Hannover

Bestürzung und tiefe Trauer

Rabbiner Benjamin Wolff sel. A. Foto: pr

Hannover

Bestürzung und tiefe Trauer

Chabad-Rabbiner Benjamin Wolff starb mit 43 Jahren und hinterlässt Frau und acht Kinder

von Michael Thaidigsmann  30.04.2020 09:29 Uhr

Rabbiner Benjamin Wolff, der Gesandte der Chabad-Lubawitsch-Bewegung in Hannover, ist tot. Er starb am Wochen­ende im Alter von nur 43 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit. 2005 hatte Wolff das jüdische Bildungszentrum in der niedersächsischen Landeshauptstadt gegründet. Er war außerdem langjähriges Mitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz in Deutschland.

Bis 9.30 Uhr am Mittwochmorgen waren mehr als eine Million Euro eingegangen.

Eine Solidaritätskampagne für die Angehörigen des Verstorbenen spielte schon binnen weniger Tage Hunderttausende Euro ein. Auf der Internet-Plattform Charidy.com wurde unter dem Motto »Wir lassen die Familie Wolff in Hannover nicht allein« zu Spenden aufgerufen.

Bis 9.30 Uhr am Morgen des 29. April waren dort bereits mehr als eine Million Euro eingegangen. Ziel der Aktion war es, eine Million Euro zu erreichen, um der Familie zu helfen. Mittlerweile wurde das Spenden­ziel auf 1,5 Millionen angehoben.

Angehörige Neben seiner Frau Shterna hinterlässt Wolff acht noch minderjährige Kinder. »Rabbiner Wolff hat, gemeinsam mit seiner Familie, in Hannover eine lebendige jüdische Gemeinschaft aufgebaut, das Haus der Familie ist das Leuchtfeuer für alle Juden in Hannover und Umgebung, diese Mission muss fortgesetzt werden. Die Kinder von Rabbiner Wolff sollen nicht alleingelassen werden bei ihrer Aufgabe in Deutschland. Chassidim sind eine Familie«, heißt es im Spendenaufruf.

Zentralratspräsident Josef Schuster sprach der Familie sein Beileid aus.

Wolffs Tod erweckt große Anteilnahme, auch außerhalb der chassidischen Gemeinschaft. Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sprach der Familie sein Beileid aus. Man sei in Gedanken bei ihr, sagte Schuster.

ORD Auch die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland würdigte den Verstorbenen. »Erschrocken und traurig haben wir die erschütternde Nachricht über unseren Freund erfahren. Seine freundliche Art und sein strahlendes Gesicht haben jeden beeindruckt. Wir drücken unser aufrichtiges Beileid aus an Rebbetzin Shterna und ihre acht Kinder. Möge er ein guter Fürsprecher für seine Familie und ganz Israel sein«, erklärten die Rabbiner Avichai Apel, Shlomo Bistritzky, Zsolt Balla und Yehuda Pushkin.

Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay würdigte Benjamin Wolff als »eine zentrale Persönlichkeit der jüdischen Gemeindearbeit«.

Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay zeigte sich ebenfalls tief bestürzt. »Benjamin Wolff war eine zentrale Persönlichkeit der jüdischen Gemeindearbeit und des jüdischen Glaubens in Hannover. Er hatte großen Anteil am Wiedererstarken des jüdischen Lebens in unserer Stadt. Die öffentliche Chanukkafeier auf dem Opernplatz mit dem Entzünden des Chanukkaleuchters ist und bleibt unmittelbar mit seinem Namen verbunden. Sein plötzlicher und tragischer Tod ist ein großer Verlust nicht nur für die jüdische Gemeinschaft, sondern auch für die gesamte Stadt«, betonte Onay.

Todesursache Über die Todesursache wurde zunächst nichts bekannt. Rabbiner Wolff erkrankte bereits Anfang April schwer und wurde kurz darauf ins Klinikum der Medizinischen Hochschule Hannover eingeliefert.

Berichte, er habe sich mit dem Coronavirus infiziert, dementierte die Hochschule aber. Es habe bei dem Patienten keinen positiven Nachweis auf eine Covid-19-Erkrankung gegeben.

Gefragt, wo ihr Mann beerdigt werden solle, hatte Wolffs Frau Shterna sogleich geantwortet: »Hier in Deutschland, hier sind wir, dies ist unsere Verpflichtung, und Hannover wird immer bleiben«, berichtet der Berliner Rabbiner Yehuda Teichtal. Wolff wurde noch am Sonntag auf dem jüdischen Friedhof in Hannover-Bothfeld beigesetzt.

Solidarität

»Sie haben uns ihr Heim und ihre Herzen geöffnet«

Noch immer gibt es keinen regulären Flugbetrieb nach Israel. Wir haben mit Israelis gesprochen, die in Deutschland gestrandet sind. Wie helfen ihnen die jüdischen Gemeinden vor Ort?

von Helmut Kuhn  gestern, 15:22 Uhr

Meinung

Mannheim: Es werden bessere Tage kommen

Wegen Sicherheitsbedenken musste die jüdische Gemeinde ihre Teilnahme an der »Meile der Religionen« absagen. Die Juden der Stadt müssen die Hoffnung aber nicht aufgeben

von Amnon Seelig  25.06.2025

Frankfurt

Lust auf jüdisches Wissen

Die traditionsreiche Jeschurun-Religionsschule ist bereit für die Zukunft

von Eugen El  23.06.2025

Interview

»Jeder hilft jedem«

Eliya Kraus über schnelle Hilfe von »Zusammen Frankfurt« und mentale Unterstützung

von Katrin Richter  23.06.2025

Leipzig

Tausende Gäste bei Jüdischer Woche

Veranstalter waren die Stadt Leipzig in Kooperation mit dem Ariowitsch-Haus

 23.06.2025

Berlin

Eine Erfolgsgeschichte

Jubiläum: Die Jüdische Traditionsschule Berlin feiert 20-jähriges Bestehen – ein Blick zurück

von Detlef David Kauschke  23.06.2025

NRW

Fenster in die Gemeinden

Ein Marathon: Die Jüdischen Kulturtage Rhein-Ruhr bieten mehr als 80 Veranstaltungen in zehn Städten

von Helmut Kuhn  23.06.2025

Taglit

Zehn Tage, die bleiben

Vor 25 Jahren wurde die Organisation, die junge Leute nach Israel bringt, gegründet. In »Clärchens Ballhaus« wurde gefeiert

von Katrin Richter  22.06.2025

München

Vor dem Vergessen bewahren

Experten diskutierten die Frage, inwiefern die biografische Forschung neue Perspektiven auf jüdische Geschichte und Kultur eröffnet

von Luis Gruhler  21.06.2025