Judenhass

Entscheidung über Wittenberger »Judensau« weiter offen

Die umgangssprachlich als »Judensau« bezeichnete Schmähplastik ist seit mehr als 700 Jahren an der Stadtkirche in Wittenberg angebracht. Foto: picture alliance/dpa

Die Zukunft der judenfeindlichen Schmähplastik aus dem 13. Jahrhundert an der evangelischen Stadtkirche zu Wittenberg ist weiter offen. Wann eine Entscheidung über den künftigen Umgangmit dem Sandsteinrelief fallen könne, stehe noch nicht fest, sagte der Vorsitzende des Gemeindekirchenrats, Jörg Bielig, am Wochenende in Wittenberg.

Zunächst müsse ein schlüssiges Konzept vorliegen. Erst danach könne über eine mögliche Entfernung entschieden werden. »Eine Ortsänderung ist für uns nicht ausgeschlossen und war für uns auch nie ausgeschlossen«, sagte Bielig: »Das wäre kein Tabu.«

Das auch als »Judensau« bekannte Fassadenrelief in vier Metern Höhe zeigt unter anderem ein Schwein, an dessen Zitzen Menschen saugen, die Juden darstellen sollen. Eine 1988 vor der Kirche eingelassene Bodenplatte und eine Stele mit Erläuterungen stellen die Plastik in einen distanzierenden Kontext. Der Bundesgerichtshof hatte deshalb Mitte Juni entschieden, dass das Relief trotz des antijüdischen Inhalts an seinem historischen Ort verbleiben kann. Der Gemeindekirchenrat hatte am Freitag eine deutlichere Distanzierung und eine Weiterentwicklung der Stätte der Mahnung angekündigt.

Ob der zur Beratung eingesetzte Beirat in seiner Sitzung am 25. Juli bereits Empfehlungen zum künftigen Umgang mit der Wittenberger Schmähplastik vorlege, sei noch offen, sagte Bielig. Auch weitere Beratungen seien denkbar. Zudem müsse der Denkmalschutz berücksichtigt werden. »Wir sind ein Weltkulturerbe, und es gibt ein Landesdenkmalgesetz«, sagte Bielig: »Das kommt alles noch dazu.«

Zur möglichen Zukunft der Schmähplastik kursierten bereits ganz unterschiedliche Ideen, sagte Bielig. Darunter seien Vorschläge, das Relief abzunehmen oder umzudrehen, es zu verhängen oder mit einer Milchglasscheibe zu verdecken. »Da gibt es viele, viele Möglichkeiten«, sagte der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates: »Ein Weg wäre auch, dass alles bleibt, wo es ist.« Auch ein künstlerischer Wettbewerb sei denkbar, sagte Bielig: »Es ist ein offener Diskussionsprozess.«

Es sei wichtig, mit dem Thema sachlich und ruhig umzugehen, sagte Bielig: »Das ist der einzige Weg.« Die Gemeinde wolle »keinen Schnellschuss«. Zusätzliches Informationsmaterial sei bereits beschlossen. Im Beirat seien Experten von evangelischer und jüdischer Seite vertreten, sagte der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates: »Wir glauben, dass wir eine gute Empfehlung bekommen werden, um die Stätte der Mahnung weiterzuentwickeln.«

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 02.11.2025

Lech Lecha

Im Sinne der Gerechtigkeit

Awraham war der Erste in der Menschheitsgeschichte, der gegen das Böse aufstand

von Rabbiner Salomon Almekias-Siegl  31.10.2025

Talmudisches

Audienz beim König aller Könige

Was unsere Weisen über das Gebet und seine Bedeutung lehren

von Rabbiner Avraham Radbil  31.10.2025

Geschichte

Wer war Kyros der Große?

Manche behaupten, Donald Trump sei wie der persische Herrscher, der den Juden die Rückkehr nach Jerusalem erlaubte. Was hinter dem Vergleich steckt

von Rabbiner Raphael Evers  30.10.2025

Interview

»Süßes gibt’s auch in der Synagoge«

Jugendrabbiner Samuel Kantorovych über Halloween, dunkle Mächte und Hexen im Talmud

von Mascha Malburg  30.10.2025

Vatikan

Papst bedauert Krise im Dialog mit Juden - verurteilt Antisemitismus

Seit Jahren ist der Dialog des Vatikans mit dem Judentum belastet. Nun hat Leo XIV. versucht, die Dinge klarzustellen - mit einem Bekenntnis zum Dialog und gegen den Antisemitismus

von Ludwig Ring-Eifel  29.10.2025

Schwielowsee

Shlomo Afanasev ist erster orthodoxer Militärrabbiner für Berlin und Brandenburg

Militärrabbiner gibt es bereits in Deutschland. Nun steigt der erste orthodoxe Rabbiner bei der Bundeswehr in Brandenburg ein

 29.10.2025

Rom

Eklat durch NS-Vergleich bei interreligiösem Kongress

Der Dialog zwischen katholischer Kirche und Judentum ist heikel. Wie schwierig das Gespräch sein kann, wurde jetzt bei einem Kongress in Rom schlagartig deutlich. Jüdische Vertreter sprachen von einem Tiefpunkt

von Ludwig Ring-Eifel  27.10.2025

Talmudisches

Das Schicksal der Berurja

Die rätselhafte Geschichte einer Frau zwischen Märtyrertum und Missverständnis

von Yizhak Ahren  24.10.2025