Talmudisches

Zur Synagoge rennen

Sich auf dem Weg zum Bethaus zu beeilen, ist eine Mizwa Foto: Getty Images/iStockphoto

Talmudisches

Zur Synagoge rennen

Was Rabbi Zejra tat, um die Drascha zu hören

von Rabbiner Avraham Radbil  16.07.2021 08:49 Uhr

Im Traktat Brachot 6b lesen wir, dass es nicht nur wichtig ist, jeden Tag in der Synagoge zu beten, sondern dort auch einen eigenen Platz zu haben. Rabbi Chelbo sagte im Namen von Raw Huna: »Wer sich einen gesonderten Gebetsplatz zulegt, für den ist sicher, dass der G’tt Awrahams ihm zu Hilfe kommt, denn auch Awraham legte für sich einen besonderen Gebetsplatz fest. Und wenn derjenige dann stirbt, wird er wie folgt gepriesen: ›Wehklagen über den Frommen, wehklagen über den Demütigen, der zu den Jüngern unseres Vorvaters Awraham gezählt wurde.‹«

Als Awraham zu Haschem betete, Sodom nicht zu zerstören, stand er an einem Ort, von dem er die ganze Stadt überblicken konnte. Am nächsten Morgen, als er früh aufstand, um wieder zu beten, ging er zu dem Ort, an dem er am Vortag vor Haschem im Gebet gestanden hatte, und sah von dort aus die Zerstörung.

Dass Awraham einen bestimmten Ort zum Beten festgelegt hatte, erachtete G’tt als so wichtig, dass jeder, der wie er einen festen Platz für seine Gebete bestimmt, als sein Schüler betrachtet wird.

Alltag Das Gebet in einer Synagoge ist sehr wichtig, aber auch unser Hin- und Rückweg sollte anders erfolgen als unser Kommen und Gehen im Alltag. Wir sollten die Synagoge langsam und gesammelt verlassen. Wenn jemand aus einer Synagoge herausrennt, sieht es so aus, als sei die Anwesenheit für ihn eine schwere Last gewesen, und er habe nur auf den Moment gewartet, in dem er sich davon befreien kann.

Umgekehrt jedoch verhält es sich mit dem Hinweg: Wenn man zur Synagoge geht, ist es nicht nur erlaubt, sich zu beeilen, sondern es ist sogar eine Mizwa. Auf diese Weise zeigen wir unsere große Liebe zu Gebet und Tora. Wir können es kaum erwarten, in die Synagoge zu kommen, um dort mit dem Allmächtigen zu kommunizieren und Seine Tora zu lernen.

An jedem Schabbat sah Raw Zejra, wie seine Gefährten zum Lehrhaus rannten, um eine Drascha, die Predigt eines Rabbis, zu hören. Da wurde er traurig. »Sie übertreten den Schabbat, wenn sie rennen«, sagte er sich. »Ein Mensch sollte am Schabbat langsam gehen und nicht wie unter der Woche rennen.« Denn im Buch des Propheten Jeschajahu heißt es: »(…) dass du an Meinem heiligen Tag nicht deinen Geschäften nachgehst, sondern den Schabbat eine Freude nennst, den heiligen (Tag) Haschems ehrst; und du sollst ihn ehren, indem du deine (üblichen) Wege nicht gehst noch deinen Geschäften nachgehst oder davon sprichst« (58,13).

Sprint Basierend auf den Worten »Und du sollst ihn ehren, indem du nicht deine (üblichen) Wege gehst«, erklärten unsere Weisen in Masechet Schabbat: »Deine Art, am Schabbat zu gehen, sollte nicht dieselbe sein wie an den Wochentagen« (113a). Daher sollte man am Schabbat nicht rennen, keinen leichten Lauf und keinen schnellen Sprint.

Rabbi Zejra wäre auch gern gelaufen, um die Drascha zu hören, aber er ging langsam und ruhig. Eines Tages hörte er, dass Rabbi Tanchum im Namen von Rabbi Jehoschua ben Levi lehrte, dass man für eine Mizwa auch am Schabbat rennen darf, denn es steht in Hoschea: »Zu Haschem gehen sie, wie ein Löwe brüllt er« (11,10). Handelt es sich jedoch nicht um eine Mizwa, dann sollte man langsam gehen, wie es am Schabbat geboten ist.

»Oh«, dachte Rabbi Zejra überrascht, »ich habe gerade etwas gelernt. Es ist nicht so, wie ich bislang dachte. Die wahre Halacha ist, dass man am Schabbat, wenn es um eine Mizwa geht, rennen darf.« Von da an rannte Rabbi Zejra immer wie ein Reh zum Lehrhaus, um die Worte der Tora zu hören.

Wajischlach

Zwischen Angst und Umarmung

Die Geschichte von Jakow und Esaw zeigt, wie zwei Brüder und zwei Welten wieder zueinanderfinden

von Rabbiner Joel Berger  05.12.2025

19. Kislew

Himmlischer Freispruch

Auch wenn Rosch Haschana schon lange vorbei ist, feiern Chassidim dieser Tage ihr »Neujahr«. Für das Datum ist ausgerechnet der russische Zar verantwortlich

von Chajm Guski  05.12.2025

Talmudisches

Freundlich grüßen

Was unsere Weisen über Respekt im Alltag lehren

von Yizhak Ahren  04.12.2025

Begnadigung

Eine Frage von biblischer Tragweite

Die Tora kennt menschliche Reue, gerichtliche Milde und g’ttliche Gnade – aber keine juristische Abkürzung

von Rabbiner Raphael Evers  03.12.2025

Geschichte

Wie Regina Jonas die erste Rabbinerin wurde

Die Ordination Ende 1935 war ein Ergebnis ihres persönlichen Kampfes und ihrer Kompetenz – ein Überblick

von Rabbinerin Ulrike Offenberg  03.12.2025

New York

Das sind die Rabbiner in Mamdanis Team

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger hat Mamdani keinen Ortodoxen in seine Übergangsausschüsse berufen – eine Lücke, die bereits im Wahlkampf sichtbar wurde

 02.12.2025

Gemeinden

Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagt in Frankfurt

Das oberste Entscheidungsgremium des jüdischen Dachverbands kommt einmal im Jahr zusammen

 01.12.2025 Aktualisiert

Wajeze

Aus freier Entscheidung

Wie Jakow, Rachel und Lea eine besondere Verbindung zum Ewigen aufbauten

von Paige Harouse  28.11.2025

Talmudisches

Frühstück

Was schon unsere Weisen über die »wichtigste Mahlzeit des Tages« wussten

von Detlef David Kauschke  28.11.2025