Kochen

Asiatisch, süß, glutenfrei

Spinat-Feta-Artischocken-Mina – eine Mazze-Lasagne Foto: Marco Limberg

Die Uleviches aus Bad Nauheim bei Frankfurt, Vater, Mutter, zwei kleine Jungs, denken mit. Sie denken auch an diejenigen, die auf zu viel Mazzot mit Unwohlsein reagieren: »Man muss stets schauen, wer was verträgt.«

Denn Mazzot »stopfen halt auch ziemlich und können bei Menschen mit sensiblem Magen durchaus Magenprobleme hervorrufen«, sagen die Ulevichs einstimmig. Pessach sei eben Pessach und habe seine ganz besonderen Speisevorschriften, dennoch könne man die Feiertage den eigenen Essgewohnheiten durchaus anpassen und versuchen, über den Tag hinauszudenken – wenig Müll produzieren, wertstoffreich essen, »und schmecken soll es dann natürlich auch noch«, sagt Cindy Uleviche (39).

Ihr Ehemann Lior (37) und sie lieben die asiatische Küche, und daher wird ein Rezept aus dem veganen asiatischen Kochbuch pessachtauglich gemacht. In die Gemüsesuppe aus Lauch, Süßkartoffeln, Zwiebeln, Kohlrabi, Zucchini – serviert mit ein wenig Sesamöl, ein wenig Pfeffer und gehacktem Koriander – kommen Mazzeklößchen aus Mazzemehl, die nicht mit Ei, sondern Öl, geriebenen Karotten, Petersilie, verschiedenen Kräutern und Salz in kugelige Form gebracht werden. Bleibt von der Suppe etwas übrig, wird sie in den nächsten Tagen mit Quinoa- oder Reiseinlage serviert.

kokosmilch Aus den Resten bekommen die zwei Söhne der Ulevichs am nächsten Morgen Mazzebrei, besser gesagt »Mazze-Pie«, der feinsten Art: Die Mazzot werden in Kokosmilch und Agavensirup eingelegt, bis sie weich sind. Dann erhitzt man in einer Pfanne etwas Kokosöl, kippt die Mazzemasse hinein und brät sie bei mittlerer Hitze etwa 20 Minuten an. Zur letzten Verlockung toppt man das Ganze auf einem schönen Teller mit Dattelsirup oder Früchten. So lerne man, Mazzot »von Anfang an zu lieben«.

Familie Wältermann aus Oldenburg freut sich das ganz Jahr über auf Pessach. Für Jehuda (50), Smadar (45), Mosche (13), Lior (15) und Shai (19) steht außer Frage, dass sie sich an die Speiseregeln halten. Die fünfköpfige Familie empfindet diese Woche immer als »anders als die anderen« – nicht unbedingt anstrengend, aber eben besonders.

In der Oldenburger Gemeinde, die etwa 300 Mitglieder zählt, konnte man acht Wochen vor den Feiertagen seine Bestellung aufgeben, denn hier gibt es keinen koscheren Laden. So hat die Familie alles Notwendige bestellt. Zum Frühstück etwa gibt es bei ihnen »einen Berg von Mazzot«. Und sie bereiten ihren eigenen Kuchen zu, indem sie Mazzescheiben mit Nutella bestreichen und in Schichten stapeln. Den müsse man allerdings frisch essen, sagen die Wältermanns. Ansonsten heißt ihr Rezept für die acht Pessachtage: Obst, Obst, Obst – vor allem für die beiden Söhne, die eine Ganztagsschule besuchen. Um die Mensa müssen sie während der Pessachtage einen Bogen machen, also geben die Eltern ihnen Salate, Obst und Nüsse mit. Bestrichene Mazze – sie essen am liebsten die einfache viereckige – wird weich und fällt somit aus. Auf diese Art und Weise kommen sie »super über den Tag«, sagen Mosche, Lior und Shai.

Schoko »Abends sitzen wir an einem reich gedeckten Tisch. Gestern gab es beispielsweise Lamm, Salat und einen speziellen Reis. Meine Frau stöhnt nie über die Arbeit. Und die Kinder freuen sich, weil es die einzige Zeit im Jahr ist, in der wir Schokocreme zu Hause haben«, sagt Yehuda Wätermann.

