Planung

Es lebe der Pessach-Putz!

Einige übertreiben und kombinieren den Pessach-Putz mit dem Frühjahrsputz. Foto: Getty Images/iStockphoto

Es ist Frühling, und die Lust der Frauen richtet sich auf … das Pessach-Putzen. Ja, es ist die Zeit des Jahres, in der jüdische Frauen auf der ganzen Welt in dem verzweifelten Bemühen vereint sind, ihre Häuser von Chametz, dem Gesäuerten, zu befreien.

Einige von uns übertreiben und kombinieren es mit dem Frühjahrsputz, aber wie auch immer man es macht oder nennt, eines ist sicher: Es ist eine enorme Menge Arbeit. Und doch … liebe ich es! Sogar mehr als das. All dieses Putzen, Schrubben und Kratzen geschieht mit Absicht, ist mit Bedeutung gefüllt. Das Chametz steht nicht nur für den »Ballast« in unserem Leben, der uns von unserem eigentlichen Selbst und dem, was wir sein wollen, ablenkt, sondern das Endziel ist der Seder.

PURIM Viele von uns fangen gleich nach Purim mit dem Pessach-Putz an. Denn wenn die Arbeit in überschaubare Teile »zerlegt« wird, kann man diese Zeit des Jahres und die damit verbundenen Vorbereitungen genauso genießen wie jede andere Zeit des Jahres. Ich halte nichts davon, zu weit im Voraus mit dem Putzen anzufangen, denn wer will schon über viele Wochen lang alles in einem Pessach-fertigen Zustand haben?

Ich finde, dass man jeden Feiertag am besten genießen kann, wenn man sich auf diesen Feiertag konzentriert. Ich konzen­triere mich auf Purim, wenn Purim ist, und denke erst dann an Pessach, wenn es vorbei ist und alle Purim-Kostüme, Masken, Ratschen und all die anderen Sachen aufgeräumt und verstaut sind.

Wie gesagt, ich versuche, den Pessach-Putz nicht in die Länge zu ziehen, aber ich mag auch nicht den Druck, kurz vor Pessach zu viel zu tun zu haben. Daher setze ich mich gleich nach Purim hin und erstelle einen Zeitplan. Geputzt wird an den Wochentagen und am Sonntag, hauptsächlich nachmittags. Außer am Donnerstag – da nutze ich die Zeit, um den Schabbat vorzubereiten und zu kochen.

Man glaubt nicht, was sich alles in den Schubladen sammelt.

In der ersten Woche nach Purim habe ich meine Planung gemacht. Die Kleidung habe ich auf dem Balkon gelüftet und die Taschen von eventuellem Chametz gesäubert. Ich habe eine Liste erstellt mit den Menüs für alle acht Pessachtage und vor allem für die Sederabende.

In der zweiten Woche nach Purim habe ich angefangen, Schlafzimmer, Wäscheschränke und das Bad zu putzen. Wobei natürlich jede Schublade aus- und wieder eingeräumt wird. Man glaubt nicht, was sich alles in den Schubladen sammelt, wenn man sie nicht regelmäßig ausmistet. Es lebe der Pessach-Putz!

KOSCHERLADEN Den einen Tag hatte ich einen Termin für meine vierte Corona-Schutzimpfung, also habe ich diesen Tag als freien Tag geplant. Dann ging es weiter mit dem Kauf von neuen Matratzen. Das hätten wir ohnehin mit oder auch ohne Pessach-Planung gemacht. Zwischenzeitlich gab es beim Koscherladen bereits einige Produkte für Pessach – »solange der Vorrat reicht«. Da habe ich schnell zugegriffen: Drei Kisten Traubensaft, Fleisch und Mazzen sowie Mazzemehl habe ich bereits »gesichert«.

Dann, zehn Tage vor Pessach, ist es an der Zeit, einige Lebensmittel zu kaufen, die ich noch nicht habe. Im Gegensatz zu den meisten Menschen, die zu dieser Zeit bereits vor Anspannung »triefen«, bin ich entspannt und fröhlich, denn ich habe ja meinem Zeitplan ganz wunderbar einhalten können. Jetzt ist der Keller dran, den mache ich zumeist in der dritten Woche nach Purim, also gleich am nächsten Sonntag.

