt Polizeidirektor Manfred Gigl, der das Gespräch mit Charlotte Knobloch moderierte. In seinem Geschichtsunterricht seien die Themen Zweiter Weltkrieg und Nationalsozialismus systematisch ausgeklammert worden. Dabei seien sie so wichtig.

Berlin

Unter die Haut

Der Künstler Gabriel Wolff malt, formt und tätowiert »jüdische Identität

von Alicia Rust  15.06.2025

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025