Grigorij Kristal (62) aus Berlin hat am Dienstagmorgen um sieben Uhr zum ersten Mal gefrühstückt: eine Tasse Kaffee. Das zweite Frühstück um zehn Uhr bestand aus einem Salat. Für später hat er Backkartoffeln eingeplant und für den Abend einen Salat und eine Suppe. Falls sich zwischendurch das Hungergefühl einstellt, greift er zu Mazzot. Für eine herzhafte Geschmacksrichtung belegt er seine bevorzugte Mazzesorte – die einfache viereckige – mit Käse. Falls es süß sein soll, bevorzugt er Eiermazze und bestreicht sie mit Quark und Honig. Manchmal bereitet er sich auch Hühnchen zu.

Er lebe alleine und bezeichnet sich deshalb als »Alleinverpfleger«. Er stehe selten lange am Herd. Hin und wieder greife er an den Feiertagen auch zu Schokolade oder zu Nüssen – die Kalorienaufnahme werde in diesen Tagen »nicht weniger«, meint er. Den ersten Sederabend habe er in »seiner« Synagoge am Fraenkelufer gefeiert. Für ihn ist es ganz klar, dass er die Speiseregeln einhält.

Auch Familie Rivin aus Düsseldorf hält sich an die Speisevorschriften zu Pessach. Ilya Rivin (36) arbeitet bei der ZWST in Köln und in Frankfurt, und auch seine Frau Anna (35) ist in einer jüdischen Einrichtung beschäftigt. Ihr sechsjähriger Sohn Ramon besucht die jüdische Grundschule in Düsseldorf. »Somit essen wir alle mittags immer glatt koscher in der Mensa oder in der Kantine«, sagt Ilya Rivin.

Entweder bestreichen sie die Mazze mit etwas Süßem oder mit Käse. Ihr Sohn hingegen bekommt seinen Brei. Abends essen sie oft Suppe und dazu Mazze aus Israel – die runden oder viereckigen Scheiben liegen in diesen Tagen dauerhaft bei ihnen auf dem Küchentisch.

Rührei
Daniel Targownik (48), seine Frau Paula Zimmerman-Targownik (50) und die drei Töchter Amili (20), Annabel (17) und Carmen (14) aus Unterföhring bei München essen dieser Tage zum Frühstück meist Rührei. Brot hat die Familie aus der Küche und ihrem Haus verbannt, »obwohl wir nicht so gründlich geputzt haben«.

Von Mazzot haben sie zwei verschiedene Sorten zu Hause: zum einen die gängige Weizenmazze aus Israel, zum anderen eine glutenfreie Sorte, da ihre zweitälteste Tochter mit Zöliakie lebt und sich glutenfrei ernähren muss. Auch diese Sorte gibt es mittlerweile in einem koscheren Laden in München zu kaufen. »Und sie schmeckt sogar noch besser als die herkömmliche«, betont Daniel. Am dritten Tag Pessach hat Annabel für ihre Freundinnen eine Lasagne aus dieser Mazze gebacken, die hervorragend gelungen sei und sehr gut geschmeckt habe. »Jetzt müssen wir Nachschub kaufen«, sagt der Vater.

Die jüngste Tochter ist für ein Jahr in Brasilien. Sie lebt bei einer jüdischen Familie und ist enttäuscht, dass dort »so wenig zu Pessach« passiere und man sich nicht an die Speiseregeln halte. Die älteste Tochter ist in Bremen und hat sich vom Zentralrat ein Pessach-Paket nach Unterföhring schicken lassen, wo sie die ersten Feiertage gemeinsam mit Eltern und Schwester verbracht hat. Die restlichen Mazzot hat sie mit nach Bremen genommen.

Geburtstag

»Der Tod war etwas Gegebenes«

Der Holocaust-Überlebende Leon Weintraub wird am 1. Januar 100 Jahre alt

von Gabriele Ingenthron  28.12.2025

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  26.12.2025

Dating

Auf Partnersuche

Matchmaking mit Olami Germany – ein Ortsbesuch

von Jan Feldmann  23.12.2025

München

Ein kraftvolles Statement

Beim Gemeindewochenende nahmen zahlreiche Mitglieder an Diskussionen, Workshops und Chanukka-Feierlichkeiten teil

von Esther Martel  23.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

WerteInitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 24.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025