WÄSCHE Jetzt sind wir bereits bei der vierten Woche nach Purim und einer Woche vor Pessach angelangt. Es gilt, sich das Wohnzimmer vorzunehmen. Ich möchte einige Tage vor Pessach mit dem Putzen fertig sein, damit ich genug Zeit habe, ohne Druck zu kochen, Wäsche zu waschen und so weiter.

Zu diesem Zeitpunkt ist die Wohnung komplett fertig. Fehlt nur noch die Küche. Diese wird nicht nur sprichwörtlich umgekrempelt. Wenn ich mit dem Einkaufen, Putzen, Koschermachen und Reinigen der Herde, der Spülen und der Arbeitsflächen weitgehend fertig bin, wird die Küche offiziell für Pessach »übergeben«. Jegliches Chametz ist nunmehr »tabu«. Das Pessach-Geschirr, welches das Jahr über im Keller schlummert, wird hochgebracht und gespült.

Bei uns ist es üblich, bis zur letzten Minute Chametz zu essen.

Nun erledige ich noch meine Einkäufe im regulären Supermarkt: Obst, Gemüse, »gefühlt« an die 300 Eier und vieles mehr. Und ich fange mit dem Kochen an. Schön, dass in diesem Jahr der erste Sederabend und der erste Tag von Pessach auf einen Schabbat fallen, so brauche ich nicht auch noch extra für Schabbat kochen und dann auch noch für den ersten Seder.

EINWEGGESCHIRR Bei uns ist es üblich, bis zur letzten Minute Chametz zu essen. Das wird aber auf einem Tablett auf der überdachten Terrasse auf Einweggeschirr (möglichst umweltfreundlich) verzehrt. Zum Mittagessen gibt es traditionellerweise Latkes, in Erwartung des üppigen Seder-Menüs am Abend. Danach werden wir noch den Sederteller vorbereiten.

Es gibt nichts Schöneres, als sich am Sederabend hinzusetzen (vor allem, weil wir uns zurücklehnen müssen), umgeben von einem sauberen Haus, einem reinen Herzen, der Familie und Freunden, und sich darauf zu freuen, die Erfahrung des Auszugs aus Ägypten zu teilen. An keinem anderen Feiertag gibt es einen so offensichtlichen Zusammenhang zwischen Aufwand und Erfahrung, zwischen Vorbereitung und Gelegenheit. Und zu keiner anderen Zeit steht der Jom Tow so sehr im Zeichen der Familie und des Zuhauses.

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Rosch Haschana

Jüdisches Neujahrsfest: Bischöfe rufen zu Verständigung auf

Stäblein und Koch betonten in ihrer Grußbotschaft, gerade jetzt dürfe sich niemand »wegducken angesichts von Hass und Antisemitismus«

 16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  17.09.2025 Aktualisiert

Ki Tawo

Echte Dankbarkeit

Das biblische Opfer der ersten Früchte hat auch für die Gegenwart eine Bedeutung

von David Schapiro  12.09.2025

Talmudisches

Schabbat in der Wüste

Was zu tun ist, wenn jemand nicht weiß, wann der wöchentliche Ruhetag ist

von Yizhak Ahren  12.09.2025

Feiertage

»Zedaka heißt Gerechtigkeit«

Rabbiner Raphael Evers über Spenden und warum die Abgabe des Zehnten heute noch relevant ist

von Mascha Malburg  12.09.2025

Chassidismus

Segen der Einfachheit

Im 18. Jahrhundert lebte in einem Dorf östlich der Karpaten ein Rabbiner. Ohne je ein Werk zu veröffentlichen, ebnete der Baal Schem Tow den Weg für eine neue jüdische Strömung

von Vyacheslav Dobrovych  12.09.2025

Talmudisches

Stillen

Unsere Weisen wussten bereits vor fast 2000 Jahren, was die moderne Medizin heute als optimal erkennt

von David Schapiro  05.09.2025

Interview

»Die Tora ist für alle da«

Rabbiner Ethan Tucker leitet eine Jeschiwa, die sich weder liberal noch orthodox nennen will. Kann so ein Modell auch außerhalb New Yorks funktionieren?

von Sophie Goldblum  05.09.2025