Schalom Aleikum

Auf der Suche nach dem modernen Mann

Fußball oder Tanzen? Macho oder Familienvater? Religiös oder säkular? Wer sind sie, die Männer? Und müssen sie das eine oder das andere sein - geht nicht auch beides?

Perspektive Um zu erkunden, welche Geschlechterbilder jüdischen und muslimischen Männern zugeschrieben werden und um neue Konzepte von Männlichkeit zu debattieren, kamen am Donnerstagabend der Autor Fikri Anıl Altıntaş, der Rabbiner Jehoschua Ahrens und der Professor für Soziale Arbeit in der Migrationsgesellschaft, Michael Tunc, zur Online-Debatte »ModernEr - Jüdische und muslimische Perspektiven auf Männlichkeit« des jüdisch-muslimischen Dialogprojekts des Zentralrats der Juden »Schalom Aleikum« zusammen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Trafen sich im August 2019 zwei jüdische und zwei muslimische Frauen in Leipzig im Rahmen der »Schalom Aleikum«-Veranstaltung »Sichtbar sein« und diskutierten ihre Rolle in der Gesellschaft, standen nun also die Rollenverständnisse von Männern in den jüdischen und muslimischen Communities und in der Gesamtgesellschaft zur Debatte.

Elternzeit Aber wer ist er, der moderne Mann? Für Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden, ist die Antwort klar: Es ist jemand, »der die Entwicklungen der heutigen Zeit als für sich persönlich vorteilhaft betrachtet«, jemand, der »ganz selbstverständlich Elternzeit« nehmen, »mit voller Stolz seine Kinder wickeln« kann, »auf Augenhöhe mit der Partnerin und dem Partner agiert« und sich von alten Rollenbildern aus eigenem Antrieb verabschiedet und nicht, weil die Gesellschaft es vorgibt. »Die innere Überzeugung macht mehr den modernen Mann aus als nur das Handeln.«

Michael Tunc kritisierte, dass das öffentliche Bild in großen Kampagnen von weißen Mittelschichtsmännern geprägt sei.

Jehoshua Ahrens ging auf das scheinbar sehr traditionelle Rollenbild von Männer Frauen im Judentum ein und betonte den Unterschied zwischen den jüdischen Gemeinden und den religiösen Aspekt. Denn der Annahme »starker Mann, schwache Frau« würden in der Tora auch schwache Männer und starke Frauen gegenüberstehen. »Auch wenn es vielleicht im religiösen Judentum verschiedene Rollen gibt, bedeutet es nicht per se, die eine wäre wichtiger, die andere unwichtiger.«

Stereotyp Fikri Anıl Altıntaş‘ Schwerpunkt sind marginalisierten Männlichkeiten. Um zu verdeutlichen, was genau das heißt, nannte er den CDU-Politiker Friedrich Merz als Beispiel. Dieser repräsentiere eine gewisse Vorstellung von Männlichkeit, »die versucht wird, nachzuahmen«. Diese Norm hingegen würde zum Beispiel von Altıntaş, betonte er, nicht unbedingt erreicht werden, »weil ich muslimisch gelesen werde, türkisch gelesen werde, weil ich wahrscheinlich auch nie so viel Geld haben werde wie Friedrich Merz«. Altıntaş These: Es gibt so viele Entwürfe von Männlichkeiten wie es Menschen gibt, die sich als männlich definieren.

Vor allem sei Bewusstwerdung ein wichtiger Schritt zur Auslegung von Männlichkeiten. Um bereits früh gelernte Verhaltensmuster zu reflektieren, sich selbst zu hinterfragen und sich gegenseitig zu helfen, ging es dem heutigen Professor Michael Tunc schon als Student in einer Männergruppe. Hinterfragen, um ein anderer, ein besserer Mann zu werden?

Tunc kritisierte, dass das öffentliche Bild in großen Kampagnen, wie zum Beispiel der Elternzeit, geprägt sei von weißen Mittelschichtsmännern. Erkennbar muslimische oder jüdische Männer kämen darin nicht vor. Noch nicht.

»Wir sind nicht so, wie ihr denkt, wie wir sind.« Der Satz von Fikri Anıl Altıntaş ist vielleicht ein Anfang, um die Frage zu klären, wer er ist, der Mann, der moderne Mann – ob christlich, jüdisch, muslimisch oder säkular.

Lesen Sie mehr zu der Diskussion in der kommenden Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Berufung

Schau mal, wer da hämmert

Sie reparieren, organisieren, helfen – und hören zu: Hausmeister von Gemeinden erzählen, warum ihre Arbeit als »gute Seelen« weit mehr ist als ein Job

von Christine Schmitt  21.11.2025

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Misrachim

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025