Seelsorge

»Gute Rabbiner braucht das Land«

Rabbiner Zsolt Balla Foto: privat

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»Gute Rabbiner braucht das Land«

Zsolt Balla über zehn Jahre Rabbinerseminar zu Berlin und die jüdische Zukunft in Deutschland

von Ayala Goldmann  14.03.2019 14:40 Uhr

Herr Rabbiner Balla, das Rabbinerseminar zu Berlin feiert in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Sie waren einer der ersten Absolventen und wurden 2009 ordiniert. Wie hat sich das Seminar entwickelt?
Ich sehe die Einrichtung nicht nur als Fortsetzung des von Esriel Hildesheimer gegründeten Rabbinerseminars, das 1938 schließen musste, sondern auch als Anknüpfung an die Arbeit der Yeshivas Beis Zion in Berlin. Die Entwicklung in den letzten 16 Jahren hat dazu geführt, dass das religiöse Judentum in Deutschland auch weltweit wieder auf der Landkarte verortet ist.

Finden die Absolventen des Rabbinerseminars denn auch Jobs?
Ich persönlich sehe die Verbindung zwischen einem Rabbiner und einer Gemeinde als Schidduch. Viele kleinere Gemeinden haben nach wie vor keinen eigenen Rabbiner. Gute Rabbiner braucht das Land! Rabbiner müssen aber nicht unbedingt in Gemeinden arbeiten, sie können auch Erzieher, Lehrer oder Organisatoren jüdischer Bildungseinrichtungen sein. Diese Entwicklung sehe ich in der ganzen Welt.

Sie sind heute Landesrabbiner in Sachsen. Was sind aus Ihrer Erfahrung die größten Herausforderungen für einen jungen Rabbiner in seiner ersten Gemeinde?
Das ist von Mensch zu Mensch verschieden. Aber es ist vor allem wichtig, die Bedürfnisse der Gemeinde mit viel Empathie und Sensibilität zu verstehen und dieses Verständnis mit Liebe umzusetzen. Vor allem muss man ein Gefühl dafür bekommen, was die Gemeinde wirklich braucht – damit es auch in 50 Jahren noch ein blühendes jüdisches Leben geben wird.

Sind Sie da optimistisch?
Wir wissen das nicht, aber wir können aus unseren Erfahrungen lernen, unter welchen Bedingungen eine Gemeinde überlebt.

Immer mehr Menschen sind auch angesichts der Entwicklungen in Frankreich der Meinung, in Europa gebe es keine jüdische Zukunft. Was sagen Sie?
Diese Stimmen gab es schon vor 25 oder 30 Jahren. Aber dann kamen die Juden aus der früheren Sowjetunion. Es geht auch nicht nur um Zahlen. Es kommt darauf an, wie die Gemeinden aufgestellt sind. Eine jüdische Gemeinde mit 7000 Mitgliedern, von denen die meisten nicht religiös sind und es keine guten Verbindungen untereinander gibt, kann niemals eine Infrastruktur entwickeln wie eine kleine Gemeinde mit 500 Mitgliedern, die tägliche Gottesdienste, koscheres Essen und eine jüdische Erziehung bietet.

Ist es manchmal schwierig, die Bedürfnisse aller Gemeindemitglieder unter einen Hut zu bekommen – vor allem, wenn manche Mitglieder sehr religiös sind und andere wiederum ausgesprochen wenig Vorbildung haben?
Der Spagat ist viel kleiner, als man denkt. Es ist alles eine Frage der Empathie.

Mit dem Landesrabbiner von Sachsen sprach Ayala Goldmann.

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