Ruppichteroth

Begegnungsstätte und Lehrhaus

Die ehemalige Synagoge in Ruppichteroth Foto: Wolfgang Eilmes

Es ist eher dem Zufall geschuldet, dass die kleine Synagoge in dem bergischen Ort Ruppichteroth bei der Pogromnacht im November 1938 nicht völlig zerstört wurde. Nicht einmal drei Dutzend Jüdinnen und Juden zählte die Kehilla damals.

Melitta Hess, ihre drei Kinder und die Schwiegermutter wurden sogar vor das brennende Gebäude gestellt, damit die SS Fotos von sich und ihrer Tat machen konnte, berichtet der Heimatforscher Wolfgang Eilmes, der auf www.bilderbuch-ruppichteroth.de die Geschichte des jüdischen Lebens in Ruppichteroth aufgeschrieben hat. Die Familie Hess konnte später in die USA fliehen und berichtete Eilmes davon, als er sie 2018 in ihrer neuen Heimat New York besuchte.

grauwacke Das zweigeschossige Gebäude aus Grauwacke, das im Juni 1921 als Synagoge geweiht worden war, trotzte den Flammen. 1939 ging der nicht komplett ausgebrannte Bau in den Besitz eines ortsansässigen Landwirts über, der versprach, ihn abzureißen. Später wurde er als Wohnhaus aus- und umgebaut.

Die ehemalige Synagoge in Ruppichteroth ist heute das einzige historisch-jüdische Gebäude aus der Vor-Nazi-Zeit in der Region Rhein-Sieg, das noch erhalten geblieben ist, wie Wolfgang Eilmes betont. Seit Jahren gibt es Bestrebungen, der jüdischen Opfer an einem angemessenen Ort zu gedenken. Inzwischen sind 13 Stolpersteine im Gedenken an die Ermordeten verlegt worden, weitere 13 sollen noch in diesem Jahr folgen.

Schon vor mehr als 200 Jahren lebten in der Gemeinde Ruppichteroth Juden, namentlich wird der erste jüdische Bewohner 1807 erwähnt.

Als das Gebäude 2019 zum Verkauf stand, beschloss der Gemeinderat aller Ratsmitglieder, den Forderungen engagierter Bürger zu folgen und es zu erwerben. »Der Rat hat einmütig dafür gestimmt«, betont der Ehrenbürgermeister Ludwig Neuber im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. Ein Kreisverkehr in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Gemeindezentrums wurde inzwischen in Synagogenplatz umbenannt. Bei einer Feierstunde wurde im selben Jahr auch eine Gedenktafel errichtet, die an die kleine Gemeinde erinnern soll.

archive Schon vor mehr als 200 Jahren lebten in der Gemeinde Ruppichteroth Juden, namentlich wird der erste jüdische Bewohner 1807 erwähnt. 1933, so recherchierte Eilmes in den Archiven, wohnten 42 Jüdinnen und Juden in der Gemeinde im Rhein-Sieg-Kreis. Von den zwischen 1933 und 1942 in Ruppichteroth registrierten jüdischen Einwohnerinnen und Einwohnern wurden 23 deportiert und ermordet, 16 Personen flohen in die USA, eine nach Palästina. »Sieben Personen starben in dieser Zeit in Ruppichteroth, Beuel oder Köln eines natürlichen Todes«, berichtet Wolfgang Eilmes.

Knapp 100 Jahre nach dem feierlichen Einzug der Torarollen zur Einweihung des jüdischen Bethauses trafen sich rund 100 Menschen am 27. Januar vor der ehemaligen Synagoge, um der Ruppichterother Schoa-Opfer zu gedenken und den nächsten Schritt in der Nachkriegs-Geschichte des Gebäudes einzuleiten.

Künftig soll aus dem zweigeschossigen Gebäude, in dem zurzeit noch Mieter wohnen, nach dem Willen interessierter Bürger und des Gemeinderates ein »Schulungs-, Begegnungs- und Konferenzzentrum« werden.

Das kündigte der Bürgermeister Mario Loskill bei einer Gedenkfeier vor dem Gebäude in Ruppichteroth an. Künftig soll die ehemalige Synagoge »allen Generationen offenstehen«, sagte Loskill. Eingebettet soll das »Begegnungszentrum« in das breit gefächerte regionale Entwicklungsprojekt »Regionale 2025 Bergisches RheinLand« werden.

zukunft Alt-Bürgermeister Neuber ist dankbar für das Projekt. »Es eröffnet uns die Chance, von der Vergangenheit einen wichtigen Schritt in die Zukunft zu tun, auch in eine christlich-jüdische Zusammenarbeit«, sagte Neuber Ende Januar.

Marion und Peter Reinecke, jüdische Mitglieder der Initiative für das Begegnungszentrum, können sich gut vorstellen, dass dort ein »Lehrhaus« entsteht, in dem auch über das Judentum informiert wird. »Das wäre dafür ein idealer Ort«, sagte Peter Reinecke bei einem öffentlichen Vortrag über jüdisches Leben in der Region.

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Zohran Mamdanis Sieg spaltet die jüdische Gemeinschaft

Während ein Drittel der New Yorker Juden den neuen Bürgermeister gewählt hat, haben andere Angst, dass dessen Antizionismus ihre Sicherheit gefährdet

 06.11.2025

Hamburg

Viel mehr als Klezmer

In der Hansestadt haben die zweiten Jüdischen Kulturtage begonnen. Bis Mitte Dezember erwartet die Besucher ein breit gefächertes Programm – inklusive einer jiddisch-hebräischen Oper

von Heike Linde-Lembke  06.11.2025

Düsseldorf

»Eine Stimme, wo andere schwiegen«

Die Gemeinde zeichnet Wolfgang Rolshoven mit der Josef-Neuberger-Medaille aus

von Stefan Laurin  06.11.2025

Berlin

Andacht für Margot Friedländer: »Du lebst weiter«

Sie war Holocaustüberlebende, Berliner Ehrenbürgerin und eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Gestern wäre Margot Friedländer 104 Jahre alt geworden. An ihrem Grab erinnern Freunde und Bekannte an sie

von Andreas Heimann  06.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025