Begegnung

Aller guten Dinge sind drei

Rabbiner Daniel Alter im Gespräch Foto: Gregor Zielke

Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):

Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.

Eigentlich hilft das Mentoring-Projekt »Hürdenspringer +« Jugendlichen bei Problemen vom Übergang zwischen Schule und Ausbildung. Am vergangenen Donnerstag allerdings widmete sich das Programm dem Überwinden zwischenmenschlicher Hürden. In der Neuen Synagoge kamen Mentorinnen und Mentees zusammen, um einen »interreligiösen Trialog« zwischen Juden, Muslimen und Christen zu führen.

Ein solches Treffen ist eher ungewöhnlich für »Hürdenspringer +«, doch Religion ist ein fester Bestandteil der Lebensrealität vieler Jugendlicher, mit denen die Mentoren zu tun haben, erklärt Projektleiterin Stefanie Corogil. So kam es zum Kontakt mit Pfarrerin Elisabeth Kruse von der Genezarethkirche, dem Dialogbeauftragen Ron Weber von der Sehitlik-Moschee und Rabbiner Daniel Alter.

Aufforderung Er war es auch, der in die Neue Synagoge eingeladen hatte, um sich an »diesem historischen Ort« zu begegnen. In Workshops diskutierten die Jugendlichen zunächst über religiöse Vorurteile: Christen sind langweilig, Muslime riechen nach Knoblauch, Juden sind geldgeil – Rabbiner Alter musste die Jugendlichen fast ein wenig aufforden, »richtig fies« zu werden.

Nachdem somit alle Vorurteile auf dem Tisch waren, sollten die Jugendlichen von religiöser und anderer Diskriminierung berichten, die sie selbst erfahren haben. Die meisten von ihnen sind muslimisch und können darüber viel erzählen.

Ein Student fühlt sich wegen seiner Herkunft in der Universität ausgegrenzt – die Dozenten behandeln ihn arrogant und von oben herab, wie sie es mit anderen Studenten nicht tun. Ein Junge ist Kurde und wird von türkischen Mitschülern deswegen angepöbelt. Gerade die Mädchen mit Kopftüchern werden oft beschimpft, sagen sie. Rabbiner Alter selbst erzählt die Geschichte des Angriffs auf ihn im letzten Jahr.

Für ihn lautet das Schlüsselwort »Respekt«. Dass sich religiöse Diskriminierung nicht so einfach beseitigen lässt, weiß er aber auch. Im Plenum werden die Ergebnisse vorgestellt und dann über mögliche Lösungen diskutiert. Pfarrerin Kruse ist wichtig, dass man ehrlich mit sich selbst ist – sie hat während des Workshops gemerkt, dass sie selbst ein paar der Vorurteile in sich findet. Für Ron Weber ist Besinnung und Ruhe wichtig: »Wer laut wird, ist im Unrecht, gerade für Beobachter.«

Gespräch Rabbiner Alter erinnert sich an eine Situation an einer Bushaltestelle im Wedding, als ihn ein Jugendlicher aggressiv gefragt habe, ob Alter Jude sei, denn er hasse alle Juden. Als der Rabbiner ihn wiederum fragte, wie viele Juden er kenne, antwortete der Jugendliche, er habe noch keinen getroffen. Daraufhin mussten die beiden lachen, erzählt Alter, und kamen ins Gespräch.

Dann konnten die Jugendlichen Fragen stellen – wie man zum Judentum konvertieren könne, warum immer Polizisten vor allen Synagogen stehen. Ein Jugendlicher bemerkt, ob nicht gerade die Geschichte der Juden in Deutschland zeigt, dass die Forderung nach Integration von innen und außen problematisch sei. Schließlich hätten die Juden sehr versucht, sich zu assimilieren und wurden dann trotzdem ausgegrenzt.

Von solchen Fragen gab es auch nach zwei Stunden noch viele – sie sollen in den nächsten Trialogen in der Genezarethkirche und der Sehitlik-Moschee geklärt werden. »Ich habe noch nie einen Juden getroffen – ich finde, solche Veranstaltungen sollte es öfter geben«, resümierte eine muslimische Jugendliche den Abend für sich selbst.

KZ-Befreiungen

Schüler schreibt über einzige Überlebende einer jüdischen Familie

Der 18-jährige Luke Schaaf schreibt ein Buch über das Schicksal einer Jüdin aus seiner Heimatregion unter dem NS-Terrorregime. Der Schüler will zeigen, »was Hass und Hetze anrichten können«

von Stefanie Walter  29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Berlin

Bebelplatz wird wieder zum »Platz der Hamas-Geiseln«

Das Gedenkprojekt »Platz der Hamas-Geiseln« soll laut DIG die Erinnerung an die 40 in Geiselhaft getöteten Israelis und an die 59 noch verschleppten Geiseln wachhalten

 28.04.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an Warschauer Ghetto-Aufstand

Zum Abschluss der Namenslesung vor dem Jüdischen Gemeindehaus in der Berliner Fasanenstraße ist für den Abend ein Gedenken mit Totengebet und Kranzniederlegung geplant

 28.04.2025

Düsseldorf

Erinnerungen auf der Theaterbühne

»Blindekuh mit dem Tod« am Schauspielhaus stellt auch das Schicksal des Zeitzeugen Herbert Rubinstein vor

von Annette Kanis  27.04.2025

Hanau

Jüdische Gemeinde feiert Jubiläum

»Im Grunde genommen ist es mit das Größte und Schönste, was eine Gemeinde machen kann: eine neue Torarolle nach Hause zu bringen«, sagt Gemeinde-Geschäftsführer Oliver Dainow

 25.04.2025

Begegnung

Raum für das Unvergessene

Jede Woche treffen sich Schoa-Überlebende im Münchner »Café Zelig«, um Gemeinschaft zu finden im Schatten der Geschichte. Ein Ortsbesuch

von Katrin Diehl  23.04.2025

Interview

»Das Gedenken für Jugendliche greifbar machen«

Kurator Pascal Johanssen zur neuen Ausstellung im ehemaligen Jüdischen Waisenhaus in Pankow

von Gerhard Haase-Hindenberg  21.04.2025

Porträt der Woche

Austausch mit Gleichen

Maria Schubert ist Gemeindesekretärin in Magdeburg und tanzt gern

von Alicia Rust  18.04.2025