«Scriptural Reasoning»

Judaist: Gemeinsames Lesen in Heiligen Schriften fördert Frieden

In der Papierwerkstatt Friedrichshagen wird eine Bibel »Die ganze Heilige Schrift« aus dem Jahr 1737 repariert. Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Nach Ansicht des US-amerikanischen Judaisten Peter W. Ochs kann das gemeinsame Lesen der jeweiligen heiligen Schriften zur Versöhnung und Frieden zwischen Juden, Christen und Muslimen beitragen. Seine von ihm mitentwickelte Methode des »Scriptural Reasoning«, dem Nachdenken über heilige Schriften, habe das Potenzial, religiöse Konflikte zu entschärfen, sagte der emeritierte Professor der Universität von Virginia in Tübingen in seiner Dankesrede zum Erhalt des diesjährigen Dr. Leopold Lucas-Preises.

Mit der mit 50.000 Euro dotierten Auszeichnung würdigt die Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität Tübingen Ochs Verdienste im Dialog zwischen Judentum, Christentum und Islam. Unter den bisherigen Preisträgern sind der Religionswissenschaftler Schalom Ben-Chorin (1913-1999), der Theologe Karl Rahner (1904-1984), der Philosoph Karl Popper (1902-1994), der israelische Historiker Moshe Zimmermann sowie der Dalai Lama sowie die früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker (1920-2015) und Joachim Gauck.

Glaubensüberzeugungen Oft komme es zu Konflikten, weil religiöse Gruppen davon überzeugt sind, dass sie nicht mit Andersgläubigen wegen widersprechender Glaubensüberzeugungen zusammenleben könnten, sagte Ochs. Wenn diese Gruppen dann zu einem gemeinsamen Studium ihrer Schriften eingeladen würden, nehme bei den meisten die vormals unnachgiebige Haltung ab, zeige sich in der Praxis.

Es komme zu einer Veränderung, die die Unterschiede weiter wahrnehme, aber sie nicht mehr als so konfliktreich ansehe, sagte der Wissenschaftler, der das »Children of Abraham Institute« mit gegründet hat und als Politikberater für das US-amerikanische Außenministerium zu dem Thema Religion und Gewalt aktiv war.

Der Dr. Leopold Lucas-Preis würdigt hervorragende Leistungen auf den Gebieten der Theologie, Geistesgeschichte, Geschichtsforschung und Philosophie. Die Auszeichnung wurde gestiftet vom Sohn des im Konzentrationslager Theresienstadt gestorbenen jüdischen Gelehrten und Rabbiners Leopold Lucas (1872-1943). Die Evangelisch-Theologische Fakultät vergibt den von der Dr. Leopold Lucas-Stiftung finanzierten Preis alljährlich im Namen der Universität Tübingen.

Erneuerungsbewegung Den mit 20.000 Euro dotierten Dr. Leopold Lucas-Preis für Nachwuchswissenschaftler ging in diesem Jahr an Johanna Jebe für ihre Dissertation, in der sie mittelalterliche Handschriften auswertete und das Mönchtum und die karolingische Erneuerungsbewegung im 8. und 9. Jahrhundert untersuchte. epd

Talmudisches

Stillen

Unsere Weisen wussten bereits vor fast 2000 Jahren, was die moderne Medizin heute als optimal erkennt

von David Schapiro  05.09.2025

Interview

»Die Tora ist für alle da«

Rabbiner Ethan Tucker leitet eine Jeschiwa, die sich weder liberal noch orthodox nennen will. Kann so ein Modell auch außerhalb New Yorks funktionieren?

von Sophie Goldblum  05.09.2025

Trauer

Eine Brücke zwischen den Welten

Wenn ein Jude stirbt, gibt es viele hilfreiche Riten. Doch auch für Nichtjuden zeigt die Halacha Wege auf

von Rabbiner Avraham Radbil  05.09.2025

Ki Teze

In Seinem Ebenbild

Was der Tanach über die gesellschaftliche Stellung von Frauen sagt

von Rabbinerin Yael Deusel  04.09.2025

Anti-Judaismus

Friedman: Kirche hat »erste globale Fake News« verbreitet

Der gebürtige Pariser warnte zudem vor weltweiten autokratischen Tendenzen und dem Verlust der Freiheit

 02.09.2025

Schoftim

Recht sprechen

Eine Gesellschaft hat nur dann eine Zukunft, wenn sie sich an ihrer moralischen Gesetzgebung orientiert

von Rabbiner Avraham Radbil  29.08.2025

Talmudisches

Der heimliche Verbrecher

Über Menschen, die nicht aus Wahrheit, sondern aus Selbstdarstellung handeln

von Vyacheslav Dobrovych  29.08.2025

Kiddusch Haschem

»Ich wurde als Jude geboren. Ich werde als Jude sterben«

Yarden Bibas weigerte sich gegenüber den Terroristen, seinen Glauben abzulegen. Wie viele vor ihm lehnte er eine Konversion ab, auch wenn ihn dies beinahe das Leben gekostet hätte

von Rabbiner Dovid Gernetz  28.08.2025

Israel

Rabbiner verhindert Anschlag auf Generalstaatsanwältin

Ein Mann hatte den früheren Oberrabbiner Jitzchak Josef um dessen religiöse Zustimmung zur »Tötung eines Aggressors« ersucht. Die Hintergründe

 26.08.2025 Aktualisiert