Feier

Augenblick voller Wunder

Circa 20 Zentimeter ist sie hoch, acht geschwungene, in sich gedrehte Arme, in der Mitte ein Davidstern, zwei nachtblaue, schlanke Kerzen stecken in den rechten beiden Armen. So steht sie da, die messingfarbene Chanukkia. Im Fenster des Langhanssaals im Schloss Bellevue.

Sie stand schon einmal im Fenster, die Chanukkia: Das war 1931 in Kiel. In der Wohnung von Rosi und Rabbiner Arthur Posner. Am Sophienblatt 60. Acht in sich gedrehte, geschwungene Arme, neun Kerzen. Nur, dass sie nicht gegenüber von einem friedlichen Park stand, sondern von einem Gebäude, an dem eine Hakenkreuz-Fahne hing.

Licht Vermutlich ein Jahr später wurde die Fotografie von der Chanukkia entwickelt. Auf die Rückseite schrieb Rosi Rahel Posner: »Chanukka 5692 (1932) ›Juda verrecke‹ Die Fahne spricht – ›Juda lebt ewig‹ Erwidert das Licht.« Worte, die bis heute nachhallen. Worte, die auch beim Enkel Yehuda Mansbach immer präsent sind. Mansbach steht am Montagnachmittag neben der Chanukkia, der Segen ist gesprochen, die Kerzen leuchten, seine Hände halten Tränen auf. Hinter ihm singt ein Kinderchor das »Maos Zur«.

Seine Großeltern mussten mit ihren drei Kindern Kiel verlassen und flüchteten über Antwerpen ins damalige Palästina. Davor hatte Rabbiner Arthur Akiba Posner, der letzte Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Kiel vor der Schoa, in einem offenen Brief Stellung gegen antisemitische Plakate in Kiel bezogen.

Dass die Chanukkia nun im Schloss Bellevue steht – für diesen einen Abend –, das ist für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier »ein Geschenk«.

Dass die Chanukkia nun im Schloss Bellevue steht – für diesen einen Abend –, das ist für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier »ein Geschenk«. »Dass wir diesen Augenblick hier und heute gemeinsam feiern können, erfüllt mich mit tiefer Dankbarkeit und Demut und auch mit Glück.«

Mit Wundern sei er »jenseits der Religion eher vorsichtig«, betont Steinmeier, dennoch steckten »in diesem gemeinsamen Moment heute gleich mehrere Wunder. Denn wie hätten wir uns erträumen können, dass nach dem Menschheitsverbrechen der Schoa, der geplanten Auslöschung jüdischer Existenz jemals wieder jüdisches Leben hier bei uns blühen würde? Aber es ist, zu unserem großen Glück, so gekommen.«

Zeichen Steinmeier ist der Chanukkia, die in der Gedenkstätte Yad Vashem als Dauerleihgabe steht, bereits im Januar begegnet. In Form eines Aufklebers, den er selbst im Schloss Bellevue anbrachte. Die Aktion »Licht zeigen«, die Ruth Ur und der Freundeskreis Yad Vashem zum Holocaust-Gedenktag initiiert hatten, wollte ein Zeichen gegen das Vergessen setzen. Jedes Jahr zu Chanukka wird der Leuchter vorübergehend zurück an die Familie gegeben. Sie ist ein Zeichen des Mutes.

Und, wie Kai Diekmann vom Freundeskreis betonte: »Ein Symbol auch dafür, dass wir in der Erinnerungskultur neue Wege gehen wollen, dass wir neue Wege gehen müssen.« Ruth Ur vom Freundeskreis Yad Vashem betonte: »Für alle jüdischen Berliner, deutsche Juden und Juden in der ganzen Welt ist es ein wichtiges Zeichen, dass wir in dieses Land gehören.«

Ur bedankte sich bei der Stadt Kiel und vor allem auch bei den Enkeln der Familie Posner: dafür, dass sie zum ersten Mal nach Deutschland gekommen seien und ihr wichtigstes Gut mitgebracht hätten, dass sie Ängste überwunden und dieser Reise aufgeschlossen gegenüber gestanden hätten. Und vielleicht, sagte Ruth Ur, sei dieses Lichterzünden ja auch der Anfang einer großen Tradition. Das wäre ein schönes Wunder.

Chabad

»Eine neue Offenheit«

Seit 20 Jahren ist Heike Michalak Leiterin der Jüdischen Traditionsschule. Ein Gespräch über Neugier, das Abenteuer Lernen und die Ängste der Eltern

von Christine Schmitt  05.12.2025

WIZO

Tatkraft und Humanität

Die Gala »One Night for Children« der Spendenorganisation sammelte Patenschaften für bedürftige Kinder in Israel

von Ellen Presser  05.12.2025

Porträt der Woche

Mit Fingerspitzengefühl

Hans Schulz repariert Fahrräder und spricht mit seinen Kunden auch über Israel

von Alicia Rust  05.12.2025

Ratsversammlung

»Die Gemeinden sind das Rückgrat der jüdischen Gemeinschaft«

In Frankfurt kamen 90 Delegierte aus den Landesverbänden zusammen, um aktuelle Anliegen und Sorgen zu besprechen. Gastredner war Kulturstaatsminister Wolfram Weimer

von Katrin Richter  03.12.2025

Jewish Quiz

»Fast wie bei den Samstagabend-Shows«

Am Wochenende raten in Frankfurt über 500 Jugendliche um die Wette. Dabei geht es um mehr als bloße Wissensabfrage, betonen die Organisatoren der Veranstaltung

von Helmut Kuhn  03.12.2025

Berlin

Ein Nachmittag voller Licht

Mitzwa Express lädt zum traditionellen Chanukka-Basar in die Synagoge Pestalozzistraße ein

 03.12.2025

Chemnitz

Sachsen feiert »Jahr der jüdischen Kultur«

Ein ganzes Jahr lang soll in Sachsen jüdische Geschichte und Kultur präsentiert werden. Eigens für die Eröffnung des Themenjahres wurde im Erzgebirge ein Chanukka-Leuchter gefertigt

 03.12.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 4. Dezember bis zum 10. Dezember

 03.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025