Musik

»Amen« im Pfefferberg

Liora landete 1995 mit ihrem Song einen Hit in Israel. Foto: Gregor Zielke

Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):

Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.

Fans des Eurovision Song Contest kennen keine Grenzen. Auch wenn der Liederwettbewerb jedes Jahr für Außenseiter wie ein Punkte-Kleinkrieg teils verfeindeter und teils verbündeter Nationen wirkt, geht es den wahren Liebhabern nur um die Musik. Sie sind in Fanklubs organisiert und untereinander vernetzt. In Berlin haben sich von Freitag bis Sonntag der israelische und die beiden deutschen Fanklubs zur gemeinsamen Gala am »Eurovision Weekend« getroffen.

Die Klubs gehören dem OGAE, der Organisation Générale des Amateurs del’Eurovision an, dem internationalen Dachverband von 40 Eurovison-Fanklubs aus Europa und der ganzen Welt. Im vergangenen Jahr wurden die Finnen nach Deutschland eingeladen, beim zweiten Fan-Wochenende war diesmal Israel dran.

Party Organisator Frank Lochthove möchte zeigen, dass deutsche Eurovision-Fans israelische Musik und Israel lieben und er ist sich sicher, dass der Wettbewerb der Völkerverständigung dient. Neben der Gala am Samstag gab es viele kleinere Partys mit Eurovision-Themen. Dieser Feierfokus deckt sich mit der Erinnerung der deutschen Sängerin Lou, die vor zehn Jahren in Riga auftrat und für die die ganze Veranstaltung vor allem »eine Woche Party« bedeutete.

Sie war einer der Galagäste am Samstagabend und hat dabei auch ihren damaligen Eurovision-Song Let’s Get Happy, von Ralph Siegel geschrieben, gesungen. Ralph Siegel hat in der Vergangenheit einmal fast dafür gesorgt, dass Israel und Deutschland quasi gemeinsam antreten. 1997 schrieb der Komponist für Esther Ofarim das Lied Zeit, mit dem sie für Deutschland auftreten und somit auch Versöhnung symbolisieren sollte. Dazu kam es nicht, stattdessen belegte Bianca Shomburg mit dem Song den 18. Platz.

Aus Israel angereist war die Sängerin Liora, die 1995 in Dublin Amen gesungen hat und damit den achten Platz belegte. Damals stand sie am Anfang ihrer Karriere, ihr Debütalbum wurde kaum im Radio gespielt. Dann kam der nationale Vorentscheid, bei dem sie mehr Punkte als irgendjemand vor oder nach ihr bekam. »Heute ist Lioras Song eine kleine Hymne«, sagt Roi Yechezkel, der Präsident des israelischen Fanklubs. In Israel ist der Wettbewerb immer noch wichtig und in der Musikszene verankert, erklärt Roi.

Ostblock Seit der ersten Teilnahme 1973 in Luxemburg und dem vierten Platz für Ey Sham von Ilanit war es fast in jedem Jahr dabei. Durch den Vorentscheid wurden schon viele Stars wie Liora entdeckt. In den vergangenen Jahren konnte sich Israel leider nicht qualifizieren, ist aber immer mit dem Herzen dabei. Besonders viele Punkte vergibt das Land traditionell an Russland und andere ehemalige Ostblock-Staaten.

»Die Leute geben gerne an das Land Punkte, aus dem sie selbst oder wenigstens ihre Großeltern kommen. Meine kommen aus der Türkei, und es gibt keinen größeren Türkei-Unterstützer im Eurovision Contest als mich«, sagt Roi. »Und wenn Libyen mitmachen würde, dann wäre ich vermutlich genauso dabei«, sagt Liora. Sie ist gerührt von den deutschen Eurovison-Fans: »Einer hat mich ganz aufgeregt erkannt und umarmt. Das hat mich sehr gerührt.«

Liora hat sich nicht auf ihrem Hit ausgeruht, sondern musikalisch weiterentwickelt. Im Moment spielt sie viel lateinamerikanische und libysche Musik und hat vor deren Tod noch mit der argentinischen Song-Ikone Mercedes Sosa gearbeitet. Wenn Liora international auftritt, auch in jüdischen Gemeinden, möchten viele aber auch immer noch Amen hören. Verfolgt von dem Song fühlt sie sich deswegen aber nicht.

»Viele weigern sich, ihren Eurovision-Song zu singen und schaden damit ihrer Karriere. Ich singe das ganze Konzert über nur auf Spanisch, aber natürlich auch am Ende Amen. Das Lied ist ein Geschenk für mich, und das gebe ich gerne weiter.«

Berlin

Zentralrat der Juden begeht sein 75. Jubiläum

Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden lud zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft nach Berlin. Der Bundeskanzler hielt die Festrede

von Imanuel Marcus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  17.09.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Erstes Konzert in Magdeburger Synagoge

Die Synagoge war im Dezember 2023 eröffnet worden

 15.09.2025

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025