Chol Hamoed

Halbe Heiligkeit

Schreiben: nur unter Umständen erlaubt Foto: Thinkstock

Unsere Feste – wie Pessach und Sukkot – nennt man auf Hebräisch »Chagim«. Man kann aber auch »Moadim« sagen, was ebenfalls Feste bedeutet – oder auch »Termine«. Die Einzahl lautet »Mo’ed«.

Der Begriff »Termin« weist schon darauf hin; Pessach und Sukkot sind Feste, deren Dauer durch die Tora vorgegeben ist (etwa im 3. Buch Mose 23). Maimonides, der Rambam (1135–1204), beschreibt die mehrtägigen Feste in Mischne Tora (Hilchot Jom Tow 6,22) etwas genauer und merkt an, dass nicht alle Feiertage gleich sind: »Die Tage zwischen dem ersten und dem siebenten Tag von Pessach und dem ersten und dem achten Tag von Sukkot … sind diejenigen, die ›Chol haMoed‹ genannt werden, und auch sie werden ›Fest‹ genannt«. Weiter sagt Maimonides, man sei an diesen Tagen verpflichtet, sich am Fest zu erfreuen. Unter anderem sei es deshalb verboten, zu fasten.

festwoche
Pessach und Sukkot haben also eine festgelegte Dauer, doch nicht alle Tage der Festwoche sind »volle« Feiertage. In praktischer Hinsicht betrifft dies insbesondere die Vorschriften, wie man sie für die Feste kennt, also auch das Arbeitsverbot im weitesten Sinne. So gibt es Tage, die im Deutschen häufig die Bezeichnung »Halb-« oder »Zwischenfeiertage« erhalten haben. Das sind die Tage, die im Hebräischen mit Chol haMo’ed bezeichnet werden.

»Chol« bedeutet sinngemäß Werktag, und die Bedeutung von Mo’ed haben wir bereits kennengelernt: Daher sprechen wir von den »Werktagen des Festes«. Das klingt ein wenig widersprüchlich, aber es geht hier um Feiertage, die ein wenig vom Alltag durchwirkt sind, oder umgekehrt über Werktage, an denen wir dennoch die Präsenz der Feiertage spüren. Aus welcher Sicht man dies betrachtet, ist vermutlich abhängig von dem Umfeld, in dem man sich bewegt. Man hört häufig, in Israel seien die Tage mehr »Mo’ed« und in der Diaspora mehr »chol«.

Dieses »chol« wirkt sich nicht nur auf die Erleichterungen in Hinblick auf Arbeiten aus, die am Feiertag verboten sind, sondern auch in Hinblick auf die täglichen Gebete. Folgten sie an den »Ganzfeiertagen« noch der Ordnung der Feiertage, so sind es während Chol haMo’ed die Gebete des Wochentags mit Einschüben, die an das Fest erinnern.

zwischenstatus Ursprung dieses Zwischenstatus ist die Beschreibung dieser Tage in der Tora. So argumentiert Maimonides (Hilchot Jom Tow 7,1). Es handelte sich nämlich um die Zeit, in der die Festopfer in den Tempel gebracht wurden. Deshalb sind bestimmte Tätigkeiten an Chol haMo’ed verboten, damit diese Tage nicht all den anderen gleichen, die gar keine Heiligkeit besitzen.

Erlaubt sind an Chol haMo’ed diejenigen Tätigkeiten, die der Vorbereitung von Speisen dienten. Außerdem dürfen Arbeiten verrichtet werden, die medizinischen Zwecken dienen, und ferner jede wenig anstrengende Arbeit, die man nicht verzögern kann – und deren Unterlassung zu einem Schaden oder Verlust führen würde. Rabbiner Schlomo Ganzfried (1804–1886) nennt das in seinem Kizzur Schulchan Aruch (104, 1–2) Arbeiten »an einer Sache, die sonst zu Grunde gehen würde« oder dass »man Schaden hätte, wenn man es nicht täte«.

wäschewaschen
Das Wäschewaschen zum Beispiel kann warten, bis Chol haMo’ed vorüber ist. Denn groß war die Furcht der Weisen, dass der »Chol-Charakter« der Tage überwiegt. Sie legten Wert darauf, dass man die Regeln für diese Tage beachtet – und bestehende Verbote nicht übertritt.

Dieses Ziel soll durch die Beschränkungen der erlaubten Tätigkeiten erreicht werden – und durch die »Heiligung« dieser Tage. Die Mischna Berura (von Rabbiner Jisrael Meir Kagan, 1838–1933) sagt, man solle seine Mahlzeiten an den Halbfeiertagen mit Brot essen und Feiertagskleidung tragen (Mischna Berura, Orach Chajim 530,1) – also darauf achten, dass der festliche Charakter dieser Tage erhalten bleibt. In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern Mo’adim leSimcha – fröhliche Feiertage!

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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