Jerusalem

Rabbiner Abraham Joshua Twerski ist tot

Abraham J. Twerski sel. A.

Rabbiner Abraham Joshua Twerski ist tot. Der amerikanische Rabbiner, Psychiater und Buchautor starb am Sonntag nach einer Corona-Infektion im Alter von 90 Jahren in Israel. Twerski hatte nicht nur durch seine Arbeit in der Behandlung von Drogen- und Alkoholabhängigen, sondern auch durch seine 85 Bücher zu Tora, Chassidut und Spiritualität sowie zahlreiche Veröffentlichungen und Vorträge zu Themen der Psychologie und allgemeiner Lebenshilfe internationale Anerkennung gewonnen.

VIDEOS In den vergangenen Jahren erhielten seine in kurzen Videostücken präsentierten Ideen immer mehr Aufmerksamkeit – auf Facebook und YouTube wurden sie millionenfach geklickt. Im Netz sind diese Videos ein Phänomen: Ein chassidischer Rabbiner mit weißem Bart und schwarzer Kippa spricht dort beispielsweise über den Umgang mit Stress, und beschreibt diesen als Gelegenheit zum Wachstum.

Er erläutert dies am Beispiel eines Hummers, der auch bis zum Lebensende wächst, dabei immer wieder Enge und Schmerzen in der harten Schale empfindet, bis er diese erneuert. Und würde der Hummer einen Arzt aufsuchen, so Twerski, würde er wahrscheinlich Beruhigungsmittel verschrieben bekommen – aber nicht weiter wachsen. Stress sei eben eine Herausforderung, diese verbunden mit Widrigkeiten, aber nur so könne auch der Mensch wachsen, lautet die Botschaft. Die »New York Jewish Week« berichtete 2017, dass das 91-Sekunden-Video 84 Millionen Aufrufe verzeichnete.

Twerski wurde 1930 in Milwaukee (USA) geboren. Er wuchs in einer Familie mit einer langen rabbinischen Tradition auf. Väterlicherseits war er Nachkomme von Rabbi Menachem Nachum Twersky, dem Begründer der chassidischen Tschernobyl-Dynastie. Mütterlicherseits bestand eine direkte familiäre Verbindung zum zweiten Bobover Rebben. 

BÜCHER Der chassidischen Lebensweise und Philosophie blieb Rabbi Twerski stets verbunden, ging jedoch einen für orthodoxe Juden recht ungewöhnlichen Weg, indem er beispielsweise sechs Jahre lang an der Milwaukee’s Roman Catholic Marquette University studierte. Später war er 20 Jahre lang klinischer Direktor am katholischen St. Francis Hospital in Pittsburgh, wo er unter anderem auch zahlreiche Nonnen therapeutisch betreute und darüber das Buch The Rabbi and the Nuns schrieb.

Zudem war er Professor für Psychiatrie an der School of Medicine der University of Pittsburgh. In Pittsburgh gründete er auch das »Gateway Rehab« und entwickelte beispielsweise angelehnt an der Methode der Anonymen Alkoholiker ein 12-Stufen-Selbstwertprogramm.

WACHSTUM In seinem letzten Buch Growing Up (2020) schrieb er, dass Wachstum eine lebenslange Aufgabe sei: Schon als Kind wollte er immer im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen, Anerkennung von jedermann erhalten. Das habe sich nicht geändert: »So, obwohl ich 88 Jahre alt bin, bin ich nicht wirklich erwachsen geworden. Ich habe immer noch Kindlichkeit in mir.«

Nun ist er im Alter von 90 Jahren in seine Welt gegangen. Rabbi Twerski hinterlässt seine Frau Gail Twerski, drei Söhne, eine Tochter und zahlreiche Enkel und Urenkel.  Die Beisetzung fand Sonntagnacht in Beit Schemesch statt. Dabei wurden Twerskis Wunsch zufolge keine Trauerreden gehalten. Stattdessen wurde auf seinem letzten Weg das von ihm komponierte Lied »Hoshia Es Amecha« gesungen. ddk

Lesen Sie mehr in der nächsten Print-Ausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

New York

Das sind die Rabbiner in Mamdanis Team

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger hat Mamdani keinen Ortodoxen in seine Übergangsausschüsse berufen – eine Lücke, die bereits im Wahlkampf sichtbar wurde

 02.12.2025

Gemeinden

Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagt in Frankfurt

Das oberste Entscheidungsgremium des jüdischen Dachverbands kommt einmal im Jahr zusammen

 01.12.2025 Aktualisiert

Wajeze

Aus freier Entscheidung

Wie Jakow, Rachel und Lea eine besondere Verbindung zum Ewigen aufbauten

von Paige Harouse  28.11.2025

Talmudisches

Frühstück

Was schon unsere Weisen über die »wichtigste Mahlzeit des Tages« wussten

von Detlef David Kauschke  28.11.2025

Doppel-Interview

»Wir teilen einen gemeinsamen Wertekanon«

Vor 60 Jahren brachte das Konzilsdokument »Nostra aetate« eine positive Wende im christlich-jüdischen Dialog. Bischof Neymeyr und Rabbiner Soussan blicken auf erreichte Meilensteine, Symbolpolitik und Unüberwindbares

von Karin Wollschläger  28.11.2025

Kiddusch Lewana

Im Schein des Trabanten

Auf jeden neuen Mond sprechen Juden einen Segen. Was steckt dahinter?

von Rabbiner Dovid Gernetz  27.11.2025

Konzil

»Eine besondere Beziehung«

»Nostra Aetate« sollte vor 60 Jahren die Fenster der katholischen Kirche weit öffnen – doch manche blieben im christlich-jüdischen Dialog verschlossen. Ein Rabbiner zieht Bilanz

von David Fox Sandmel  21.11.2025

Toldot

An Prüfungen wachsen

Warum unsere biblischen Ureltern Hungersnöte und andere Herausforderungen erleben mussten

von Vyacheslav Dobrovych  20.11.2025

Kalender

Der unbekannte Feiertag

Oft heißt es, im Monat Cheschwan gebe es keine religiösen Feste – das gilt aber nicht für die äthiopischen Juden. Sie feiern Sigd

von Mascha Malburg  20.11.2025