Würdigung

Landesrabbiner der DDR

Einweihung in Berlin-Hellersdorf Foto: Christine Schmitt

Würdigung

Landesrabbiner der DDR

Eine Gedenktafel erinnert an Martin Riesenburger, der den ersten Gottesdienst nach der Schoa in Berlin hielt

von Christine Schmitt  13.04.2015 20:57 Uhr

Bis zu diesem Moment wusste kaum einer der Passanten, wer Martin Riesenburger war», sagte Pfarrer Carsten Unbehaun am Dienstag in Berlin-Hellersdorf. Bislang trug das Straßenschild, das inmitten einer Plattenbausiedlung steht, lediglich den Namen. Daher hatten Unbehaun und die evangelische Gemeinde Hellersdorf beim Bezirksamt einen Antrag gestellt, dass eine Gedenktafel mit weiteren Angaben unter dem Straßenschild angebracht wird. Das sollte an Riesenburgers 50. Todestag, dem 14. April, geschehen.

So kam es auch. «Wir möchten Rabbiner Martin Riesenburger auf eine angemessene Art und Weise würdigen», betonte auch Stefan Komoß (SPD), Bezirksbürgermeister von Marzahn-Hellersdorf. «Riesenburger war ein Rabbi der besonderen Art», sagte Andreas Nachama, Rabbiner der Synagogengemeinde Sukkat Schalom und Direktor der Stiftung Topographie des Terrors. Nachama, der Riesenburger persönlich kannte, erinnerte an Lebensstationen des Rabbiners.

Biografie 1896 wurde Martin Riesenburger in Berlin geboren. Er studierte Religionsphilosophie und Musik. Seine Frau Clara arbeitete im Jüdischen Altersheim als Friseurin. Zunächst wurde Riesenburger Konzertpianist. «Er war aber auch Religionslehrer und besuchte die Älteren im Altersheim in der Großen Hamburger Straße und im Jüdischen Krankenhaus», berichtete Nachama. Während der NS-Zeit, als sich die älteren Juden nicht mehr auf die Straße trauten, habe Riesenburger Konzerte für sie gegeben und dabei gemerkt, wie wichtig seelsorgerische Begleitung ist. «Er fand so die Erfüllung seines Lebens.»

1939 wurde Riesenburger ordiniert. Eine wichtige Entscheidung war für ihn, in Berlin zu bleiben. Da seine Frau ihren jüdischen Hintergrund verheimlichen konnte und weiter zu ihm stand, musste er zwar Zwangsarbeit leisten, wurde aber nicht deportiert. 1943 wurde er zur Zwangsarbeit auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee eingeteilt. Während dieser Zeit habe er Flüchtlingen geholfen, Gottesdienste gehalten, Begräbnisse organisiert und Torarollen gerettet, so Nachama.

Am 2. Mai 1945 wurde Riesenburger von der Roten Armee befreit. Er hielt den ersten Gottesdienst nach der Schoa in Berlin. 1953 wurde Riesenburger zum Gemeinderabbiner berufen. Später amtierte er in den Berliner Synagogen Oranienburger Straße, Rykestraße und Pestalozzistraße. Nach 1961, als Landesrabbiner der DDR, besuchte er das Jüdische Altersheim in Westberlin, so lange es ging.

Nachama zitierte bei der Feier in Hellersdorf, an der auch Riesenburgers ehemalige Religionsschülerin Eva Nickel teilnahm, Selbstzeugnisse und Predigten des Rabbiners. Anschließend wurde Riesenburgers an seinem Ehrengrab auf dem Friedhof Weißensee gedacht.

Lech Lecha

Im Sinne der Gerechtigkeit

Awraham war der Erste in der Menschheitsgeschichte, der gegen das Böse aufstand

von Rabbiner Salomon Almekias-Siegl  31.10.2025

Talmudisches

Audienz beim König aller Könige

Was unsere Weisen über das Gebet und seine Bedeutung lehren

von Rabbiner Avraham Radbil  31.10.2025

Geschichte

Wer war Kyros der Große?

Manche behaupten, Donald Trump sei wie der persische Herrscher, der den Juden die Rückkehr nach Jerusalem erlaubte. Was hinter dem Vergleich steckt

von Rabbiner Raphael Evers  30.10.2025

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 29.10.2025

Vatikan

Papst bedauert Krise im Dialog mit Juden - verurteilt Antisemitismus

Seit Jahren ist der Dialog des Vatikans mit dem Judentum belastet. Nun hat Leo XIV. versucht, die Dinge klarzustellen - mit einem Bekenntnis zum Dialog und gegen den Antisemitismus

von Ludwig Ring-Eifel  29.10.2025

Schwielowsee

Shlomo Afanasev ist erster orthodoxer Militärrabbiner für Berlin und Brandenburg

Militärrabbiner gibt es bereits in Deutschland. Nun steigt der erste orthodoxe Rabbiner bei der Bundeswehr in Brandenburg ein

 29.10.2025

Rom

Eklat durch NS-Vergleich bei interreligiösem Kongress

Der Dialog zwischen katholischer Kirche und Judentum ist heikel. Wie schwierig das Gespräch sein kann, wurde jetzt bei einem Kongress in Rom schlagartig deutlich. Jüdische Vertreter sprachen von einem Tiefpunkt

von Ludwig Ring-Eifel  27.10.2025

Talmudisches

Das Schicksal der Berurja

Die rätselhafte Geschichte einer Frau zwischen Märtyrertum und Missverständnis

von Yizhak Ahren  24.10.2025

Schöpfung

Glauben Juden an Dinosaurier?

Der Fund der ersten Urzeitskelette stellte auch jüdische Gelehrte vor Fragen. Doch sie fanden Lösungen, das Alter der Knochen mit der Zeitrechnung der Tora zu vereinen

von Rabbiner Dovid Gernetz  23.10.2025