Wieso Weshalb Warum

Ziziot

Das jüdische Gebet hat etwas, was man durchaus Choreografie nennen könnte. Das dürfte auch Betrachtern auffallen, die nicht regelmäßig in die Synagoge gehen. Selbst wenn es nur Kleinigkeiten oder Details sind – bestimmte Abläufe oder Gesten wiederholen sich.

Der aktive Beter hat die verschiedenen Gesten, Bewegungen oder Abläufe entweder gelernt, sich abgeschaut oder aus einem Siddur mit Handlungsanweisungen übernommen. Ein Blick in den Siddur macht ein wenig deutlicher, dass die Choreografie des Gebets keine Sammlung zufälliger Bewegungen ist, sondern eine genau festgelegte Ordnung – jeweils passend zum gesprochenen Text.

Gesten So verbeugt man sich beim Barchu, bewegt sich vor und nach der Amida, dem Achtzehnbittengebet, nach vorn und zurück oder stellt sich bei der Wiederholung der Amida durch den Vorbeter bei den Wörtern »Kadosch, Kadosch, Kadosch« (Heilig, heilig, heilig) auf die Zehenspitzen. Es gibt noch einige weitere Gesten. Betrachten wir eine, die mit dem Tallit zusammenhängt.

Während des Morgengebets wird direkt vor dem Schma Jisrael das Gebet Ahawa Raba (Mit großer Liebe) gesprochen. In vielen Siddurim findet man dazu eine Anweisung, die in etwa lautet: »Man nehme die vier Ziziot in die linke Hand.« Die Stelle, an der man das sagen sollte, ist üblicherweise der Satz: »Und versammle uns in Frieden aus den vier Enden der Welt und führe uns aufrecht in unser Land«.

Das ist im Prinzip schon eine Vorbereitung auf das folgende Schma Jisrael. Im dritten Abschnitt des Schma (4. Buch Moses 15,37-41) wird man die Ziziot nämlich brauchen. Da werden sie dreimal im Text genannt und dementsprechend dreimal zum Mund geführt und geküsst.

Kuss Während des Morgengebets am Werktag werden in den vorherigen Abschnitten des Schma auch die Kopf- und Armtefillin genannt. Bei deren Nennung wird ebenfalls der Finger zu den jeweiligen Kapseln geführt und geküsst.

Auch später wird auffallen, dass die Ziziot genutzt werden, um etwa den Toramantel zu küssen, wenn die Tora durch die Synagoge zum Lesepult getragen wird. Auch derjenige, der einen Aufruf zur Tora erhält, küsst die Stelle, aus der gelesen wird, mit dem Tallit in der geöffneten Torarolle.

Aber warum ergreift man die Ziziot ausgerechnet während des Ahawa Raba und nicht erst dann, wenn sie gebraucht werden? Dies ist eigentlich ein Brauch, der auf Rabbiner Jitzchak Luria, den Arizal (1543–1572), zurückgeht. Die Sitte setzte sich später auch im aschkenasischen Judentum durch.

Wenn man an die Stelle kommt, an der man sagt, dass die Verbannten von den »vier Enden der Welt« versammelt werden, nimmt man zugleich als Symbol dafür die vier Enden des Tallits in die Hände und vereinigt sie. Dem gesprochenen Text wird eine begleitende Geste beigefügt. Es ist also keine zufällige Handlung, sondern eine, die auch eine innere Haltung ausdrückt.

Chanukka

Das jüdische Licht

Die Tempelgeschichte verweist auf eine grundlegende Erkenntnis, ohne die unser Volk nicht überlebt hätte – ohne Wunder kein Judentum

von Rabbiner Aharon Ran Vernikovsky  12.12.2025

Deutschland-Reise

Israels Oberrabbiner besucht Bremen

Kalman Meir Ber trifft Bürgermeister Andreas Bovenschulte und die Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft, Antje Grotheer (beide SPD)

 12.12.2025

Wajeschew

Ein weiter Weg

Das Leben Josefs verlief nicht geradlinig. Aber im Rückblick erkennt er den Plan des Ewigen

von Rabbinerin Yael Deusel  12.12.2025

Talmudisches

Nach der Sieben kommt die Acht

Was unsere Weisen über die Grenze zwischen Natur und Wunder lehren

von Vyacheslav Dobrovych  12.12.2025

Chanukka

Nach dem Wunder

Die Makkabäer befreiten zwar den Tempel, doch konnten sie ihre Herrschaft nicht dauerhaft bewahren. Aus ihren Fehlern können auch wir heute lernen

von Rabbiner Julian-Chaim Soussan  12.12.2025

Quellen

Es ist kompliziert

Chanukka wird im Talmud nur selten erwähnt. Warum klammerten die Weisen diese Geschichte aus?

von Rabbiner Avraham Radbil  11.12.2025

Religion

Israels Oberrabbiner erstmals auf Deutschlandbesuch

Kalman Ber startet seine Reise in Hamburg und informiert sich dort über jüdisches Leben. Ein Schwerpunkt: der geplante Neubau einer Synagoge

 10.12.2025

Thüringen

Jüdische Landesgemeinde und Erfurt feiern Chanukka

Die Zeremonie markiert den Auftakt der inzwischen 17. öffentlichen Chanukka-Begehung in der Thüringer Landeshauptstadt

 08.12.2025

Wajischlach

Zwischen Angst und Umarmung

Die Geschichte von Jakow und Esaw zeigt, wie zwei Brüder und zwei Welten wieder zueinanderfinden

von Rabbiner Joel Berger  05.12.2025